Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

Nationalcoach – wer kann das von sich sagen?

November 2020

Dietmar „Didi“ Kupnik kann es. Er ist Torwarttrainer der Liechtensteiner Nationalmannschaft mit Leib und Seele.
Und das schon seit einer gefühlten Ewigkeit.

Wenn du gefragt wirst, ob du Tormanntrainer einer Nationalmannschaft werden willst, darfst du nicht lange überlegen“, erinnert sich Dietmar Kupnik an seine Anfänge im Liechtensteiner Nationalteam 2004. Seither sind 126 Spiele ins Land gezogen. „Und ein Ende ist nicht abzusehen“, berichtet Kupnik.

Rheindorf Altach, FC Götzis, RW Rankweil

Doch wie ist der gebürtige Altacher zu dieser ehrenvollen Aufgabe gekommen? Geboren 1965, zerriss der junge Didi seine ersten Schuhe für den damaligen Amateurklub Rheindorf Altach. Noch war weit und breit nichts zu sehen vom kleinen Stadion-Schmuckstück an der Autobahn. Nein, vielmehr kämpften die Teams auf einem mehr oder minder gut bespielbaren Acker um Punkte.
Kupnik schnupperte mit 17 Jahren in der Kampfmannschaft von Rheindorf Altach Vorarlbergliga-Luft und wechselte mit 20 in die Nachbargemeinde Götzis zum FC. Hier zeigte er über viele Jahre solide Leistungen, bis er mit 30 Jahren die berühmten Schuhe an den Nagel hängen wollte. Die Gründe: Hochzeit, Hausbau, Kinder. 
Aber wie das Leben so spielt, flatterten genau jetzt spannende Angebote ins Haus: Unter anderem zeigten sich der FC Lustenau und RW Rankweil interessiert. Kupnik sagte Rankweil zu. Hier lernte er den Mitspieler René Pauritsch besser kennen, der ihn später nach Eschen lotste. Nach Anfrage von Elmar Morscher übernahm Kupnik dann das Torwarttraining bei Rankweil, zwei Jahren später ereilte ihn der Ruf von René Pauritsch, beim USV Eschen die Torleute auf Vordermann zu bringen. Damit war Kupnik in Liechtenstein aufgeschlagen.

Nationalteam seit 2004

2003 fragte der Liechtensteiner Fußballverband bei Kupnik an, ob er nicht Torwarttrainer des Nationalteams werden wolle. Er absolvierte in der Schweiz die Trainerausbildung und war fortan bereit für höhere Weihen. Sein erster Chefcoach: Martin Andermatt, ehemaliger Schweizer Nationalspieler, später Trainer bei SSV Ulm, Eintracht Frankfurt, FC Vaduz uva. Für Kupnik gab es bei dieser Anfrage kein Zögern: „So ein Angebot bekommst du nur einmal“, so sein Credo. Seit dieser Zeit übt er seine Trainertätigkeit neben dem Verein USV Eschen auch in der Nationalmannschaft aus. Bis heute. Und das sind 16 Jahre mit 126 Spielen.
Über mangelnde Arbeit kann er sich nicht beklagen. „Mein Wochenpensum ist ziemlich dicht“, sagt Kupnik. In Eschen trainiert er zweimal pro Woche und ist – so es sich ausgeht – auch bei den Matches mit dabei. Im Verband ist er zum einen für den Nachwuchs verantwortlich, zum anderen für die Nationalmannschaft. „Meine Aufgabe: dafür zu sorgen, dass bei den Jugendlichen gute Torhüter aus der Ausbildung kommen, die später auch für Liechtenstein spielen können“, erzählt er. Stichwort Staatsbürgerschaft.

Training und Videostudium

Jede Einheit, die er betreut, dauert circa drei Stunden. Mindestens: 90 Minuten Training, Vor-und Nachbereitung und was es sonst noch so gibt. Videostudium? Natürlich. „In Liechtenstein wird sehr professionell gearbeitet. Unser technisches Equipment ist topmodern, auch die Software für die Trainingserfassung ist vom Feinsten.“ Denn auch das zählt zu seinen Aufgaben: die Dokumentation des Trainings. Es komme immer wieder vor, dass Eltern im halbjährlichen Gespräch nicht einsehen wollen, dass ihr Schützling nicht dauernd spielt. Und dann dokumentiert Kupnik die Fortschritte des hoffnungsvollen Talents. Oder eben auch dessen Rückschritte.

2:2 gegen Portugal

Mit den Großen verbinden ihn viele emotionale Momente. Eines der Highlights: als das portugiesische Team mit seinen Top-Stars Cristiano Ronaldo, Deko und Trainer Felipe Scolari nach einer 2:0-Fürung im Stadion in Vaduz noch das 2:2 hinnehmen musste. An diesen Moment erinnert sich Kupnik besonders gern: „Wir waren zur Halbzeit 2:0 hinten, in der Pause gab Trainer Andermatt die Devise aus: Die ersten zehn Minuten anpressen, wenn kein Tor gelingt, Rückzug.“ Und tatsächlich, nach wenigen Minuten fiel das 2:1, 20 Minuten vor Schluss sogar das 2:2, der Rest ist Geschichte. Damals standen im Team der Liechtensteiner noch 13 Profis, heute sind es noch deren sieben, was die Aufgabe in der laufenden Nations League auch nicht einfacher mache.

Corona-Wahnsinn

Überhaupt sei die momentane Situation keine einfache, meint der Coach nachdenklich. Und meint damit nicht nur die schönste Nebensache der Welt, sondern geht auf die Corona-Pandemie ein, die auch vor König Fußball nicht Halt macht. Die größten Schwierigkeiten seien die unterschiedlichen Bestimmungen in den einzelnen Ländern. Und er erzählt: „Vor dem Spiel in San Marino am 8. September diesen Jahres war lange unklar, ob wir überhaupt spielen können. Die Lösung: Wir mussten nach Rimini ausweichen, nahmen dort Quartier und spielten das Spiel in einem leeren Stadion.“ Das wurde dann aber mit 2:0 gewonnen.
Grundsätzlich gibt es vor jedem Spiel einen Corona-Test für den gesamten Tross, das sind in Liechtenstein etwa 40 Personen inklusive Staff, so auch vor dem Freundschaftsspiel in Luxemburg am 7. Oktober. Das Ergebnis: 2:1 für Liechtenstein. Danach ging es nach Hause, wo mit Gibraltar schon der nächste Gegner am 10. Oktober wartete. Wieder war ein Test angesagt, das Spiel ging mit 1:0 verloren. Am Dienstag, den 13. Oktober kam San Marino nach Vaduz, der nächste Test folgte auf dem Fuß, das Match endete 0:0.
Die Ergebnisse der Tests lagen nach sechs Stunden vor, trotzdem sei die Situation für alle ungut. Warum? „Du weißt nie, ob du positiv bist. Wenn nein, Glück gehabt. Wenn ja, ab in die Quarantäne.“
Das ist das eine. Das andere: „Wir spielen praktisch vor leeren Rängen. Das ist keine Fußballatmosphäre. Die Zuschauer gehören einfach dazu“, ist Kupnik überzeugt. Und ortet noch andere Probleme: „Der Spielrhythmus der Spieler ist völlig durcheinander: Die Profis hatten überhaupt keine Pause, die Amateure hingegen eine viel zu lange.“ Und das merke man auch an muskulären Verletzungen und Verhärtungen in den Fußballerwadeln. „Aber es muss weitergehen“, ist Kupnik überzeugt. Und: „Wir müssen lernen, damit zu leben.“ Denn ein Leben ohne Fußball kann und will sich der Coach nicht vorstellen.

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