Patrick Labourdette

* 1984 in Feldkirch, Studium der Geschichte und Anglistik in Konstanz und Freiburg im Breisgau, postgraduales Studium zum Wissenschaftlichen Dokumentar/Information Specialist in Potsdam, vier Jahre als Mediendokumentar im Fernseh- und Radioarchiv des Bayerischen Rundfunks München, seit 2019 Fachreferent in der Vorarlberger Landesbibliothek.

wie man recherchiert

Juni 2021

Stellen sie sich vor, das Internet wäre eine Pyramide. Sie hätte zahllose Gänge und viele verborgene Kammern, die es zu erkunden gilt. Die Archäologie bedient sich zur Erforschung der Pyramiden verschiedener Strategien und Hilfsmittel. Dasselbe gilt auch für eine Recherche im Internet. Sie werden unbewusst zu „Informationsarchäologinnen/Informationsarchäologen“, nutzen eine Suchmaschine, um zahllose Gänge des World Wide Web nach Informationen zu durchsuchen. Es ist zwar deutlich bequemer das Internet zu erforschen, als in den Gängen einer Pyramide umherzuirren, doch man kann sich auch im Internet leicht verlaufen. Während die Archäologie beharrlich nach weiteren Kammern fahndet, geben sich digitale Suchende meist schon mit wenigen Suchtreffern zufrieden.
Eine Suchmaschine ist wie eine riesige Bibliothek. Sie sammelt beharrlich Webseiten im World Wide Web und vergibt Stichworte für diese Informationen, damit sie schnell recherchiert werden können. Algorithmen entscheiden darüber, welche Webseiten gefunden werden und welche nicht in der Suche auftauchen. Genau wie in einer Bibliothek erfordert auch das Suchen mit einer Suchmaschine Orientierung. In der Bibliothek wird im Regal nach dem gewünschten Buch gesucht, daneben finden sich thematisch ähnliche Titel. Die Suchmaschine macht mit Websites nichts anderes, als diese thematisch in eine Art „virtuelles Regal“ einzuordnen und zueinander in Bezug zu setzen. 
Wer glaubt, im World Wide Web alles Wissen dieser Welt finden zu können, kommt schnell an Grenzen. So findet man mit einer Suchmaschine zwar die Homepage der Bibliothek, aber nicht, was sie an verschiedenen Büchern, Zeitschriften und weiteren Medien zu bieten hat. Ob E-Books oder die digitale Ausgabe einer Zeitung oder Zeitschrift – all das findet man im Internet allenfalls in Auszügen. Die Bibliothek bietet den vollen Zugriff auf viele dieser elektronischen Informationen bei niedrigem Jahresbeitrag. Die Alternative ist der gezielte Kauf eines E-Books oder das digitale Abonnement einer Zeitung.
Für wissenschaftliche Informationen wird die Recherche im Internet komplizierter. Eine einfache Recherche in der Suchmaschine erzeugt Millionen Such­treffer, jedoch finden sich unter den ersten Treffern meist Quellen wie etwa Wikipedia. Dieses Ergebnis ist für den Einstieg in ein Thema hilfreich, aber für eine seriöse Recherche nicht ausreichend. Um die Suche zu vertiefen, bieten sich mehrere Möglichkeiten: Entweder sie besuchen die Online-Kataloge der Bibliothek und profitieren von einer Vielzahl an digitalen und analogen Medien. Oder sie nutzen die Angebote von Suchmaschinen, welche eine erweiterte Suche, spezielle wissenschaftliche Suchfunktionen (zum Beispiel Google Scholar) oder zumindest eine teilweise Recherche in E-Books ermöglichen (zum Beispiel Google Books). 
Die Wahl der richtigen Suchmaschine kann zielführend sein. Es gibt neben Google eine Vielzahl an spezialisierten Suchmaschinen, wie etwa Wolfram Alpha, wo gezielt nach Fakten gesucht werden kann. Außerdem gibt es wissenschaftliche Suchmaschinen wie etwa BASE Search, wo tausende wissenschaftliche Fachartikel zu finden sind. Auch Bibliotheken haben thematische Fachdatenbanken im Angebot, die oftmals schneller und präziser zum gewünschten Rechercheergebnis führen. Genauso wichtig wie der passende Ort der Recherche ist jedoch eine durchdachte Suchstrategie.
Ziel der Recherche sollte es immer sein, möglichst wenige Suchtreffer zu erreichen, dafür aber möglichst viele relevante Informationen zu finden. Eine gute Recherche bedeutet deshalb gute Vorbereitung. Es ist hilfreich, im Vorfeld zu wissen, was man wirklich wissen und finden will. Recherchieren sie mit wohlüberlegten Begriffen, nicht mit ausformulierten Fragen. Dadurch vermeiden sie es, in einer vom Suchmaschinen-Algorithmus vorgegebenen Filterblase zu hängen und behalten die Kontrolle über ihre Suche. Recherche erfordert Zeit, vergleichende Lektüre und einen kritischen Geist. 
Kein Mensch kann die Millionen von Suchtreffern überblicken, die uns die Suchmaschine bei jeder Suche liefert. Die Recherche sollte deshalb immer eingegrenzt werden. Dazu bieten sich zahlreiche Filtermöglichkeiten. Bei einer erweiterten Suche können mehrere Suchbegriffe verknüpft werden, während andere Begriffe gänzlich ausgeschlossen werden. Die Recherche kann geographisch eingegrenzt und anstößige Inhalte können von vornherein geblockt werden. Wissenschaftliche Aufsätze werden im Internet meist im PDF-Format veröffentlicht und können bei der Suche gezielt ausgewählt werden. Eine Suchanfrage umfasst dadurch überwiegend seriöse und wissenschaftliche Informationsquellen. Das Filtern der Recherche führt überall dort zum Erfolg, wo sie mithilfe digitaler Werkzeuge suchen können – das gilt für die Internetsuche genauso wie für die Bibliothek ihres Vertrauens.
Egal, ob Bibliothek, Google oder Spezialsuchmaschine, gemeinsam ist allen, dass sie die Kammern einer „Informationspyramide“ im Internet sind. Verbunden sind deren „Wissenskammern“ durch die verschlungenen Pfade der Recherche. Als Suchende oder Suchender sollten sie sich nicht mit einer Kammer begnügen. Begehen sie auch unbequeme Pfade, erlernen und erproben sie die Werkzeuge der Recherche und erkunden sie möglichst viele Kammern der Pyramide. Wenn sie schließlich das Ergebnis ihrer Recherche in Händen halten, werden sie merken, dass es sich lohnt, verschiedene Zugänge zu Informationen zu nutzen.

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