Hans-Peter Metzler

Alt-Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: ©Markus Gmeiner)

Der Wandel, die einzige Konstante

Dezember 2017

Wir leben in anspruchsvollen Zeiten, in Zeiten der Internationalisierung und Globalisierung. Europa ist im Umbruch und die einzige Konstante scheint der Wandel zu sein; ein Wandel in einer neuen Qualität, in einer neuen Dimension. Das manifestiert sich in neuen Formen von Komplexität und Geschwindigkeit. Kaum noch etwas entwickelt sich linear, immer mehr entwickelt sich exponentiell.

Nun tun sich Wirtschaft und Gesellschaft in allen Bereichen schwer, diese Entwicklungen auch nur entsprechend einzuordnen oder gar entsprechende Lösungen zu finden; wir dürsten mangels genauerer Informationen nach Orientierung, nach Lösungen – und nach Wissen. Die Digitalisierung ist da nur Metapher für all die anspruchsvollen Transformationen, und in der Digitalisierung spricht man von unbewusster Inkompetenz. Unbewusste Inkompetenz heißt: Ich weiß nicht einmal, dass ich nichts weiß. Bewusste Inkompetenz ist da schon ein Fortschritt: Ich weiß, dass ich nichts weiß. Emil Kowalski, ein Schweizer Experimentalphysiker, hatte exakt in diesem Zusammenhang in „Thema Vorarl­berg“ zuletzt mehr intellektuelle Demut eingefordert – angesichts der Tatsache, dass sowohl „das Wissen relativ zum Wissensstand als auch das Wissen um dieses Nichtwissen abnimmt“. Bewusste Inkompetenz zu zeigen könnte in diesem Zusammenhang auch heißen, den Wandel zu sehen. Nicht zu verstehen. Wie denn auch. Nur: zu sehen.

Habe ich diese Grundlage erreicht, bin ich schon bereit, mich zu öffnen, Interesse für elementare Themen zu haben, mich in diesen Themen zu vertiefen – und mich damit auch zu hinterfragen. Das müssen wir in vielen Teilen unseres Lebens tun, in der Wirtschaft, in der Politik. Ohne Angst, nicht hektisch. Aber schnell und effizienter als bisher müssen wir das angehen; es geht um unsere Zukunftsfähigkeit, es braucht deswegen neue Wege, neues Denken. Es braucht mehr Dynamik! Als zentrales Beispiel mag da die Bildungsfrage dienen: Zu vieles in diesem Bereich wird nach wie vor nicht ansatzweise den Ansprüchen des Wandels gerecht, zu träge werden gute Antworten auf neue Fragen gesucht und gegeben und zu sehr hemmen über lange Zeit gewachsene Strukturen und gewachsene Ansichten. Um nicht falsch verstanden zu werden: Nicht alles ist schlecht, manches ist gut. Aber Gutes kann Besseres werden – wenn in Bildungsagenden endlich der Mensch, nicht mehr das System in den Mittelpunkt all der bildungspolitischen Bemühungen und Überlegungen gestellt würde. Lernt lernen! – auch so könnte ein Appell in der heutigen Zeit des steten Wandels lauten.

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