Verlängerte Fastenzeit

Österreich ist ein Bürokratiedschungel, in dem nicht gerodet, sondern angepflanzt wird. Dabei ist das erträgliche Maß an regulatorischen Vorschriften für die Menschen und für die Unternehmen in diesem Land schon längst überschritten. Es kann auch anders gehen: Wenigstens im Land Vorarlberg haben die Verantwortlichen erkannt, dass eine Bürokratiebremse und ein Gesetzesvollzug mit Hausverstand für alle Beteiligten ein Gebot der Stunde sind. Denn die Komplexität der rechtlichen Vorgaben belastet nicht nur die Bürger, sondern bringt auch die vollziehenden Behörden an ihre Leistungsgrenzen. Dank dieser Erkenntnis werden in Vorarlberg nun erstmals konkrete Schritte zum Bürokratieabbau eingeleitet, etwa im Baugesetz oder in der Bautechnikverordnung.

Bürokratieabbau und Deregulierung sind jedoch keine Projekte, sondern Prozesse, die permanent begleitet werden müssen. Es ist daher erfreulich, dass beim Land eine hochrangige Deregulierungskommission eingerichtet wurde, die sich laufend um Verbesserungen bemüht. Wieder einmal hat sich die Überschaubarkeit des Landes als hilfreich erwiesen: Die handelnden Personen kennen einander und können auf Augenhöhe gemeinsame Lösungen erarbeiten. Auch erfreulich ist die Tatsache, dass die Landesverwaltung für Anregungen stets ein offenes Ohr hat. Apropos: Ein solch offenes Ohr für die Anliegen der Österreicher sollten endlich auch die Verantwortlichen im Bund haben. Denn die Zuständigen in Wien sind lediglich im Erfinden neuer Belastungen initiativ und kreativ, nicht aber im Schaffen der so dringend benötigten Entlastungen. Man könnte in Anlehnung an die soeben zu Ende gegangene vorösterliche Fastenzeit die Forderung erheben, dass es zu einem verlängerten Fasten bei der Erfindung neuer gesetzlicher Regelungen kommen soll. Setzen wir das Bürokratiemonster auf Diät!

Die Grundregeln für einen Diätplan für die Bürokratie wären ganz einfach: Für jedes neue Gesetz werden zwei alte abgeschafft, jedes neue Gesetz wird von vornherein mit einem Ablaufdatum versehen und neue bürokratische Lasten werden auf keinen Fall auf Bürger und Unternehmen abgewälzt. Der Bürokratiedschungel würde damit zwar nicht von morgen an gerodet, aber die eine oder andere Lichtung könnte entstehen – und das wäre bitter nötig!