Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

Schiffsgetriebe mit Wasserschmierung? Lösung in Sicht

Dezember 2019

Hochseeschiffe, die durchschnittlich sieben Liter Öl pro Tag verlieren, und damit einen nicht unerheblichen Teil zum Artensterben beitragen, könnten schon bald der Vergangenheit angehören – wenn man den Ideen der Firma Reintrieb Glauben schenkt. Hinter Reintrieb stehen unter anderen zwei Bregenzer Köpfe, die Brüder Dominik und Vincent Cofalka. Vincent hält außerdem als Kapitän das weltbekannte Kreuzfahrtschiff AIDA auf Kurs.

Ihr Ansatz? Ein Schiffsgetriebe, das mit Wasser geschmiert wird. Wie das gehen soll? Werden wir erläutern. Aber alles der Reihe nach. Die Geschichte nimmt ihren Ursprung in Vorarlberg, genauer in Bregenz bei den Brüdern Dominik und Vincent Cofalka. Während Dominik als Älterer seine Erfüllung im Journalismus fand, träumte sein Bruder in der Schule vom Meer und von Schiffen, die er als Kapitän durch die sieben Weltmeere führen wollte. Dieser Traum setzte sich mehr und mehr fest, was auch Dominik wahrnahm. Er setzte Vincent in den Zug und bugsierte ihn ans Institut für Schiffsbetrieb, Seeverkehr und Simulation (ISSUS). Und Vincent kam mit leuchtenden Augen wieder ins Land zurück.
Die Saat war ausgebracht, das Feuer entfacht, Vincent zog es nach der Matura nach Leer in Ostfriesland an die dortige Hochschule für Nautik und Seeverkehr, wo er nach Abschluss seines Studiums sein Offizierspatent erhielt.

Vincent und die AIDA

Vincent war – zu Beginn seiner Ausbildung – auf einem Container-Frachter zwischen Korea und den USA unterwegs. „Die nächste Station, um meinen Bruder zu besuchen, war La Spezia“, erzählt Dominik Cofalka. Und wie beeindruckt er war, als Vincent einen Ozeanriesen längs der Kaimauer zum Stillstand brachte. Dominik war stolz. Und auch ein bisschen neidisch, wie er lachend zugibt.
Ihn selbst hatte es mit Anfang 20 nach Wien verschlagen, wo er beim KURIER anheuerte. Der verstorbene Kolumnist Herbert Hufnagl brachte ihm und den anderen Jungredakteuren beim Gegenlesen der Redaktionstexte vor vielen Jahren einen zentralen Merksatz bei: „I versteh’s, aber versteht’s a die Frau Wampl drauß in Ottakring?“ Cofalka ergänzt: „Wenn du deine Botschaft nicht einfach erklären kannst, hast du sie selbst nicht richtig verstanden.“ So hält er es auch heute noch, wenn er diverse Sachverhalte vermittelt.
Doch Dominik wurde die Schreiberei auf Dauer zu eintönig, noch während des Studiums der Publizistik organisierte er wirtschaftsnahe Praxisprojekte. Eines davon entwickelte sich später prompt zum eigenen Unternehmen, der „Mensalia Unternehmensberatung“.
Bis zum eingangs erwähnten Geschäftsmodell – dem wassergeschmierten Antrieb – sollten für die Brüder Coafalka jedoch noch einige Jahre vergehen, in denen es Vincent bis zum Kapitän der weltberühmten AIDA brachte und Dominik mit Mensalia zahlreiche Auszeichnung einheimsen konnte.
2012 hat sich Dominik Cofalka mit Rot im Kalender angestrichen. „Ein Schlüsseljahr“, erzählt er. „Ich war mit meinem Bruder auf der AIDA auf einer Schwarzmeerkreuzfahrt.“ Dort saugte er all die neuen Erfahrungen und Eindrücke auf See auf. „Zum ersten Mal verspürte ich das Gefühl, auch so ein tolles Produkt haben zu wollen, das Menschen glücklich macht.“

„Reintrieb“ – ein Unternehmen mit Nachhaltigkeit

Und wie es im Leben so ist, kamen am richtigen Ort zur richtigen Zeit die richtigen Menschen zusammen: Vincents Schwiegervater Siegfried Lais, einem Schiffsingenieur und Erfinder, war der stete schleichende Ölverlust von Schiffsgetrieben schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Der engagierte Tüftler, der im Laufe seines Berufslebens schon zahlreiche Erfindungen patentieren lassen konnte, erdachte sich in Folge einen gänzlich neuen Weg zur Lösung dieses Problems. Und Dominik Cofalka? Ließ sich als Nicht-Techniker infizieren. Gemeinsam gründeten sie in Bregenz das Unternehmen „Reintrieb“ mit Sitz in Wien, das ihre Erfindung zur Serienreife bringen sollte. 
„In unserem Projekt werden Ökonomie, Ökologie und Soziales gleichermaßen berücksichtigt“, sagt Cofalka. Wie? Das Problem von ölgeschmierten Getrieben sei vielschichtig: Der Laie denke zuerst an den Ausfluss des Öls ins Meer. Das ist aber nur die eine Seite der Geschichte. Noch problematischer sei das Eindringen von Wasser in das Getriebe. Bereits ab einem Prozent Wasseranteil sei die Schmierung suboptimal, was in der Folge zu Schäden führt. Und diese Schäden bedingen Dockaufenthalte bis hin zu langen Betriebsausfällen und stellen einen finanziellen Schaden dar, der wehtut. Zu guter Letzt stelle sich bei Altöl natürlich auch die Frage der Entsorgung. Üblicherweise wird Altöl verbrannt. Die Folgen sind bekannt. „Aber wenn es kein altes Getriebeöl gibt, muss es auch nicht verbrannt werden.“ So einfach könnte die Welt funktionieren, wenn es dem „Reintrieb“-Team gelingt, den Proof of Concept wie geplant im kommenden Jahr zu erreichen.
Und hier setzt das neuartige Getriebe an: Es besteht aus einer Mischung aus Metall und Keramik und wird mit Wasser geschmiert. „Geschmiert bedeutet in diesem Fall gekühlt“, erklärt Cofalka. Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen sind Getriebeschäden durch das Eindringen von Wasser vorbei, zum anderen wird die Umwelt entlastet, da kein Öl mehr austreten kann. „Als wir im Frühjahr unsere aktuellen Testergebnisse und die „Reintrieb“ bei der Europäischen Binnenschifffahrtskonferenz vorstellten, kamen sofort die ersten Anfragen für unseren neuartigen Antrieb von Donau-Reedereien.“ 
Aber so schnell schießen die Preußen – in unserem Fall die Vorarlberger – nicht: In punkto Materialien wurde bereits gemeinsam mit der TU München und dem österreichischen Forschungspartner AC2T ein wichtiger Meilenstein erreicht: Das Material erreichte in Fress- und Verschleißtests die erforderlichen Zielwerte. Im nächsten Schritt erfolgt der Zusammenbau des Testgetriebes durch einen Vorarlberger Teststand-Bauer, bevor es ernst wird: Hält das Testgetriebe einen mehrmonatigen Lauf mit vielen Millionen Lastwechseln aus, dann ist der Proof of Concept erbracht.

Ein Start-up sucht weitere Investoren

„Wir sind schon sehr weit, was die Entwicklung dieses Getriebes betrifft. Trotzdem sind wir noch ein Start-up, das auf der Suche nach strategischen Investoren sowie Privatanlegern ist“, meint Cofalka. Um nachzulegen: „Neben unserem patentierten Getriebe arbeiten wir an einer zweiten Erfindung, dem Side-by-Side-Schiffsantrieb.“ Auch in diesem Projekt ist die Entwicklung schon weit fortgeschritten: Die Idee beruht auf der Aufteilung des Schraubenantriebs von einem auf zwei Propeller. Der Vorteil: Die Schiffe haben weniger Tiefgang, können auch bei Niedrigwasser fahren, verbrauchen weniger Kraftstoff und stoßen damit weniger CO2 aus. 
So hat das Unternehmen „Reintrieb“ dank seiner findigen Ingenieure bereits zwei patentierte Disruptions-Asse im Ärmel. Die, wenn sie stechen, nicht nur gute Geschäfte ermöglichen und nebenbei die Schiffsantriebe revolutionieren könnten, sondern die auch ein echter Segen für die Umwelt wären. Nachhaltig handelnde Investoren welcome!

www.reintrieb.com

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