„Bodaschö“ & „sauguat“
Anmerkungen zu zwei Besonderheiten des Dialekts.
In Vorarlberg werden wie in anderen Gebieten mit alemannischen Dialekten Wortbedeutungen durch ein vorangestelltes „boda-“ verstärkt. So ist manches „bodaschö“, „bodatür“ oder „bodaguat“. Eine Erklärung für diese sprachliche Eigenheit, die im restlichen Österreich unbekannt ist, findet man selbst im digitalen Zeitalter nicht leicht. Deshalb seien ihr im Folgenden einige Bemerkungen gewidmet, die manchem aber vielleicht „bodaglich“ sind.
Als Ausgangspunkt bietet sich das gängige Begriffspaar „Grund und Boden“ an. Es bezeugt die ähnliche Bedeutung der beiden Wörter ebenso wie zum Beispiel die austauschbaren Bezeichnungen für die Erdäpfel: Mancherorts erntet man sie als Grundbirnen, anderenorts als Bodenbirnen. Voraussetzung dafür ist, dass die Grundbesitzer über geeignete Böden verfügen.
Es ist nicht schwer zu erkennen: Das vorangestellte „boda-“ verstärkte die Bedeutung eines Wortes ursprünglich in gleicher Weise wie „grund-“ etwa in den Begriffen „grundgütig“ oder „grundehrlich“. Etwas, was mit „grund-“ oder „boden-“ in Verbindung gesetzt wurde, war als „grundsätzlich“ oder „grundlegend“ charakterisiert. Es galt „von Grund auf“, eben „durch und durch“. Daran erinnert zum Beispiel die Wendung „sich in Boda ine schäma“.
Im Vorarlbergischen drückt „boda-“ aber nicht mehr dasselbe aus wie das inhaltlich stärkere Bestimmungswort mit der Wortwurzel „Grund“. „Boda“ wurde hier – wie etwa auch im benachbarten Graubünden – schon bald auf die Bedeutung von „ziemlich“ abgeschwächt. Deshalb heißt „grundanständig“ nicht mehr dasselbe wie „bodaaständig“. „Grundverschieden“ ist nicht „bodaverschieda“, und unter „grundhässlich“ versteht man etwas anderes als „bodawüascht“. Der zutreffende Ausdruck für Ersteres lautet „sauwüascht“.
Die höchste Bedeutungssteigerung eines Wortes erfolgt in den Vorarlberger Dialekten also nicht mit Bezug auf den Boden, sondern unter Verweis auf das wenig vorbildhafte und selten ästhetische Treiben der Schweine, das sich in stark abwertendem Sinn auch in zahlreichen hochdeutschen Ausdrücken wie „versauen“, „Drecksau“, „Saubagage“, „unter aller Sau“, „das interessiert keine Sau“ und so weiter findet – alles nicht sehr positive Begriffe.
Wie konnte es unter diesen Voraussetzungen dazu kommen, dass beispielsweise das höchste Lob mit demselben Wort gebildet wird und „sau-guat“ lautet? Die in diesem Zusammenhang völlig gegensätzliche Bedeutung des Bestimmungsworts verweist darauf, dass einem mitunter „Sauglück“ zuteil werden kann, indem man beim Kartenspiel eine „Sau“ hat, also über die „Schella-Su“ oder ein anderes Ass als einen der höchsten Trümpfe verfügt. In diesem Sinn ist auch der erste Teil von Begriffen wie „sauschö“ oder „sauguat“ zu verstehen. Es gibt also bodenverschiedene Arten von Säuen.
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