Thomas Ölz

leitet seit 1992 den Bereich Forst und Umwelt in der Landwirtschaftskammer Vorarlberg.
Er engagiert sich sehr für eine aktive natur­nahe Mischwaldbewirtschaftung in Vorarlberg.

Herausforderung Klimawandel

März 2020

Unsere Wälder sind Hauptbetroffene des sich in Gang befindlichen Klimawandels. Gleichzeitig sollen die Waldwirkungen Schutz vor dem zunehmenden Gefährdungs­potenzial bieten. Außerdem wird die CO2-Speicherfunktion in Wald und Holz als ein wichtiger Lösungsbeitrag gesehen.

Der prognostizierte Klimawandel wird in Europa mittel- bis langfristig eine heute noch nicht fassbare Umweltveränderung bewirken. Die Anfänge im Wald merken wir an den Arealverschiebungen verschiedener Baum­arten und ganzer Waldgesellschaften. Dabei leben wir in Vorarlberg fast noch auf einer Insel der Seligen, weil bei uns keine großen Niederschlags­abnahmen prognostiziert werden. Das heißt, mit der zunehmenden Wärme wächst der Wald sogar besser. Allerdings müssen wird bereits heute vermehrt mit Witterungsextremen wie Windstürmen, sehr intensiven Niederschlagsereignissen, längeren Trockenphasen oder zunehmendem Schädlingsdruck zurechtkommen. Besonders problematisch in einem Gebirgsland wie Vorarlberg ist, dass eine Destabilisierung der so wichtigen Schutzwaldwirkung zu befürchten ist. Die aktuelle Gefahr von Borkenkäfermassenvermehrungen gibt einen Vorgeschmack auf die zukünftigen Herausforderungen in der Waldwirtschaft. Für „die Natur“ an und für sich stellt eine Klimaänderung, auch wenn sie noch so stark ausfällt, kein Problem dar. Das hat es in der Erdgeschichte immer wieder gegeben. Für uns Menschen und unsere Kulturlandschaften sieht es allerdings anders aus. Überschwemmungen, Murenabgänge, Felsstürze oder Trockenperioden mit Trinkwasserknappheit oder ganze Kulturgattungsverschiebungen stellen uns regional, aber auch global vor schwierig zu bewältigende Herausforderungen.

Was tun? 

Keine leichte Aufgabe. Die Bäume, die sich heute natürlich verjüngen oder gepflanzt werden, haben in ihrem Erwachsenenalter in 100 Jahren ein anderes Klima als heute. Mit einer möglichst großen Breite an Baumarten und Strukturen versuchen wir, Waldbestände zu begründen, zu pflegen und zu bewirtschaften, die mit dem klimabedingten Stress möglichst gut fertig werden. Wir arbeiten mit dem vorhandenen und dem möglichen Baumartenspektrum auf der Basis der traditionellen naturnahen Waldbewirtschaftung in Vorarlberg weiter. Sogenannte „Gastbaumarten“ wie beispielsweise die Douglasie werden unsere heimischen Baumarten ergänzen. Mit der Nutzung der natürlichen Entwicklungsdynamik kann eine ökologisch, aber auch ökonomisch optimierte Bewirtschaftungsweise genutzt werden. Die gesamte „Biodiversität“ (biologische Vielfalt) wird sich klimabedingt verändern. Unsere Wälder werden aber auch in Zukunft Lebensräume für viele, teils seltene Tier- und Pflanzenarten bieten.

Stolperstein

Einen großen „Stolperstein“ auf dem Weg stellt derzeit der Verbiss der sich verjüngenden Mischbaumarten durch die aus jagdlichen Interessen aufgehegten Wildbestände von Reh-, Rot- und Gamswild dar. Es geht überhaupt nicht um eine Ausrottung dieser Wildarten, sondern um eine Anpassung an den Lebensraum. Das kommt schlussendlich auch diesen Wildarten zu Gute. Ein zu hoher Verbiss führt zum Ausfall von Baumarten und damit zur Entmischung von stabilen Waldbestandsstrukturen. Es gibt bei uns bereits einige positive jagdliche Bewirtschaftungsmodelle, wir brauchen aber flächendeckend eine Umstellung auf eine solche ökologisch orientierte Jagdbewirtschaftung.

Anpassungsstrategie

Die Strategie ist, die unkontrollierbare Klimaerwärmung durch Klimaschutzmaßnahmen zu stoppen. Gleichzeitig müssen wir uns an die unumkehrbaren Auswirkungen des Klimawandels anpassen, welche schon jetzt spürbar sind. Dies betrifft Themen wie Hochwasserschutz, Gefahrenzonen, Veränderungen der Vegetation und Fauna, Auswirkungen auf Landwirtschaft und Tourismus, die sommerliche Überhitzung und natürlich die Folgen für den Wald. Seit Frühjahr 2018 sind österreichweit über 40 Klimawandel-Modellregionen entstanden. In Vorarlberg befassen sich die beiden Regionen Vorderwald gemeinsam mit Egg und der Walgau unter anderem mit „klimafitter Forstwirtschaft“.
Das Land Vorarlberg hat in der Klimawandel-Anpassungsstrategie 2015 gemeinsam mit Experten 14 Sektoren beleuchtet. Im Bereich Forstwirtschaft ist die Sicherstellung eines multifunktionalen Waldes vorrangig. Unser Wald der Zukunft muss klimafit werden. Er muss unsere Lebensräume vor vermehrt zu erwartenden Starkniederschlagsereignissen schützen und auch in Trockensommern wie 2018 ausreichend Trinkwasser liefern. Dass er Erholungsraum für überhitzte Köpfe und gestresste Menschen bieten soll, wird ohnehin schon jetzt von ihm verlangt.

3 Mal Klimaschutz & gesundes Wohnen

Holz ist bei uns der bedeutendste nachwachsende Rohstoff. In einer Minute wächst in Vorarlberg ein Kubikmeter Holz nach. Von den jährlich über 600.000 nachwachsenden Vorratsfestmetern werden nur etwa 400.000 Festmeter genutzt. Holz bringt Wertschöpfung und Arbeitsplätze in die Region, und der Klimaschutz wird gleich dreimal erfüllt: Einmal werden im Wald große Mengen von CO2 gespeichert, ein zweites Mal verlängert jede Holzanwendung den Speicherungseffekt, und ein drittes Mal gibt es durch den Substitutionseffekt mit dem Ersatz anderer energieintensiver Baustoffe einen bedeutenden Klimaschutzeffekt. Am Schluss der Kette wird bei der Verbrennung in der Gesamtbilanz kein zusätzliches CO2 produziert. Und das wirklich Schöne an diesem Klimaschutz ist, dass jeder Anwender ganz persönlich von der besonders gesunden Wohnbiologie in Holzumgebungen profitieren kann.

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