Die Krux der Steuern zur Finanzierung öffentlicher Leistungen
Steuern sind Preise für staatlich bereitgestellte Leistungen. Manche öffentlichen Leistungen, wie zum Beispiel die Landesverteidigung oder das Justizsystem, sind schwierig, wenn nicht gar unmöglich, auf dem freien Markt zu erhalten. Andere Leistungen, wie Bildung oder Gesundheit, könnten über Märkte organisiert und dort erworben werden – so gibt es Privatschulen und Privatkliniken. Nicht immer ist klar, ob es tatsächlich besser ist, solche Leistungen rein privat, rein staatlich oder in gemischter Form bereitzustellen. Klar ist aber, dass etliche öffentlich bereitgestellte Leistungen von großen Teilen der Bevölkerung wertgeschätzt werden. Es besteht also eine gewisse Zahlungsbereitschaft für staatliche Leistungen. Deren Bereitstellung verursacht Kosten, und die Finanzierung erfolgt üblicherweise über Steuern.
Optimieren statt Maximieren
Obwohl etliche staatlich bereitgestellten Leistungen wertgeschätzt werden, bedeutet dies keinesfalls, dass zusätzliche staatliche Leistungen wohlfahrtsfördernd sind. So würden quasi alle Bürger zusätzliche Bildungsangebote zwar als wertvoll betrachten, jedoch verursachen diese auch zusätzliche Kosten, also am Ende höhere Steuern. Höhere Steuern bedeuten, dass den Bürgern weniger Geld für andere private Konsumwünsche zur Verfügung steht. Daher geht es nie darum, staatliche Leistungen zu maximieren, wie es in der Regel nicht darum geht, sie völlig abzuschaffen. Vielmehr gälte es, ein Optimum von gesamtgesellschaftlichem Nutzen und Kosten zu finden. Die Wohlfahrt der Bürger soll also maximiert werden, nicht die staatlich bereitgestellte Menge an Leistungen. Vereinfacht gesagt liegt das Optimum an einer staatlichen Leistung dort, wo die zusätzlichen gesamtgesellschaftlichen Kosten gleich dem zusätzlichen generierten Nutzen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Besteuerung selbst relevante Wohlfahrtskosten verursacht. Übersteigen die zusätzlichen gesamtgesellschaftlichen Kosten den zusätzlichen Nutzen, gehören die bereitgestellten Leistungen reduziert. Ist es umgekehrt, müssten sie ausgeweitet werden. Soweit zur Theorie.
Die Krux in der Praxis
Die Krux ist – wie so oft – die Anwendbarkeit der Theorie in der Praxis. Während die Kosten für staatliche bereitgestellte Leistungen recht gut bezifferbar sind, sind es die Nutzen nicht. So ist recht klar, was ein Ausbau öffentlicher Verkehrswege an Steuergeld kostet. Doch wie viel ist er den Bürgern wert? Noch dazu steigen die Kosten oft mit dem Ausmaß der Bereitstellung, während die zusätzlichen Nutzen eher fallen. Auch weist der Staat große Ineffizienzen auf, was verständlich ist, denn von Beamten wird erwartet, dass sie regelkonform handeln. Nur passen viele vorab festgesetzte Regeln nicht auf zukünftig auftretende Fälle. Dies alles bedeutet, dass es äußerst schwer festzustellen ist, ob zusätzliche Steuern für weitere staatliche Leistungen im Sinne der Wohlfahrt der Bürger sinnvoll sind.
Hinzu kommen die Anreize politischer Entscheidungsträger. Diese denken zwar auch an die Wohlfahrt der Bürger, aber ebenso an ihre eigenen Wähler, ihre Partei, ihre Interessengruppen und an ihre ganz persönliche Karriere sowie ihr Portemonnaie. Im Regelfall untertreiben sie die Kosten öffentlicher Leistungen und übertreiben deren Nutzen, wenn sie etwas Neues staatlich bereitstellen möchten. Das erklärt unter anderem, warum staatliche Bauprojekte hin und wieder ein Vielfaches der behaupteten Kosten ausmachen und ihr öffentlicher Nutzen teilweise fragwürdig ist. Geht es Politikern hingegen darum, Projekte ihrer Gegner zu verhindern, wird behauptet, dass diese keinen Nutzen, sondern nur Kosten haben. Das Glaubwürdigkeitsproblem der Politik ist daher riesig und staatlich bezahlte Auftragsstudien helfen da wenig.
Vor allem Umverteilung
Die Probleme werden verschärft, da viele politische Entscheidungsträger Umverteilung als Kern öffentlicher Leistungen verstehen wollen. Fast alle Bürger möchten zwar, dass die Welt „gut und gerecht“ ist. Gerechtigkeit entsteht nicht automatisch am Markt und wäre deshalb Staatsaufgabe. Nur ist Gerechtigkeit nicht gleich Umverteilung. Dazu verursachen große Umverteilungsströme erhebliche Wohlfahrtskosten, da sie sowohl auf der Seite der Zahler als auch der Empfänger Anreize zu einer Verfälschung der Einkommenssituation setzen. Wenn die Politik viel umverteilt, ist es für jeden vernünftig, sich nicht zu reich gegenüber dem Staat zu präsentieren und Bedürftigkeit vorzuspielen. So zieht große Umverteilung Missbrauch und Verschwendung an. Jeder versucht, sich möglichst viel vom schrumpfenden Kuchen zu sichern, indem man die Umverteilung für sich bewirtschaftet.
Die Diskussionen um eine mögliche Vermögensteuer in Österreich machen deutlich, wie sich diese Bewirtschaftung manifestiert. In der Regel wird nicht analysiert, ob die möglichen öffentlichen Leistungen, die damit vielleicht finanziert werden könnten, einen höheren Nutzen haben als die Kosten dieser Leistungen inklusive der Besteuerungskosten. Die Debatte ist vielmehr bereits die Probe für den zu erwartenden Umverteilungskampf. Dabei ist vielen Beteiligten klar, dass hohe Vermögensteuern enorme Anreize zur Manipulation der tatsächlichen Vermögenssituation schaffen und dass diese mit fachlicher Hilfe auch gekonnt verfälscht werden kann. Zudem ist bekannt, dass Vermögensteuern das Risiko bergen, von politischen Entscheidungsträgern zur Überbesteuerung der Bürger genutzt zu werden.
Wer also ernsthaft für Vermögenssteuern eintritt, muss sicherstellen, dass strenge Einschränkungen für die Politik gelten. Eine der wirksamsten Einschränkungen wäre, ganz auf Vermögenssteuern zu verzichten. Eine Alternative könnte sein, sich von erfolgreichen Ländern mit Vermögenssteuern wie der Schweiz inspirieren zu lassen. Dort variieren die Steuersätze je nach Kanton und Wohnsitzgemeinde, was einen intensiven Wettbewerb fördert. Unter solchen Bedingungen können Vermögenssteuern funktionieren, denn der föderale Wettbewerb trägt dazu bei, dass sie ähnlich wie andere Steuern niedrig bleiben und mehr über den Nutzen öffentlicher Leistungen sowie die Effizienz des Staates diskutiert wird.
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