J. Georg Friebe

Geboren 1963 in Mödling, aufgewachsen in Rankweil. Studium der Paläontologie und Geologie in Graz mit Dissertation über das Steirische Tertiärbecken. Seit 1993 Museumskurator an der Vorarlberger Naturschau bzw. der inatura Dornbirn.

(Foto: © J. Georg Friebe)

Rote Listen als Entscheidungshilfe

Februar 2015

Die inatura erstellt Verzeichnisse gefährdeter Tiere und Pflanzen.

Mit Unterzeichnung des internationalen „Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Bio-diversitätskonvention)“ hat sich Österreich verpflichtet, das bunte Nebeneinander unterschiedlichster Tier- und Pflanzenarten sowie deren Lebensräume zu schützen und zu bewahren. Manches, was hierzulande kreucht und fleucht, ist alltäglich. Andere Arten sind absolute Seltenheiten, und jeder Naturliebhaber freut sich, wenn er sie jemals zu Gesicht bekommt. Ihnen gilt das vorrangige Augenmerk des Naturschutzes. Doch wie soll man in der schier unüberschaubaren Vielfalt den Überblick bewahren? Antwort geben die Roten Listen.

Die Idee, gefährdete Tierarten zu benennen, wurde Anfang der 1960er-Jahre geboren. Das erste „Red Data Book“ aus dem Jahr 1962 enthielt detaillierte Beschreibungen von 211 Säugetier- und 312 Vogelarten. Bereits in der zweiten Version von 1966 hatte sich die Zahl der weltweit gefährdeten Säugetiere verdoppelt, die der Vögel gar verdreifacht. Bald war klar, dass diese Listen der Weltnaturschutzunion IUCN nur einen groben Überblick geben können. Nationale Roten Listen wurden erstellt, um auf die regionalen Gegebenheiten und landschaftlichen Besonderheiten Rücksicht nehmen zu können. Anfang der 1980er-Jahre erschien die erste gesamtösterreichische Einstufung gefährdeter Tiere. Seither werden die bundesweiten Roten Listen laufend fortgeschrieben und aktualisiert.

Doch Naturschutz ist Ländersache. Und auch die Landschaften Österreichs sind vielfältig und schwer vergleichbar. Tiere, die in den Gebirgshöhen der Silvretta leben, wird man auf den Hügeln des Leithagebirges vergeblich suchen. Steppenbewohner, die an den Ufern des Neusiedlersees zuhause sind, lassen sich am Bodensee allenfalls als Irrgäste beobachten. Will man ein brauchbares Instrumentarium, das den Naturschutzabteilungen eines jeden Bundeslandes die Arbeit erleichtert, so muss man noch tiefer ins Detail gehen.

Vorarlberg gilt als Musterschüler der Gefährdungsdokumentation. Anders als in anderen Bundesländern ist im Ländle die Erstellung und Evaluierung von Roten Listen im Naturschutzgesetz vorgeschrieben. Mit dieser Aufgabe betraut wurde das Naturmuseum des Landes, die inatura Erlebnis Naturschau in Dornbirn. Dies ist eine verantwortungsvolle, aber auch eine langwierige Aufgabe. Es genügt nicht, die aktuelle Verbreitung und Häufigkeit jeder Tier- und Pflanzenart zu erheben. Erst im Vergleich mit historischen Daten lassen sich langfristige Entwicklungen aufzeigen. Die langsamen und vielfach kaum bemerkten Veränderungen aber sind ein wichtiges Kriterium für die Gefährdungseinstufung nach internationalen Standards: Eine Population, die zwar klein, aber seit Jahrzehnten stabil ist, wird anders betrachtet als eine Tierart, die einst weit verbreitet war, inzwischen aber auf kleine Restbestände zurückgegangen ist.

Acht Bände hat die inatura in den letzten Jahren in der Reihe „Rote Listen Vorarlbergs“ veröffentlicht. Welche Tier- und Pflanzengruppen vorrangig studiert werden, hängt nicht zuletzt von der Verfügbarkeit der Bearbeiter ab. Für die Schmetterlinge wurde mit Peter Huemer einer der führenden Experten im Alpenraum für diese Aufgabe gewonnen. Er konnte auf einen reichen Fundus historischer Daten zurückgreifen. Florian Glaser hingegen hatte bei den Ameisen kaum Grundlagen, auf denen er aufbauen konnte. Auch Dietmar Jäger musste sich die Basisdaten selbst erarbeiten: Seit Jahren beobachtet er die Pflanzen in Vorarlbergs Gewässern und dokumentiert deren Veränderungen.

Der neunte Band von Alois Ortner und Kurt Lechner über die Heuschrecken ist vor Kurzem erschienen. Auch er zeigt gefährdete Arten und berichtet gleichzeitig über erfreuliche Wiederfunde und Neuentdeckungen. Keinesfalls aber ist er ein „erhobener Zeigefinger“, sondern eine weitere Entscheidungsgrundlage für den Naturschutz.

Mehr über die „Roten Listen Vorarlbergs“
erfahren Sie unter
www.inatura.at/Rote-Listen.7598.0.html

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.