Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

„Das Prinzip Hoffnung“ – nachhaltiger Weg aus der Krise

September 2020

Bertram Strolz, Pädagoge und Psychotherapeut, begleitet seit mehr als 30 Jahren Menschen in deren unterschiedlichsten Lebenswelten. Der Therapeut, Musiker und Kulturmanager gründete 2017 die Akademie für positive Psychologie.

Strolz über Strolz: „Mein Interesse an so vielem, was die menschliche Gemeinschaft ausmacht, und an den persönlichen Wachstumsfähigkeiten des Menschen ließen mich immer wieder neue Formen der Begleitung und neue Projekte entwickeln.“ Aus dieser Haltung ist „Das Prinzip Hoffnung“ entstanden, das Menschen (nicht nur) in Zeiten von CoVid-19 unterstützen soll.
Das Projekt wird unter anderem von der Universität St. Gallen wissenschaftlich begleitet und umfasst drei Phasen: eine Workshop-Phase mit zahlreichen „Hoffnungswerkstätten“ in Schulen und anderen Organisationen, die wissenschaftliche Begleitung durch Andreas Krafft und sein Team von der Universität – und zum Abschluss einen Kongress im Herbst 2021.

Burnout der Welt

Bertram Strolz‘ Arbeit in den vergangenen Monaten stand und steht vielfach im Zeichen der Covid-Krisenbewältigung. Dabei geht es nicht nur um die Krisenbewältigung seiner Klienten, sondern auch um die eigene. Er spricht von einer Zeit des Umbruchs: „Die Krise wirkt wie eine Lupe. Sie macht vieles transparent, das schon länger latent da ist. In meiner therapeutischen Arbeit erkenne ich einen hohen Grad an psychischer Erschöpfung bei den Menschen. Nachdem vor der Krise die Zeichen auf Vollgas gestanden sind, bewirkt die Vollbremsung einen Stillstand, ein „Burnout der Welt“.“ Und er ergänzt: „Wir sind als Gesellschaft aus der Phase eines hedonistischen Wachstums von 100 auf 0 in die Krise geschlittert.“
Er vergleicht das mit einem Urlaub, in dem Menschen nach vollen Arbeitstagen plötzlich nichts zu tun haben. Nach wenigen Tagen entsteht eine Art Orientierungslosigkeit und Unzufriedenheit. Auch ihm sei es so ergangen, da die tägliche Arbeit nicht mehr möglich und alles Geplante plötzlich ungewiss war. Das löste auch bei Strolz Unsicherheit, Sorge und Angst aus. 

Positive Effekte

Dass sie aber auch Positives gebracht hat, sieht er als evident: Solidarität, Nachbarschaftshilfe, Rücksichtnahme – all das war in Zeiten des Lockdowns zu spüren. Das subjektive Gefühl, dass diese positiven Effekte wieder vergehen, will Strolz aber nicht stehenlassen: „Menschen sind neurobiologisch so veranlagt, dass sie Gutes tun, füreinander da sein wollen. Diese meine Behauptung stützt sich unter anderem auf Forschungsergebnisse aus der Positiven Psychologie und salutogenetischen Konzepten (Anm.: Selbstheilungskonzepte).“ Die Gesellschaft als Ganzes sei fähig, aus Krisen wie diesen zu lernen. Dass das hohe Maß an Solidarität etwas nachlässt, sei dem Wiederhochfahren und der wieder zunehmenden Aktivität im neuen Lebensalltag geschuldet.

Die Suche nach Hilfe

Der Bedarf nach therapeutischer Unterstützung in Zeiten wie diesen ist groß. Das belegen die steigenden Zahlen der Klienten nicht nur in seiner Praxis. Menschen sind vielfach real konfrontiert mit Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und existenzieller Unsicherheit. Wenn dieses Gefühl in Ohnmacht und Hilflosigkeit übergeht, endet das in einer Abwärtsspirale mit depressiven Symptomen. Wenn sie nicht unterbrochen wird, sagt Strolz.

„Das Prinzip Hoffnung“

Und bietet gleichzeitig eine Lösung an: ein Projekt über 18 Monate mit dem Arbeitstitel „Das Prinzip Hoffnung“. Strolz möchte damit eine gesellschaftspolitische Intervention setzen, die die Hoffnung der Menschen nährt. Denn wenn jetzt keine Zuversicht da sei, kippe das Gefühl in Ohnmacht: Plötzlich entsteht ein Virus und hält die Welt an. Dafür habe die Evolution aber einen Weg eingeplant, der sich Hoffnung nennt. 
Auf die Frage nach der wissenschaftlichen Belegbarkeit antwortet Bertram Strolz: „Es gibt bereits heute viele Erkenntnisse zu ähnlichen Themen im Bereich der Hirnforschung: Das betrifft Themen wie Belohnsysteme, Motivation und Optimismus. Tatsache ist: Hoffnung ist kein zielgerichtetes Gefühl, es entsteht und entwickelt sich zu Zuversicht, dann zu optimistischer Haltung. Daraus ergeben sich Zielsetzungen mit entsprechenden Lösungsansätzen und Handlungen.“ 
Eines der Ziele des Gesamtprojektes ist es, der Wissenschaft brauchbare Daten zu liefern. Diese wird der Forscher und Sozialpsychologe Andreas Krafft von der Universität St. Gallen auswerten. Ein Instrument zur Messung des Hoffnungsgrades: das Hoffnungsbarometer.

Hoffnungsbarometer 

Dabei handelt es sich um ein Online-Tool, mit dem mit wenigen Fragen der Stand der Hoffnung festgestellt werden kann. Es wird seit 2009 im deutschsprachigen Raum, mittlerweile weltweit, eingesetzt. Dabei werden Menschen standardisiert befragt, was Hoffnung für sie ist. Daraus kann die Entwicklung von Hoffnung in Sozietäten und Gesellschaften abgeleitet werden. 
Österreich ist momentan noch ein weißer Fleck auf der „Hoffnungsbarometer-Landkarte“, was die Datenerhebung betrifft. Deshalb sucht Strolz für sein Projekt Medienpartner, die diese Aktion, geplant ist November 2020, verbreiten sollen. Ein weiterer Nutzen des Barometers und des Gesamtprojektes: das Thema Zuversicht ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Denn unser Gehirn richte sich nach der Fragestellung. Wenn wir also die Frage stellen, worauf wir unsere Hoffnung setzen, fördern wir sie gleichzeitig.

Hoffnungswerkstätten 

Der Kick-off des Projektes ist bereits am 21. August erfolgt. In einem ersten Workshop wurden potenzielle Multiplikatoren in das Thema eingeführt. In weiterer Folge finden im Herbst weitere Info-Veranstaltungen für Interessierte statt, die dann ihrerseits in Workshops in Schulen, mit Lehrlingen, aber auch in Organisationen wie bei den Pfadfindern das Thema Hoffnung mit unterschiedlichsten kreativen Zugängen bearbeiten. 
Die Hoffnungswerkstätten werden im Sommer 2021 abgeschlossen sein, die Ergebnisse in einem Kongress in Götzis im Oktober 2021 präsentiert. 
Vordergründiges Ziel des Projektes? Mitveranstalter Andreas Krafft: „Wir wollen Menschen, ausgehend von ihren eigenen Fähigkeiten und positiven Erlebnissen, befähigen, die Welt nachhaltig zu verändern und so ihren Beitrag zu einem großen Ganzen zu leisten.“ Interessierte – Unterrichtende, Ausbildner, Trainer sind eingeladen, sich zu melden.

„Wir sind als Gesellschaft aus der Phase eines hedonistischen Wachstums von 100 auf 0 in die Krise geschlittert.“

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