Erinnern in die Zukunft
Es ist ein didaktischer Imperativ der Geschichtswissenschaft, dass sie die menschliche Vergangenheit aus der Gegenwart heraus studiert, um für die Zukunft zu lernen.
Im Heute an das zu erinnern, was gestern war, ist im Sinne des aus Österreich 1939 aufgrund seiner jüdischen Herkunft vertriebenen Medizinnobelpreisträgers Erich R. Kandel eine zentrale menschliche Aktivität für das Planen des Morgen. Indem wir aus der Gegenwart heraus unseren Blick in die Vergangenheit richten, planen wir die Zukunft – auf der Basis unserer Erinnerungen und den damit verknüpften Erfahrungen. Ein Gestalten der Zukunft ohne Berücksichtigung der Vergangenheit kann es daher nicht geben. Als einzelner ebenso wenig wie als Gesellschaft.
Das von Hans Kaiser Anfang der 1950er-Jahre für eine Kampagne der Textilfirma F.M. Hämmerle über die Sicherheit am Arbeitsplatz geschaffene Plakat „Gemeinsam in eine bessere Zukunft“ illustriert diesen Sachverhalt. Nicht nur in seiner Ästhetik und in seiner Formensprache reflektiert es auf die erst wenige Jahre zuvor militärisch besiegte NS-Diktatur und ihre „Volksgemeinschaft“. Auch in seiner Aussage appelliert es an ein Kollektiv, welches im Untertitel der 1939 gegründeten Firmenzeitschrift als „Betriebsgemeinschaft F.M. Hämmerle“ firmierte.
Der Appell, zusammenzustehen und als einzelner seinen Beitrag für die gesamte in der Grafik dargestellte Bootsmannschaft zu leisten, reflektiert auf Ideologeme der unmittelbaren politischen Vergangenheit. Mit ihr segelt das Schiff aus der Vergangenheit und Gegenwart rechts unten in die Zukunft links oben.
100 Ausgaben von Thema Vorarlberg mach(t)en solche Zusammenhänge zwischen den drei Zeitschichten menschlicher Existenz sichtbar. Sie ermöglichen ein Erinnern in die Zukunft.
Die Abbildung zeigt ein von Hans Kaiser gestaltetes Plakat des Textilunternehmens F.M. Hämmerle aus den frühen 1950er-Jahren für eine Kampagne für Ordnung und Sauberkeit am Arbeitsplatz, zu finden in der Bilddatenbank „Volare“ der Vorarlberger Landesbibliothek.
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