Angelika Schwarz

* 1975 in Feldkirch, ist Journalistin, studierte Germanistin und Anglistin, langjährige ORF-Redakteurin und -Moderatorin (Radio und Fernsehen). Angelika Schwarz arbeitet in der Unternehmenskommunikation der Landeskrankenhäuser Vorarlberg.

Hygiene im Dienst der Gesundheit

März 2021

Es war in der ersten Märzwoche vor genau einem Jahr: „Ich kann mich noch sehr gut an den ersten COVID-19 Fall in Vorarlberg erinnern“, sagt Hygienespezialist Hans Hirschmann. „Ich habe gerade an der FHS St. Gallen eine Vorlesung zum Thema Epidemiologie gehalten und die Nachricht am Handy erhalten, dass der Befund positiv ausgefallen ist und wir damit den ersten Fall im Land haben.“ Hans Hirschmann ist dann direkt von der Schweiz nach Hohen­ems gefahren, wo der „Vorarlberger Patient 0“ versorgt worden ist, um gemeinsam mit der dortigen Hygienefachkraft, Miriam Kalcher, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort zu unterstützen. Denn der Schutz des Personals sowie der Patientinnen und Patienten vor Infektionen steht ganz oben auf der beruflichen Prioritätenliste des Teams der Krankenhaushygiene.
Hans Hirschmann ist im Institut für Krankenhaushygiene und Infektionsvorsorge am LKH Feldkirch tätig. Standort­übergreifend arbeitet er mit weiteren neun Kolleginnen und Kollegen der fünf Häuser im Verbund der Landesspitäler zusammen. Die Aufgaben richten sich nach dem entsprechenden Bundesgesetz. Es geht um das Erkennen, Überwachen, Verhüten und Bekämpfen von Infektionen. Seit 2002 werden Untersuchungen zur Häufigkeit von Infektionen in Abteilungen oder bei Operationen auch mit internationalen Daten verglichen und die Hygienepläne an die neusten Erkenntnisse angepasst.

(An)gespanntes Warten 

Seit über zehn Jahren gibt es das Institut bereits, die Arbeiten der acht Hygienefachkräfte und des zweiköpfigen Ärzteteams spielen sich normalerweise eher im Hintergrund ab. Seit einem Jahr ist alles anders. Das neuartige Coronavirus hat auch das Thema „Krankenhaushygiene“ ins mediale Rampenlicht gerückt. „Irgendwie war es ein gespanntes Warten auf den ersten Fall. Denn dass er kommen wird, war klar“, erinnert sich Hans Hirschmann. „Und es war auch klar, dass wir all die Vorbereitungen nicht umsonst gemacht haben und uns dieses Thema ganz massiv beschäftigen würde. Dass es so heftig kommt – Lockdown, viele Erkrankte, Todesfälle, lange Dauer, Auswirkungen abseits des Gesundheitswesens, Arbeitslosigkeit – mit dieser Dimension hatten wir nicht gerechnet.“
Am Institut für Krankenhaushygiene hat das Team bereits Anfang Jänner 2020 damit begonnen, sich mit dem neuartigen Erreger auseinanderzusetzen. Oberärztin und Institutsleiterin Gabriele Hartmann erklärt, dass die Coronaviren eine große Gruppe von meist tierischen Krankheitserregern darstellen. Die ersten menschlichen Erkrankungen wurden 1960 beschrieben. „Diese Infektionen zählen zu den Zoonosen. Das neue Coronavirus hat sich also in Säugetieren durch Mutationen an den Menschen und seine Zellen angepasst. So können diese Viren dann auch wirkungsvoll Menschen infizieren.“ Bereits 2002 (Sars Coronavirus) und 2012 (MERS Coronavirus) waren zwei Coronaviren schuld an größeren Ausbrüchen, eine Pandemie haben sie jedoch nicht verursacht.

Schutzausrüstung auf bewährter Basis

Der wichtigste Übertragungsweg von SARS-CoV-2 ist bekanntermaßen die Tröpfcheninfektion über Husten, Niesen und Sprechen. Virushaltige Tröpfchen gelangen auf die Schleimhäute der Nase, des Mundes und der Augen. Händehygiene sowie das Tragen von Masken wird in den Spitälern ohnehin schon lange praktiziert. „Im Jänner, als die ersten internationalen Meldungen zu COVID-19 kamen, haben wir damit begonnen, unsere Notfallpläne und Ausrüstung zu adaptieren, um vorbereitet zu sein“, sagt der stellvertretende Institutsleiter Hirschmann. Bis heute wird die Schutzausrüstung in den Spitälern ständig dem neuen Wissen angepasst, die Mitarbeitenden erhalten Schulungen. „Unsere Erfahrung sowie jene Maßnahmen, die generell vor Tröpfcheninfektionen schützen, sind aber nach wie vor die Basis“, betont die Hygienefachkraft. 
Mittlerweile liegt den Mitarbeitenden die 15. überarbeitete Version im Intranet vor. Neu ist etwa der generelle Einsatz von FFP- und KN95-Atemschutzmasken ohne Ausatemventil. Diese Art der Masken war zuvor eher auf Baustellen anzutreffen – zum Schutz vor Staub – und weniger in den Spitälern. Bei enger Zusammenarbeit ist für die Mitarbeitenden zusätzlich das Tragen von Schutzbrillen vorgesehen. Das Tückische am Übertragungsweg des Virus ist unter anderem, dass die Träger bereits zwei, drei Tage vor Beginn der Symptome große Mengen an Viren ausscheiden können. „Der Betroffene merkt gar nicht, dass er krank und ansteckend ist“, betont Gabriele Hartmann. „Der Höhepunkt des Übertragungsrisikos ist dann bei Ausbruch der Krankheit. Nach acht bis neun Tagen ist man kaum mehr ansteckend.“ 
Um Personal und Kranke im Spital möglichst gut vor einer Ansteckung zu schützen, ist eine Zutrittsbeschränkung bzw. ein Besuchsverbot unumgänglich. Für die Mitarbeitenden sind zudem Isolierbereiche eingeführt und Trennwände aus Plexiglas aufgestellt worden, die unter anderem ganze Speisesäle in Räume mit einzelnen Ess-Kojen verwandelt haben. Ansonsten gilt wie überall auch im Krankenhaus: zwei Meter Abstand halten und Händedesinfektion. Bei letzterem empfehlen die Experten, Mittel aus hochprozentigem Alkohol zu verwenden: „Für tatsächlichen Schutz braucht es 70-prozentigen Industriealkohol oder 80-prozentigen Trinkalkohol. Desinfektionsmittel mit Chlorbestandteilen haben lediglich homöopathische Wirkung.“

Gekommen, um zu bleiben

Am 7. Jänner 2021 haben an den Vor­arlberger Spitälern die ersten Impfaktionen begonnen. „Das Angebot ist gut angenommen worden“, ist Hans Hirschmann zuversichtlich. „Wir brauchen die Impfung jetzt, damit wir den Ausgang aus dieser Pandemie finden.“ Und Gabriele Hartmann ergänzt: „Wir werden Impfungen höchstwahrscheinlich auffrischen müssen, denn SARS-CoV2 verändert sich wie auch andere Viren im Laufe der Zeit durch Mutationen. Vermutlich muss die Impfung aber nicht jährlich aufgefrischt werden, da SARS-Cov2 nicht so eine hohe Mutationsrate zeigt wie etwa die Influenza-Viren.“ Einig sind sich die beiden Experten darüber, dass wir das Virus nicht so schnell wieder loswerden. Im Gegenteil: „Das Virus wird wohl bleiben. Aber wir werden lernen, damit umzugehen.“

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