
Geldbeschaffungsaktion soll Budgetlöcher stopfen
Eine flächendeckende Lkw-Maut schadet dem Wirtschaftsstandort Österreich und käme die Betriebe wie die Konsumenten teuer zu stehen. Österreichs Wirtschaft macht gegen die Belastungspläne jetzt massiv mobil.
Die Bundesländer, konkret deren Landesverkehrsreferenten, denken zurzeit über eine flächendeckende Maut für alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen auf dem niederrangigen Straßennetzen – Landes- und Gemeindestraßen – nach. Ende April wollen sie bei der Landesverkehrsreferentenkonferenz darüber entscheiden. Doch die Front der Befürworter bröckelt. Die Westachse – Salzburg, Tirol und Vorarlberg – machte den Anfang. Aus fünf Bundesländern (jetzt auch Nieder- und Oberösterreich) kommt bislang ein dezidiertes Nein. Selbst der Österreichische Gemeindeverband hält nichts von dieser Idee. Im finanzmaroden Kärnten sucht man allerdings händeringend nach neuen Einnahmequellen, da käme die Maut gerade recht. Auch der burgenländische Landeshauptmann Niessl will diese Maut.
Wirtschaft macht mobil
Die Gegner einer solchen machen jetzt mobil. Allen voran Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl: „Auch wenn manche das nicht wahrhaben wollen: Klarerweise zahlt eine solche Maut am Ende des Tages der Konsument mit. Eine flächendeckende Lkw-Maut auf Landes- und Gemeindestraßen, wie sie die Bundesländer anstreben, wäre ein Anschlag auf die Wirtschaft, ein Anschlag auf den ländlichen Raum und die Nahversorger und letztlich ein Anschlag auf die Menschen“, bringt es Leitl auf den Punkt. Seit Wochen versuchen die Interessenvertreter der Wirtschaft daher mit einer Informationskampagne proaktiv – bei den Landeshauptleuten, bei den Landesverkehrsreferenten, vor allem aber auch bei der Bevölkerung – auf die schädliche Wirkung einer solchen Maut aufmerksam zu machen.
Wenn alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen auch auf dem niederrangigen Straßennetz zahlen müssten (geplant sind circa 30 Cent pro Kilometer), entstünde der Wirtschaft eine Zusatzbelastung von rund 650 Millionen Euro jährlich. An Lkw-Maut auf Autobahnen und Schnellstraßen wurden im Vorjahr ersten Schätzungen zufolge bereits rund 1,3 Mrd. Euro eingenommen. Massive Zusatzkosten führen zwangsläufig auch zu Preissteigerungen für die Konsumenten. Laut einer Studie der WU Wien betragen die Mehrkosten aus einer Maut in der Fläche bis zu 77 Euro pro Kopf und Jahr.
Argumentation geht ins Leere
Die Befürworter einer solchen Maut argumentieren mit einem dringenden finanziellen Bedarf zur Straßensanierung, dem Profitieren der Bauwirtschaft durch Aufträge und einer Verlagerung der Transportwirtschaft auf die Schiene.
Belegt ist, dass die Einnahmen der Länder aus Steuern für den Straßenverkehr von 2003 bis 2014 um 131 Prozent gestiegen sind. Insgesamt fließen 13 Milliarden jährlich aus Straßenverkehrsabgaben in den Staatshaushalt. Die Gesamtausgaben der Bundesländer (im ordentlichen Haushalt) stiegen von 2003 bis 2014 um 44 Prozent, die Ausgaben für Straßenbau nahmen in den Bundesländerbudgets jedoch um sechs Prozent ab. Zudem ist es fraglich, ob das Geld aus weiteren Erlösen überhaupt für den Straßenbau oder nur für das Stopfen von Budgetlöchern verwendet wird. „Solange die Asfinag Gelder, die für den Straßenbau eingenommen werden, zur Sanierung des öffentlichen Budgets abliefern muss – das sind immerhin knappe 300 Mio. Euro pro Jahr an Ertragssteuern und Ausschüttungen –, disqualifiziert sich diese Idee von selbst“, betont der Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer, Alexander Klacska.
Keine Verlagerungseffekte
Auch der Wunsch nach einer Verlagerung des Verkehrs greift viel zu kurz. Der Großteil der auf Landes- und Gemeindestraßen transportierten Produkte wird im Zustellverkehr transportiert (Anlieferung zu Supermärkten, Handelsgeschäften und Betrieben des Gewerbes und Handwerks). Auf regionaler Ebene ist eine Verlagerung des Zustell- und kleinräumigen Verteilerverkehrs auf die Schiene schlichtweg in den meisten Fällen unmöglich. Zum einen fehlt es an der nötigen Infrastruktur, zum anderen werden Schienentransporte generell erst ab einer längeren Distanz betriebswirtschaftlich darstellbar.
Aus Kreisen der Asfinag ist zu hören, dass die Autobahnholding mit einer Bemautung der Bundesstraßen wenig Freude hätte. Hintergrund ist, dass das bestehende Mauterfassungssystem für die Bundesstraßen ungeeignet ist, da auf allen Straßen – wie jetzt auf den Autobahnen – Überkopfbrücken notwendig wären. Bei einer flächendeckenden Maut müsste Österreich auf das von Deutschland verwendete Satellitensystem umsteigen, was mit erheblichen Anschaffungskosten für die Asfinag verbunden wäre, von den kontinuierlichen Verwaltungskosten ganz zu schweigen.
„Schluss mit den Belastungen“, signalisieren die Wirtschaftsvertreter quer durch alle Branchen Einigkeit: „Standortnachteil, Kostentreiber, Wirtschaftsschwächer in den ländlichen Regionen und Wachstumsdämpfer – eine solche Belastung können wir uns schlichtweg nicht leisten! Daher: Mega-Maut? Nein danke!“
Statements: Mega-Maut? Nein danke!
Markus Wallner, Landeshauptmann
Neue Belastungen, gerade in dieser konjunkturschwachen Zeit, sind ein völlig falsches Signal. Eine Maut, die die Unternehmer und Konsumenten gleichermaßen trifft, konterkariert jede Bemühung, Wachstumsimpulse zu setzen.
Manfred Rein, Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg
Diese geplante „Mega-Maut“ ist eine reine Geldbeschaffungsaktion und versteckte Massensteuer. Werden die Transporte auch in entlegene Gebiete teurer, gefährdet das massiv die Versorgungs- und Entsorgungsstrukturen.
Helmut Mödlhammer, Gemeindebund-Präsident
Ich halte von der Einführung einer Lkw-Maut überhaupt nichts. Die Versorgung der ländlichen Regionen mit dringenden Gütern des Alltags würde sich durch eine solche Maßnahme deutlich verteuern, das kann nicht im Sinne der kleinen Gemeinden sein.
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