Hans-Peter Metzler

Alt-Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: ©Markus Gmeiner)

Der Sprint – und der Marathon

November 2018

Oscar Wilde wird das Zitat zugeschrieben: „Am Ende wird alles gut! Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“ Nun mag man den Satz belächeln, wie man Optimisten ja mitunter belächelt – aber in den Worten steckt auch die Erkenntnis, dass nur der Ausdauernde, der Beharrliche sein Ziel erreicht. Beharrlichkeit, so heißt es in der Psychologie, ist die Fähigkeit, ein Ziel konsequent und motiviert weiterzuverfolgen, auch gegen Widrigkeiten. „Erfolgreiches Wirtschaften“, sagt Verhaltensökonom Matthias Sutter, „braucht eine langfristige Perspektive.“ Man darf sich da keiner Illusion hingeben: Erfolg ist langfristig erarbeitet, und erst der langfristige Erfolg ist der nachhaltige Erfolg. Das zeigt auch ein Blick ins Land. 
Denn das ist es ja, was Vorarlbergs Wirtschaft so stark macht, all diese Unternehmen, die in und an Generationen denken; all diese Familienbetriebe, groß wie klein, die dem größeren Bild und Land und Leuten verpflichtet sind – und dieses Bild nicht aus den Augen lassen.

Vor zehn Jahren hatte der Kollaps der Lehman-Brothers zur globalen Finanz- und Wirtschaftskrise geführt, es war zuletzt politisch und medial viel an diese Zeit erinnert worden. Doch während die Krise anderswo Unternehmen in den Abgrund riss und Existenzen vernichtete, blieb die hiesige Wirtschaft – unterstützt auch von einer besonnen agierenden Politik – stark. Unbeirrt. Beharrlich eben. In Vorarlberg durchschritt man, mit solidem Fundament, die langfristige Strategie vor Augen, dem eigenen Unternehmen, seinen Mitarbeitern und der gesamten Gesellschaft verpflichtet, die Krise. Wer sich zuvor ausschließlich an Kurzfristigkeit orientiert hatte, wer nur den schnellen Erfolg gesucht und sich kein Fundament geschaffen hatte, der ging unter. Wer dagegen langfristig gedacht hatte, blieb bestehen.

Sollen wir einen Satz, etwas verkürzt, an dieser Stelle wiederholen? Der langfristig erarbeitete Erfolg ist der nachhaltige Erfolg. Und wer auf einen solchen Erfolg abzielt, der braucht – bildlich gesprochen – die Kraft für einen 100-Meter-Sprint, aber auch die Ausdauer, im Fall des Falles einen Marathon absolvieren zu können. Optimismus heißt für einen Unternehmer nicht, davon auszugehen, dass auf dem Weg zum Erfolg keine Widrigkeiten auftauchen können. Optimismus heißt in diesem Verständnis, davon auszugehen, dass man diese Widrigkeiten mit Beharrlichkeit auch meistern kann. Bis es gut wird. Oscar Wilde eben. 

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