Gudrun Petz-Bechter

WKV-Direktor-Stellvertreterin

Gelingende Bildung

Juli 2024

Ideen und Visionen

Rechtzeitig zu Beginn der Sommerferien erscheint diese Jubiläumsausgabe. Die meisten Schüler und Schülerinnen freuen sich auf neun Wochen ohne Lernen, ohne Schule, ohne Lehrer und Lehrerinnen und ohne Prüfungen. Zum Leidwesen vieler Eltern, denen es oft schwer fällt, diese lange Zeit zu überbrücken und die gleichzeitig befürchten, dass das Erlernte in diesem Zeitraum wieder vergessen wird.

Keine Zeit zu verlieren
Für uns als Wirtschaftskammer Vorarlberg ist Bildung einer unserer Kernaufträge, nicht nur, aber vor allem, weil wir uns der gesellschaftspolitischen, aber auch arbeitsmarktpolitischen Tragweite einer „guten Bildung“ bewusst sind. Und so fragen wir uns immer wieder und nicht nur pünktlich zu Ferienbeginn: Was ist gute Bildung? Welche Haltung haben wir zur Bildung? Was wollen wir bildungspolitisch erreichen? Einig sind wir uns in einem Punkt: Es muss sich vieles ändern. Was aber nun genau? Bildungspolitische Diskussionen werden oft und vor allem vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte geführt und beginnen meist mit der Klärung von Grundsatzpositionen. Ich denke da an Themen wie die Gemeinsame Schule, Abschaffung der Ziffernnoten, Beibehaltung Frontalunterricht etc. Zu diesen Themen müssen wir selbstverständlich mittelfristig klare Antworten finden und auch in die Umsetzung kommen. Die Diskussionen selbst nehmen enorme Zeiträume in Anspruch, in denen nur sehr wenig weitergeht. Die Tatsache, dass sich die politischen Mehrheitsverhältnisse durch die bevorstehenden Wahlen ändern könnten und sich die Bildungspolitik generell nur bedingt für große parteipolitische Ansagen der regierenden Fraktionen eignet, trägt zudem nicht zur Beschleunigung dieser Prozesse bei. Man muss sich das vorstellen: In der Zeit zwischen den Wahlen absolvieren die Kinder zum Beispiel vier Jahre Volksschule, Mittelschule oder gar eine Lehre. Es liegt daher auf der Hand: Wir können nicht warten, bis der große Wurf in der Bildungslandschaft fällt. Während also die „großen“ Diskussionen auf anderen Ebenen geführt werden, wollen wir unserem Selbstverständnis als Bildungspromotor entsprechend aktiv werden. Denn Abwarten entspräche nicht unserem Selbstverständnis.
Was ist denn nun aber unser Selbstverständnis in dieser Thematik? Als Vertreterin der Wirtschaft möchten wir unsere Einstellung zur Bildung als eine unternehmerische definieren. Wir verstehen uns als aktive Ermöglicherin, Ideengeberin und Unterstützerin. Unser realistischer Blick ermöglicht uns, einzuschätzen, welche Aktivitäten umgesetzt werden können. Gleichzeitig geht es um Visionen, denn wenn es um die großen Zukunftsthemen geht, darf man nicht klein denken. Kurzum: Wir wollen Orte ermöglichen, an denen Kinder und Jugendliche neugierig sein dürfen, wo sie lernen zu hinterfragen, wo sie transparent kommunizieren, wo sie kompromissfähig und auch lösungsorientiert sind. Wir wollen, dass sie ihren Platz in der Gesellschaft und in der Wirtschaft finden. Dies kann aber nur gelingen, wenn sie eine gewisse Wahlfreiheit in Bezug auf ihren beruflichen Werdegang haben. Grundlage dieser Wahlfreiheit ist selbstverständlich die Gewährleistung einer guten (Grund-)Bildung, auf der jeder weitere Weg aufbaut. 

Was es braucht 
Selbstverständlich geht es über weite Strecken aber auch darum, von der öffentlichen Hand ihren Teil der Verantwortung für das Bildungssystem einzufordern. Unser Part als Wirtschaftskammer ist darüber hinaus jener, dort zu initiieren und zu unterstützen, wo die öffentliche Hand nicht hinreicht. Wir möchten in Kenntnis aller kritischen Entwicklungen und Fakten positive Beispiele hervorheben! Denn unser unternehmerisches Ziel ist es, Bildung, Leistung und Spaß zu verknüpfen. Denn was im Sport oft gelingt, müsste doch auch in der Schule möglich sein. Den Einwand, mit Visionen würde man die Welt nicht verändern, möchte ich nicht gelten lassen, denn das wäre kein unternehmerischer Zugang.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einen großen Vordenker bemühen: Aristoteles hat schon vor Jahrhunderten definiert, was ein gelingendes Leben ausmacht. Wenn man sich nun – zum Beispiel mit Hilfe von Google – fragt, was gelingende Bildung sein könnte, erhält man unter anderem folgende Definition: Insgesamt ist gelingende Bildung ein Zusammenspiel von Partnerschaft, individueller Förderung und Persönlichkeitsentwicklung. Und genau darum geht es: Bildung kann nur in einem fruchtbaren Umfeld gelingen und wirken. Es braucht eine gute und konsequente Abstimmung in der Konstellation Eltern – Schüler – Lehrer. Es braucht eine freundliche Atmosphäre, in der gefördert und gefordert wird. Den Pädagogen muss bewusst sein, welch entscheidende Rolle ihnen zukommt. Dementsprechend braucht es hoch motivierte, gut ausgebildete und vor allem empathische Menschen. Es braucht aber auch vor allem im Zeitalter der Digitalisierung ein Umfeld, in dem Lernen überhaupt möglich ist. In diesem Zusammenhang braucht es aber auch Überlegungen über den zeitlichen Umfang, den Unterricht inklusive Übung und Festigung des Erlernten überhaupt benötigt. Es braucht auch ein Bewusstsein dafür, dass die viel zitierte Sprachkompetenz nur durch konsequent gute Kommunikation (in jeder Situation und in jedem Fach!) erworben werden kann. Es braucht auch Überlegungen, wie die „skills der Zukunft“, sprich Reflexionsfähigkeit, Diskussionsfähigkeit, Präsentationsfähigkeit, Sozialkompetenzen etc. am besten erworben werden können. Und zu guter Letzt wird es auch Überlegungen brauchen, wie ein gutes Miteinander funktionieren kann und Werte (zum Beispiel Pünktlichkeit) gelebt werden könne. Es wird dabei definitiv nicht ausreichen, nur Inhalte und Strukturen zu verändern. Entscheidend werden die Menschen sein, die den Wandel mitgestalten. 
Die Wirtschaftskammer möchte solche Erfolgsorte unterstützen und ermöglichen. Mithilfe des soeben ins Leben gerufenen Bildungsmonitorings kann auch – ganz unserer unternehmerischen Haltung entsprechend – analysiert werden, was diese Standorte ausmacht. Im besten Fall gelingt es, eine Sog-Wirkung zu erzeugen. Dies alles wird nicht von heute auf morgen entstehen, aber entscheidend ist, dass wir uns auf den Weg machen. Ein wichtiger Meilenstein dabei wird eine weitere Auflage des Bildungsforum im November sein, in dem wir den Pädagogen hoffentlich wertvolle Inputs für ihre unglaublich wichtige Arbeit geben.

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