Peter Freiberger

Vorarlberg – ein Land unter Waffen

Februar 2015

In Vorarlberg waren Ende vergangenen Jahres 22.115 Schusswaffen registriert. Dazu kommt noch eine Dunkelziffer illegaler Waffen. Selbst Pumpguns kursieren noch im Land.

Schusswaffen werden nach dem Waffengesetz eingeteilt in die Kategorien A bis D. Zur Kategorie A gehören verbotene Waffen wie etwa die gefürchteten Pumpguns. Die sind seit 1995 nicht mehr erlaubt – mit Ausnahme des vorhandenen Altbestands. Und der ist nicht unerheblich: Allein die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat aktuell 106 Waffen der Kategorie A registriert – überwiegend Pumpguns. Die Kategorie B fasst die klassischen Faustfeuerwaffen – zum Beispiel Pistolen und Revolver – zusammen. Wer eine solche Waffe besitzen will, benötigt eine Waffenbesitzkarte, wer sie zudem mit sich führen möchte, muss um einen Waffenpass ansuchen.

„Wir prüfen dann unter anderem die Verlässlichkeit des Antragstellers“, sagt Lukas Visintainer von der BH Feldkirch. Der muss unter anderem in der Lage sein, sachgemäß mit der Waffe umzugehen, darf nicht alkohol- oder suchtkrank sein, keine einschlägigen strafrechtlichen Verurteilungen aufweisen und hat außerdem den Wunsch nach Besitz der Waffe zu rechtfertigen.Für die Ausstellung eines Waffenpasses muss der Antragsteller zudem einen Bedarf angeben. „Die Person hat glaubhaft zu machen, dass sie besonderen Gefahren ausgesetzt ist“, sagt Visintainer. Diese Vorgabe können in Vorarlberg freilich nur wenige erfüllen.

5013 Waffenbesitzkarten, 1488 Waffenpässe

Die aktuellen Zahlen der gültigen Waffenpässe und Waffenbesitzkarten scheinen auf den ersten Blick dennoch exorbitant hoch. 5013 Vorarlberger verfügen über eine Waffenbesitzkarte, 1488 über einen Waffenpass (Stichtag 1. Jänner 2015). Allerdings – in diesen Zahlen sind auch die Sportschützen im Land inbegriffen. In Abständen von fünf Jahren überprüft die Behörde die Verlässlichkeit der Berechtigungsinhaber. „Ein Entzug der Waffenbesitzkarte bzw. des Waffenpasses hängt meist mit unsachgemäßer Verwahrung zusammen“, weiß Lukas Visintainer. Wer seine Waffe beispielsweise unter dem Bett versteckt oder im Kasten verwahrt, an dem der Schlüssel steckt, gilt nicht mehr als verlässlich. Die Fälle von Entzügen halten sich aber sehr in Grenzen. Sie dürften unter der 10-Prozent-Marke liegen.

Die klassischen Jagdwaffen fallen in die Kategorie C. Jäger benötigen für deren Besitz keine spezielle Berechtigung, diese Schusswaffen müssen lediglich im Zentralen Waffenregister (ZWR) registriert sein. Dasselbe gilt für Schusswaffen der Kategorie D – Schusswaffen mit glattem Lauf. 22.115 registrierte Schusswaffen gibt es aktuell im kleinen Vorarlberg – nicht wenigen zieht es bei dieser Zahl vermutlich eine Gänsehaut auf. Damit liegt Vorarlberg jedoch an letzter Stelle unter allen österreichischen Bundesländern. Selbst im Burgenland, das weniger Einwohner hat als das Ländle, zählt man rund doppelt so viele im ZWR vermerkte Schusswaffen wie bei uns.

Begrenzter Schwarzmarkt für Waffen

Dass die Vorarlberger ihre Waffen größtenteils „einwandfrei“ verwahren, bestätigt Chefinspektor Norbert Schwendinger, Leiter des Ermittlungsbereichs Leib-Leben im Landeskriminalamt. Aus seiner Sicht reichen die im Waffengesetz vorgesehenen Kontrollen aus, um Missbrauch zu vermeiden. Seine Begründung: „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir mit den legal im Umlauf befindlichen Schusswaffen keine Probleme haben. Das Problem stellen vielmehr die illegalen Waffen dar.“Für die scheint es in Vorarlberg einen – wenngleich begrenzten – Schwarzmarkt zu geben. „Wir erhalten gelegentlich Hinweise, dass Waffen illegal verkauft werden“, sagt Schwendinger. Der überwiegende Teil der illegalen Schusswaffen bei uns kommt allerdings aus dem Ausland. Fallweise stammen sie aus Einbrüchen. Die Waffen werden dann entweder für weitere Straftaten verwendet oder eben verkauft.

„In den vergangenen fünf Jahren ereigneten sich in Vorarlberg vier zum Teil äußerst brutale Straftaten bzw. Vorfälle, bei denen Schusswaffen im Spiel waren“, erinnert sich Schwendinger:

  • Unfassbar rücksichtslos agierten die Täter bei einem Tankstellenüberfall in Lustenau im Juli 2010. Einer der fünf Räuber schoss einen zufällig in der Tankstelle anwesenden Mann mit einem Revolver kaltblütig nieder. Das Opfer leidet noch heute an den Folgen der Tat. Die Polizei konnte die Täter – vier Serben und einen Rumänen – schließlich fassen.
  • Mit Schüssen endete – wiederum in Lustenau im Jahr 2010 – eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Gruppen in einer Table-Dance-Bar. Als zwei Männer fluchtartig das Lokal verließen, schoss ein Verfolger mehrfach mit einer Pistole auf die beiden. Die Folge: ein Schwerverletzter. Die Flucht des Schützen endete mit seiner Festnahme in der Schweiz.
  • Ein brutaler Mord ereignete sich 2010 im Bregenzerwald. Weil ein Vater vor dem Haus seiner Tochter einen „Verehrer“ entdeckte, entführte er – zusammen mit seinem Sohn – den Mann und streckte ihn in einem Wald im Bereich des Hochhäderichs mit einem Kopfschuss aus einem Revolver nieder. Der Täter erhielt lebenslange Haft.
  • Relativ glimpflich ging hingegen im Oktober vergangenen Jahres ein Vorfall mit einer Pistole in Bregenz aus. In einer Wohnung hantierte eine Frau mit der Waffe und schoss sich dabei – offenbar versehentlich – selbst in den Kopf. Die Frau erlitt schwere Verletzungen, hat sich inzwischen aber einigermaßen erholt.

Eines haben alle Fälle gemeinsam: Keine der verwendeten Waffen befand sich legal in der Hand der Täter bzw. des Unfall-opfers.

Woher eine Waffe auch stammt – in Stresssitutionen lassen sich echte Schusswaffen von Attrappen praktisch nicht unterscheiden. „Wer bedroht wird, sollte daher nichts riskieren“, rät Chefinspektor Schwendinger.

Kommentare

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Das ist ein sehr guter, sehr sachlicher Artikel! Hervorragend. Viele Redakteure können der Versuchung nicht widerstehen und behandeln dieses Thema reißerisch, vermischen und verdrehen Fakten, sei es aus Unkenntnis, Bequemlichkeit oder absichtlich. Nicht so hier! Beste Grüße aus der Steiermark!