Kurt Bereuter

56, studierte BWL, Philosophie und Politikwissenschaften. Organisationsberater und -entwickler, freier Journalist und Moderator, betreibt in Alberschwende das Vorholz-Institut für praktische Philosophie.

Personalarbeit neu bei der Polizei

März 2023
Nicht nur in den Medien sind der Personalmangel und die Fluktuation bei der Polizei zum Thema geworden, auch im Landtag wird darüber diskutiert: Wie soll es gelingen, genügend gute Polizeikräfte im Land erstens zu gewinnen und zweitens zu halten? Der Personalleiter Filipe Studer gibt Antworten.

Anwerbung und Berufsbild
Was die Rekrutierung von jungen Polizeikräften anlangt, hat sich die Landespolizeidirektion (LPD) Vorarlberg vom Bundesministerium für Inneres (BMI) laut „Inside“-Broschüre der LPD wenigstens zum Teil losgelöst und sucht nun mit einer Lindauer Werbeagentur und der Erarbeitung einer eigenen Arbeitgebermarke neue Wege. Dass sich auch das Auswahlverfahren verändert, zeigen schon Adaptierungen im sportlichen Bereich, wo beispielsweise der gefürchtete Schwimmtest nicht mehr absolviert werden muss, sondern der nachgewiesene „Fahrtenschwimmer“ reicht. Aber „unsportlich“ gehe nicht, dazu sei der Beruf körperlich zu anstrengend, stellt der Personalleiter der LPD Vorarlberg klar. Dafür seien mittlerweile jährliche Sporttests verpflichtend. Dass die „Knallharte Realität anders aussehe“, wie Filme und Serien über diesen Beruf suggerieren, und dass sich viele junge Menschen in den Sicherheitsakademien den Polizeialltag anders vorstellen, wie der neue Bundespolizeidirektor den „VN“ gegenüber meinte, kann Filipe Studer nicht bestätigen. In der Rekrutierung werde schon ein sehr realistisches Bild der Polizeiarbeit vermittelt und dazu gehöre eben, dass der Polizeiberuf ein sozialpolitischer Beruf sei und Polizeikräfte sozialarbeiterisch tätig sein müssten.

Polizei- und Sozialarbeit
Wenn Landespolizeidirektor Hans-Peter Ludescher in einem Interview meinte, dass Polizeikräfte viele Bereiche abdecken müssen, „vom Sozialarbeiter bis zum – überspitzt formuliert – Elitepolizisten“, schwingt Rollenvielfalt und vielleicht ein Rollenkonflikt mit. Wenn ein Polizist sagt „Hände hoch“, dann sollten wohl die Hände hochgehen, der Sozialarbeiter würde eher fragen, ob einer darüber reden möchte, ob es in der Situation nicht hilfreich wäre, wenn der Angesprochene seine Hände hochheben würde. So überzeichnen möchte es der Personalleiter nicht, denn schon in der Ausbildung werde viel Wert auf die Durchsetzungsfähigkeit ohne Gewalt(androhung) gelegt und das mache auch die Qualität der Polizeiarbeit aus. Studer: „Polizeiarbeit ist ein sozialpolitischer Beruf und verlangt auch sozialarbeiterisches Tätigsein.“ Dass Unterstützung und Hilfe von Älteren und Vorgesetzten wichtig seien, steht für ihn neben einer umfassenden, guten Ausbildung, außer Frage. Leider fehle manchmal der erfahrene „Mittelbau“. Dafür werden neue Personalmanagementinstrumente eingeführt, wie Teamentwicklung oder Coaching, und diese Instrumente würden schon in der Ausbildung implementiert, um die Bereitschaft dafür zu wecken und zu entwickeln. Sie würden in der Pilotphase auch gut angenommen und sollen weiter ausgerollt werden, um aktive Polizeikräfte mental zu stärken. Was die Kritik der Personalvertretung über interne mangelnde Wertschätzung anlangt, verweist Studer auf neue Instrumente wie Teamentwicklung auf Polizeiinspektions-Ebene und innovative Führungskräfteausbildungen wie ein „Achtsamkeitstraining“. Gute Führung und eine gute Teamkultur seien gerade in einem Beruf wie der Polizei sehr wichtig. 

Besoldungssituation
Für eine längst fällige Besoldungsreform seien zwei Ministerien verantwortlich, das BMI und das Beamtenministerium. Beide hätten die Problematik erkannt und diese werde von den westlichen Bundesländern immer wieder thematisiert. Bis wann es eine kaufkraftgerechte Reform gebe, lasse sich nicht terminisieren. Aus anderer Quelle ist dazu zu vernehmen, dass sich der Vorarlberger Landtag mit einer Forderung an den Bund einbringen will. 

Generation „Z“ und Organisationsreformen
In der polizeieigenen Zeitschrift zitiert LPD Ludescher aus einer Studie der FH Vorarlberg, derzufolge bei der jungen Vorarlberger Bevölkerung der Freizeit die höchste Wichtigkeit zugeschrieben werde und Beruf und Arbeit erst auf Rang vier folgen. So sei klar, dass sich auch die Polizei mit diesen Ansprüchen beschäftigen muss, folgert Studer. Es sei kein Problem, wenn jemand einen fixen Tag in der Woche für seinen Verein brauche, aber jedes Wochenende frei, gehe nicht. So habe man auf der Suche nach neuen Dienstzeitmodellen auch schon ins Ausland geblickt, ohne den Stein der Weisen gefunden zu haben. Aber es brauche angesichts der dünnen Personaldecke und der bei manchen unbeliebten Überstunden neue Modelle, um die hohe Qualität trotzdem zu erhalten. Dafür seien Organisationsveränderungen notwendig. Studer verweist auf andere erfolgreiche Verwaltungsmodelle wie die Baurechtsverwaltungen von mehreren Gemeinden, nach deren Vorbild auch bestimmte Leistungen bei der Polizei inspektionsübergreifend gebündelt effizienter zu erbringen seien, kooperativer, arbeitsteiliger und spezialisierter in einem Verbund von mehreren Polizeiinspektionen. LPD Ludescher hinterfragte die Kleinstrukturiertheit der Polizeiinspektionen im Land und doch sollen keine Dienststellen geschlossen werden. Letztlich sind das aber politische Entscheidungen; und kein Gemeindeoberhaupt lässt sich gerne die Polizeiinspektion (PI) schließen. Im Bregenzerwald geschah dies und übrig blieben vier größere PI, was aus meiner persönlichen Erfahrung nicht nachteilig ist. 
Personalarbeit bei der Polizei bleibt also, wie in fast allen Berufsgruppen, eine Herausforderung, die ein Umdenken und teilweise ein Umstellen von Organisationsstrukturen erfordert. Filipe Studer will sich dem weiterhin stellen, getreu einem Werbespruch der neuen Markenentwicklungsagentur: „Dein Einsatz fürs Ländle – dein Job mit Sinn und Zukunft.“

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