Peter Freiberger

Mit den Tourenskiern auf die Piste

Dezember 2014

In anderen Alpenregionen längst mehr als ein Trend, beginnt das Tourengehen auf Skipisten nun auch in Vorarlberg zu boomen. Bei Pistentouren bewegt man sich auf sicherem Terrain, genießt tolle landschaftliche Erlebnisse und findet als Zuckerl noch Gelegenheit zur Einkehr.

Früher generell eher eine Randsportart, hat sich der Skitourenlauf im freien Gelände mittlerweile (fast) zum Breitensport entwickelt. Das verdeutlicht unter anderem der Blick auf die Wintersportindustrie. Die meisten Skihersteller führen in ihrem Sortiment inzwischen Tourenski. Das gesamte Ausrüstungsfüllhorn ist bis an den Rand gefüllt.

Freilich – Tourenskilauf ist nicht jedermanns Sache. Kondition und skifahrerisches Können allein reichen nicht aus, um im Winter mit Skiern ins Gelände aufzubrechen. Es gilt zudem, die jeweilige Lawinensituation richtig einzuschätzen und den Umgang mit dem landläufig als „Pieps“ bekannten LVS-Gerät zu beherrschen. Die aktuellen Schnee- und Wetterverhältnisse sind die bestimmenden Parameter bei der Tourenplanung. Die Gefahr marschiert stets im Hintergrund mit. Zumindest ein Restrisiko bleibt immer.

Wer die Gefahr gegen puren Genuss tauschen möchte, der braucht bloß das freie Gelände mit einer Skipiste zu tauschen. Diese Option haben in den vergangenen Wintern viele Vorarlberger gewählt. In praktisch allen Skigebieten des Landes sind inzwischen Tourengeher unterwegs. Mittlerweile haben sich regelrechte Hotspots für die Pistentourengeher herauskristallisiert. Einer davon ist das Hochälpele über dem Bödele. Die Route dorthin bietet praktisch alle Vorzüge, die man sich von einer Pistentour erwartet: Ausgangspunkt in der Nähe eines Ballungsraums, leicht erreichbar, Aufstieg und Abfahrt einfach im präparierten, lawinensicheren Gelände, überschaubare Höhendifferenz, fabelhafte Aussicht und gemütliche Einkehr am Ziel.

Bei Pistentouren heißt es allerdings, bestimmte Regeln zu beachten, um den Skibetrieb nicht zu beeinträchtigen und Kollisionen zu vermeiden. Das Österreichische Kuratorium für Alpine Sicherheit hat dazu zehn Empfehlungen herausgegeben, deren Einhaltung der Vorarlberger Skiverband, die heimischen alpinen Vereine und natürlich die Bergbahnen erwarten.

Im benachbarten Tirol sehen die Seilbahnen Tourengeher nicht uneingeschränkt positiv. Nicht selten legen sie ihnen Steine – beispielsweise in Form von horrenden Parkgebühren – in den Weg. In Vorarlberg stehen die Seilbahnen dem beginnenden Boom grundsätzlich offen gegenüber. „Die Seilbahnbetriebe sind neuen Trends immer aufgeschlossen – so auch dem Pistentourengehen. Wir appellieren aber an das Pflicht- und Verantwortungs­bewusstsein jedes Einzelnen“, sagt Wolfgang Beck, Obmann der Vorarlberger Seilbahnen. In Sachen Verantwortung und Regeln muss ein Punkt besonders beachtet werden: Skitourengeher sollen nur am Pistenrand und hintereinander aufsteigen! Damit bleibt die Gefahr von Kollisionen weitgehend gebannt.

Eine spezielle Facette stellen Pistentouren am Abend dar. Viele Einheimische nutzen den Feierabend, um noch eine kurze, sichere Pistenskitour zu unternehmen. Die Seilbahnen Laterns tragen dem bereits länger Rechnung. So geben sie in Innerlaterns die Pisten jeweils Mittwoch abends offiziell für Tourengeher frei. Die Pisten werden erst ab 19 Uhr präpariert, Seilwinden kommen keine zum Einsatz. Dazu hat die Falba Stuba rund 250 Höhenmeter unterhalb der Nob geöffnet. Damit folgt man Beispielen aus Tirol, wo Skigebiete an bestimmten Abenden das Tourengehen offiziell erlauben.

Eine Abendskitour auf einer Piste stellt in jedem Fall ein außergewöhnliches Erlebnis dar. Selbst wer oft unterwegs ist, erfährt stets Abwechslung. Jeder Abend, jede Nacht zeigt sich anders, das Erlebnis des landschaftlichen Ambientes und die Verbundenheit mit der Natur fallen besonders intensiv aus. Und ob Vollmond oder nicht – die modernen Stirnlampen bieten ausreichend Licht für sicheren Aufstieg und sichere Abfahrt. Kein Wunder, dass man an Spitzentagen bis zu 300 Autos auf dem (Gratis-)Parkplatz der Seilbahnen in Innerlaterns zählt – Tendenz steigend.

Dieser Boom hat sich inzwischen bis ins Brandnertal herumgesprochen, wo (abendliche) Tourengeher bisher nicht gerade mit Handkuss begrüßt wurden. Die sind dort heuer zwar weiterhin nur geduldet. Dem Vernehmen nach soll jedoch die Palüdabfahrt dienstags erst ab 22 Uhr präpariert werden, um Skitourengehern die Möglichkeit einer Abendtour zu geben. Palüdhütte, Berghof Melkboden und das Frööd am Burtschasattel wollten dann abends offen halten. Das Frööd kommuniziert dies sogar auf seiner Homepage. Die Bergbahnen bestätigen die spätere Präparierung aber offiziell nicht. Wer während der Pistenpräparierung abfährt, begibt sich jedenfalls in akute Lebensgefahr. Die Seile, an denen die Pistenraupen hängen, lassen sich selbst in der klarsten und hellsten Nacht nicht erkennen und können urplötzlich in die Höhe schnellen – mit verheerenden Folgen.

Bleibt abzuwarten, ob der Boom im Brandnertal ankommt und sich anschließend weiterverbreitet. Schwer vorstellbar, dass er sich aufhalten lässt.

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