Sabine Barbisch

Klimapositiv in die Zukunft

Dezember 2022

Was es braucht, um das Potenzial der Kreisläufe in der Region zu nutzen, ist Gegenstand einer neuen Studie, in welche die Autoren Michael Braungart und Haixand Qian vor Kurzem einen ersten Einblick gewährten. 

Das sogenannte Cradle-to-cradle-Prinzip verfolgt den Ansatz, dass sämtliche Produkte so designt und produziert werden, dass sie vollständig wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden können; entweder durch Kompostieren auf biologischem Weg oder durch Recycling in einem technischen Verfahren. Der vielzitierte und kritisierte ökologische Fußabdruck solcher Produkte würde sich damit drastisch reduzieren lassen. Der deutsche Verfahrenstechniker und Chemiker Michael Braungart hat das Cradle-to-Cradle-Prinzip mit William McDonough entwickelt. Seit Jahrzehnten hilft Braungart Unternehmen und Kooperationspartnern, etwa der NASA, Lufthansa, Smart oder Nike, ihre Produkte frei von Giftstoffen herzustellen, damit sie nach ihrem Verschleiß oder ihrer Nutzung als Nährstoffe wieder in die Biosphäre oder in die Technosphäre zurückkehren. Vor Kurzem war Braungart mit seiner langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiterin Haixand Qian zu Gast in Vorarlberg. Anlass dafür war ein erster Einblick in jene Studie, die sie in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Vorarl­berg im Rahmen des Strategieprozesses Dis.Kurs Zukunft, Themenschwerpunkt „Nachhaltigkeit“, erarbeitet haben.

Braungart führte das Publikum der Studienpräsentation im designforum Dornbirn dabei an das Thema Kreislaufwirtschaft heran und erklärte, dass das Konzept anhand von Modellregionen mit Leben erfüllt werden soll: „Gerne wird von Klimaneutralität gesprochen, das geht aber nur, wenn wir nicht existieren, deshalb spreche ich von klimapositiv. Denn wir schützen nicht, wenn wir weniger zerstören. Viel wichtiger ist es, alles als Nährstoff zu verstehen, sprich, dass die Dinge nützlich sind.“ Haixand Qian berichtet wiederum von den vier Elementen, auf denen die Studie fußt: Der erste Teil umfasste die Recherche und Analyse der Wirtschaftslage in Vorarlberg; der zweite Teil eine große Umfrage unter Mitgliedern der Wirtschaftskammer Vor­arlberg; im dritten Teil fand eine Workshopreihe zum Thema statt; der vierte Teil enthält eine Zusammenfassung und Vorschläge mit Vision, Handlungsoptionen, Check-Liste und Roadmaps. Die finale Studie „Potenziale der Circular Economy und Cradle-to-Cradle in Vorarlberg“ wird Anfang 2023 für Interessierte online abrufbar sein. 

Erste Einblicke
Vorab wurden von Qian erste Einblicke in das Studienmaterial gewährt: So haben von den Umfrageteilnehmern 30 Prozent bereits vom Cradle-to-Cradle-Konzept gehört und 32 Prozent der Teilnehmer haben starkes Interesse an einer Weiterentwicklung im Bereich Circular Economy. Bei der Analyse zeigte sich laut Studienautorin Qian außerdem, dass führende Unternehmen in Vorarlberg bereits mit zirkulären Konzepten arbeiten. Auch Ideen für Pilotprojekte wurden bereits entwickelt, beispielsweise für eine Cradle-to-Cradle-Tankstelle und ein Innovationsnetzwerk „Circular Economy Vorarlberg.“ 
Für Wilfried Hopfner, den Präsidenten der Wirtschaftskammer Vor­arlberg, geht es bei diesem Prozess darum, den Wirtschaftsstandort zu stärken und weiterzuentwickeln, nachhaltige und positive Beispiele zu zeigen, denn er sei „persönlich überzeugt“, dass die Politik die Rahmenbedingungen schafft, aber es braucht uns alle, um unsere Welt in diese Zukunft zu begleiten. Wenn wir das Konzert in Berlin (siehe Video) als Beispiel nehmen, freue ich mich, wenn auch hier die Ideen sprießen werden. Also lasst uns nicht über Steine stolpern, sondern gemeinsam daran arbeiten – damit Vorarlberg eine Modellregion für die Kreislaufwirtschaft werden kann.“

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