Manfred Rein †

* 19.12.1948, † 22.04.2016

Teilkrankenstand: Wortklauberei auf Kosten der Patienten

März 2016

Es ist eine Unart der österreichischen Politik, dass manche Lösungen auf die viel zu lange Bank geschoben werden und an irgendwelchen Details zu scheitern drohen – oft nur an der Wortwahl. Bestes Beispiel dafür ist die aktuell wieder aufgeflammte Debatte zur Teilarbeitsfähigkeit, ganz egal, ob dieses Modell nun „Teilzeitkrankenstand“ oder „betriebliches Eingliederungsmanagement“ heißen soll.

Zumindest in Vorarlberg steht außer Streit, dass ein solches Modell, unabhängig von der Namensgebung, für die Betroffenen den großen Vorteil eines sanften Wiedereinstiegs in die Arbeitswelt brächte. Sogar die Arbeiterkammer Vorarlberg und der hiesige ÖGB haben erkannt, dass das alte Schema – einhundert Prozent krank oder einhundert Prozent gesund mit voller Arbeitsleistung – nicht mehr funktionieren kann. Diese Alles-oder-nichts-Regelung ist für ernsthaft Erkrankte eine zu hohe Hürde für den Wiedereinstieg ins Berufsleben und macht beispielsweise eine schrittweise Rückkehr in den Arbeitsprozess im Rahmen einer Krebstherapie unmöglich. Wesentlich besser wäre es, würde ein Patient, je nach der Schwere seiner Erkrankung, zu 100, 75, 50 oder zu 25 Prozent krankgeschrieben werden können. In diesem Ausmaß sollte dann auch die Arbeitszeit reduziert oder langsam wieder aufgebaut werden. Steigt etwa ein Burn-out-Betroffener zu früh wieder voll in den Job ein, droht ein schneller Rückfall – auf Kosten des Arbeitnehmers, des Betriebs und der Sozialversicherungssysteme. Daher fordert die Wirtschaftskammer Vorarlberg schon sehr lange die Einführung eines Teilzeit-Modells.

In Schweden gibt es das, aber auch in der Schweiz und in Liechtenstein. Wegen der hohen Anzahl von Grenzgängern haben Vorarlbergs Fachärzte auch Erfahrung mit betroffenen Patienten – und wissen daher um die großen Vorteile. Die Forderung nach Einführung eines solchen Modells kommt daher auch immer stärker aus der Ärzteschaft. Insbesondere der Ehrenpräsident der Vorarlberger Krebshilfe, Professor Gebhard Mathis, kämpft seit Jahren für einen Teilkrankenstand, gerade zum Wohle der Krebspatienten.

Nun ist der Haken an der Sache, dass Politik und Sozialpartner zwei Namen für ein Modell haben und auch einige (kleine) Details noch strittig sind. Und nur daran scheitert die Umsetzung! Vor allem der ÖGB will ein solches Modell nur für sehr lange Krankenstände zulassen, und er will partout nur von einem betrieblichen Eingliederungsmanagement sprechen. Von Eigenverantwortung der Betroffenen unter Einbindung der Ärzte halten diese Herrschaften offenbar nichts! Wobei das, zynisch formuliert, ja eh schon eine Verbesserung ist: AK und ÖGB haben sich zwei Jahrzehnte lang geweigert, über diese Problematik überhaupt zu diskutierten. Erst seit dem tragischen Krebstod von Nationalratspräsidenten Barbara Prammer, der ein solches Modell ein Anliegen war, ist wieder Bewegung in die Sache gekommen. Und nun droht das Ganze an einigen wenigen Details und an der Wortwahl zu scheitern. Ein Armutszeugnis! Der Name des Modells ist unerheblich und die Details lassen sich sicher regeln. Hauptsache, es wird so schnell wie möglich umgesetzt! Jetzt!

 

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