Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

Schulschließung? Nur als allerletzte Möglichkeit!

Dezember 2020

Ab 3. November wurden alle Schulen für die Oberstufen, ab 17. für alle anderen geschlossen, obwohl im Vorfeld von anderen Szenarien die Rede war. Überfallsartig, wie manche meinen, widersprüchlich, wie es andere empfinden. Wir haben uns mit Direktor Gebhard Hinteregger von den Schulen Riedenburg über „Schule in Corona-Zeiten“ unterhalten.

Herr Direktor Hinteregger, auch Sie sind als Schule von den Schließungen betroffen. Für wie notwendig halten Sie diese Maßnahmen? 

Schulschließungen sind dann nötig, wenn sich aufgrund einer gesundheitlichen Gefährdung die dringende Notwendigkeit ergibt. Die Frage, die wir uns aber stellen müssen: War die Entscheidung wirklich so evidenzbasiert, dass man Schulen komplett schließen musste? Wir hatten in den Schulen Riedenburg vielmehr in Richtung Schichtbetrieb nachgedacht. In diesem Zusammenhang ergibt sich für mich außerdem die Frage: Welche Klassen dürfen wir keinesfalls aus den Augen verlieren? Das sind bei uns vor allem die 1., 5. Klassen, der I. Jahrgang als Einsteiger und natürlich die Maturaklassen als Abschlussklassen.

Was war die Idee der Schulen Riedenburg, um eine komplette Schulschließung zu vermeiden? 

In unserem Konzept haben wir eine gestaffelte Anreise, einen eigenen Stundenplan und gesonderte Räume für die Maturaklassen vorgesehen. Das Konzept wurde vor den Herbstferien eingereicht und von der Bildungsdirektion gutgeheißen. Wir waren optimistisch, dies umsetzen zu können, zumal wir davon ausgegangen sind, dass die Schulen gelb bleiben. Am Samstag, den 31. Oktober erreichte uns dann die Nachricht, dass die Schulen auf Orange umgestellt würden und damit geschlossen werden müssen. Das war eine Entscheidung, die die Bildungsdirektion und uns überrascht hat.

Wenn diese Entscheidung überraschend kam: Inwiefern haben die Bildungsdirektion und Schulleiter die Möglichkeit, solche Entscheidungen zu beeinflussen? Es gibt ja so etwas wie Schulautonomie.

Unsere Meinung wird auf der Ebene der Bildungsdirektion sehr wohl gehört. Außerdem werden wir durch den Vorarlberger Direktorenvertreter Markus Germann (BG Dornbirn) frühzeitig und ausreichend informiert. In die Entscheidungsfindung werden wir aber nicht einbezogen, was meiner Meinung nach wichtig wäre, da es an den einzelnen Standorten unterschiedliche Profile und Bedürfnisse gibt, die oft nur dort gelöst werden können. Warum sollte beispielsweise neben dem fachpraktischen Unterricht in Kleingruppen in den Abschlussklassen nicht auch theoretischer Unterricht erfolgen können?

Sie stehen sozusagen an vorderster Front, wenn es um die Befindlichkeit von Schülern, Eltern, aber auch von Lehrpersonen geht. Wie waren die Reaktionen der Eltern an Ihrer Schule auf den Fernunterricht?

Sie waren in hohem Maße von Verständnis geprägt. Wichtig waren meines Erachtens die Geschwindigkeit und die Art, wie wir die Schließung kommuniziert haben. So hatten alle Betroffenen wenigstens 36 Stunden, um sich auf die neue Situation einzustellen. Unser Krisenteam hat sich am Samstagabend, 14.11., virtuell getroffen, um die notwendigen Maßnahmen zu koordinieren und in die Wege zu leiten, vor allem was das Internat und die Nachmittagsbetreuung betrifft. Am Montagmorgen war klar, was bis 9.12. passieren sollte. So konnten die Klassenvorständen und Lehrenden den Tag noch nützen, um die Schüler auf die besondere Situation vorzubereiten.

Wenn wir von Betroffenen sprechen, so wird oft darauf vergessen, die Schüler zu Wort kommen zu lassen. Wie nehmen Sie deren Lage wahr?

In Gesprächen spüre ich bei manchen Zukunftsängste, dass sie nicht gut genug auf das Kommende – Matura und Studium – vorbereitet werden. Auch, dass ihre Matura mitunter als „Schmalspurmatura“ bezeichnet wird. Dem muss ich ganz klar widersprechen: Die Matura ist ja standardisiert, sodass auch im kommenden Termin wieder dieselben Kompetenzen abgefragt werden wie bisher. Dazu kommt die erschwerte Situation, die diesem Jahrgang einen besonderen Stellenwert verleiht. Daher ist es wichtig, dass wir auf die Sorgen und Ängste unserer Schüler eingehen und jeden Einzelnen dort abholen, wo er steht. Wir Lehrer sind jetzt eben als Pädagogen und Menschen gefragt. Wichtig wird sein, sie mit einer gewissen Gelassenheit auszustatten. Und von Seiten der Behörde muss man überlegen, wo es Möglichkeiten gibt, dieser Situation Rechnung zu tragen, zum Beispiel im Notenschlüssel oder ähnliches.

Offensichtlich ist in der Kommunikation zwischen Behörden und Schulen nicht immer alles optimal gelaufen. Wo sehen Sie das Potenzial für einen reibungsloseren Ablauf?

Eine Möglichkeit wäre vielleicht, verschiedene Szenarien frühzeitig in der Hinterhand zu haben und diese auch zu kommunizieren und sich mit Eltern und Schüler auszutauschen. Fernunterricht kann nur eine letzte Notlösung sein. Denn die Einhaltung der Grundregeln – Abstand, Maske, Hygiene, Lüften – können wir als Schule auch leisten. Das beweisen die vergleichsweise geringen Fallzahlen. Ein viel größeres Problem sind Lockangebote in den Geschäften, wie am Samstag vor dem Lockdown passiert. Eine weitere Möglichkeit: Vielleicht sollten im Krisenstab des Ministeriums auch Direktoren als Praktiker vor Ort involviert sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

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