
Naturjuwel Verwall: Erlebnis, Schutz und Verantwortung
Ein neuer Naturraum macht die Besonderheiten des Europaschutzgebiets Verwall erlebbar – und zeigt, warum Rücksicht im Gebirge so wichtig ist.
Mitten im Montafon, in Partenen, hat diesen Sommer der Naturraum.Verwall eröffnet. Er ist weit mehr als nur eine Ausstellung – er ist ein Tor zu einer einzigartigen Gebirgswelt und ein Mahnmal für den sorgsamen Umgang mit der Natur. „Uns geht es nicht darum, mehr Leute in die Gebiete zu locken. Vielmehr wollen wir den Besuchenden zeigen, welche wertvollen Naturschätze wir hier haben – und warum es so wichtig ist, diese zu bewahren“, betont Christian Kuehs, Regionsmanager für die Natura 2000-Gebiete im Montafon und Klostertal. Dessen Verein, Naturschutzverein Verwall-Klostertaler Bergwälder, hat die Aufgabe, den guten Zustand der in den Gebieten geschützten Arten und Lebensräume zu sichern beziehungsweise – wenn möglich – auch zu verbessern. Das Europaschutzgebiet Verwall besticht dabei allein schon wegen seiner Größe. Auf 120 Quadratkilometern beherbergt es vom Gebirgsbach der Talsohle bis zu den schroffen Gipfeln weit oberhalb der Waldgrenze eine Fülle an Lebensräumen für Steinadler, Auerhuhn, Steinbock und andere Wildtiere. „Gerade in einem so dicht besiedelten Bundesland sind solche Rückzugsräume von unschätzbarem Wert“, erklärt Kuehs. In Absprache mit Gemeinden, Grundeigentümern und Bewirtschaftern koordiniert sein Team seit 2013 Maßnahmen, die diesen Zustand sichern – von der Pflege artenreicher Magerwiesen bis zur Besucherlenkung sind alle möglichen Aufgaben abgedeckt. Leicht ist diese Arbeit nicht. Landwirtschaft, Tourismus und Freizeitinteressen treffen hier aufeinander. „Wir wollen vorrangig Verständnis schaffen“, sagt Kuehs. Besonders beim immer beliebteren Bergsport sei Fingerspitzengefühl gefragt. Das Projekt Naturverträglicher Bergsport und nun der Naturraum.Verwall sollen helfen, genau dieses Bewusstsein zu fördern. „Denn nur, was man kennt, schützt man auch.“
Erlebnis mit Tiefgang
Wer den Naturraum besucht, begibt sich auf eine Reise durch die Lebensräume des Verwall. Herzstück ist ein interaktives Landschaftsmodell, das spielerisch Wissen vermittelt – von der Entstehung der Moore bis zur Vielfalt der Gesteine. Künstlerin Ina Hsu hat dazu detailreiche Lebensraumbilder geschaffen, die wie Wimmelbilder zum Entdecken einladen. Für Kinder führen die Schutzgebiets-Maskottchen Frieda das Schneehuhn und Kauzi der Sperlingskauz durch die Ausstellung. Ein besonderes Highlight: Ein stiller Raum mit Panoramablick ins Schutzgebiet Schuttfluren Tafamunt. Auf einer Bank oder auf dem Teppichboden sitzend, während im Hintergrund Geschichten über die Beziehung zwischen Mensch und Natur erklingen, wird klar: Naturschutz beginnt im Kopf – und im Herzen. Ganz selbstverständlich kann der Naturraum.Verwall täglich von sieben bis 22 Uhr kostenlos besucht werden. Das Montafon bewirbt das Verwall längst als touristischen Erlebnisraum. Doch der steigende Zulauf bringt auch Herausforderungen. „E-Bikes, neue Skitourenausrüstung oder Drohnenflüge erleichtern den Zugang in bisher ungestörte Gebiete. Hier gilt es, genau hinzuschauen, wo Rückzugsräume bleiben müssen“, folgert Kuehs. Der Naturraum solle sensibilisieren, nicht belehren. Der Naturraum.Verwall möchte diese Lebens- und Rückzugsräume vor den Vorhang holen und ein Bewusstsein für die Sensibilität dieser Lebensgemeinschaften schaffen. So appelliert Christian Kuehs auch an die Wanderer: „Genießt die Natur – aber bitte mit offenen Augen. Startet mit einer durchdachten Tourenplanung, haltet Abstand zu Tieren und nehmt mitgebrachte Dinge – ja, auch das Taschentuch – wieder mit ins Tal.“
Positive Resonanz im Tal
Dass der Naturraum nicht nur Gäste, sondern auch Einheimische begeistert, zeigt die positive Resonanz seit der Eröffnung im Juni. „Viele waren erstaunt, was aus dem alten Tourismusbüro in Partenen entstanden ist“, freut sich Kuehs. Nach der ursprünglichen Idee der Gemeinde Gaschurn, ist in gemeinsamer Arbeit ein lebendiges Zentrum für Naturvermittlung entstanden. Es gibt Führungen, etwa ins Moorgebiet Wiegensee mit Naturführerinnen aus der Region, die begleitend zur Ausstellung stattfinden. Gleichzeitig wurde eine kleine Ortschaft wie Partenen mit einem weiteren touristischen Angebot gestärkt. Stillstehen will man nicht: Mehr Schulklassen sollen die Ausstellung besuchen, die beliebten Inatura Vielfaltertage – freiwillige Einsätze für Naturschutzmaßnahmen – sollen wachsen, und Betriebe könnten künftig gemeinsame Tage in der Natur erleben. „Gibt es ein besseres Teambuilding, als gemeinsam draußen für den Erhalt unserer Natur anzupacken?“, fragt Kuehs lachend.
Naturraum.Verwall
Infos auf einen Blick:
www.naturvielfalt.at/naturraum-verwall
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