Simon Groß

Vorarlberger Gemeindeverband

Wie Frau Kaufmann kocht

November 2019

Köchin Karin Kaufmann und Autorin Karin Guldenschuh im Interview mit Thema Vorarlberg über ihr aktuelles Kochbuch. Essen als Herzensöffner. Mit hoher Qualität, aber ohne Firlefanz. Und: Warum Sie eine Quitte brauchen.

Wozu kochen? 

Karin Guldenschuh: Kochen ist etwas Existenzielles, wir brauchen es ja irgendwie zum Überleben …

Karin Kaufmann: … wie wir es machen, hat sich Lauf der Zeit immer wieder geändert. Für mich ist Kochen jedenfalls das schönste Handwerk, auch wenn wir nicht mehr am Lagerfeuer sitzen, sondern ausgeklügelte Geräte verwenden. 

Warum kocht Frau Kaufmann?

Karin Kaufmann: Weil ich einfach gerne gut esse und weil ich damit auch aufgewachsen bin. In unserem Gasthaus ist Essen immer ein wichtiges Thema gewesen. Ich kann mich aber nicht so richtig daran erinnern, wann und wie ich angefangen habe zu kochen. Es hat sich bei mir so ähnlich abgespielt wie Gehen lernen. Eines Tages konnte ich es einfach. 

Klingt nach einer ganz persönlichen Sache… 

Karin Guldenschuh: Kochen ist eine zutiefst persönliche Sache. Für mich ist es das Wachhalten von Erinnerungen. Ich verbinde mit allen Gerichten, die ich gut kenne, auch bestimmte Personen. Dazu habe ich viele Bilder: Meine Oma hatte einen riesigen Garten, da durfte ich immer aussuchen, was sie kochen sollte. Bestimmte Gerichte verbinde ich mit meiner Studienzeit in Wien usw. In der Kochschule Frau Kaufmann ist Kochen ein unterhaltsamer Dialog am Herd. 

Karin Kaufmann: Für mich ist Kochen zudem gesellschaftlich wichtig. Das Essen selbst ist für mich ein Herzensöffner: Wenn du zusammen am Tisch sitzt, egal ob zu Verhandlungen, Familienthemen oder sonst etwas: Ein gutes Essen sorgt für Entspannung und kann auch zu Lösungen beitragen.

Woher die große Neugierde am Traditionellen?

Karin Guldenschuh: Die klassischen Rezepte wurden zu einem Zeitpunkt perfektioniert, als es an vielem mangelte. Deswegen musste man Lebensmittel auch als Ganzes verwerten. Da durfte nichts übrigbleiben. Was man hatte, wurde in aller Konsequenz auf viele verschiedene Arten verarbeitet und auch konserviert. Heute ist es umgekehrt. Die Herausforderung liegt darin, im Überfluss sozusagen einen künstlichen Mangel zu erzeugen, indem wir uns saisonal und regional einschränken. Damit treffen wir eine qualitative Auswahl. Unser Anliegen ist die Wertschätzung von hochwertigen Lebensmitteln und deren Produzentinnen und Produzenten, damit sie faire Preise für ihre Arbeit bekommen.
Karin Kaufmann: Der Untertitel des Buches ist „klassisch, überraschend, einfach“. Es braucht Tradition und Bewährtes, aber es muss immer auch garniert sein mit etwas Neuem, etwas Überraschendem. Denn die Lebensgewohnheiten und das Geschmacksempfinden ändern sich. 

Warum ein Kochbuch schreiben? 

Karin Kaufmann: Wir haben das Kochbuch geschrieben, um unsere Haltung im Umgang mit Lebensmitteln zu kommunizieren. Wir haben den Anspruch, dass die Rezepte funktionieren müssen, wenn man sie nachkocht. Dazu gibt es sehr persönliche Kommentare, die weit über technische Tipps hinausgehen. Mir haben manche Leute schon gesagt: „Woasch, du heasch des vor zehn Johr scho predigt, dass ma ahneluaga muass!“ Da haben tatsächlich noch viele gelacht. Und dann ist Regionalität doch Thema geworden. Viele Leute wissen heute nicht oder nicht mehr, wann Karotten oder Rüben Saison haben, oder dass ein Tier mehr bietet als „nur“ Edelteile.

Karin Guldenschuh: Durch das gemeinsame Schreiben im Dialog entwickelt sich unsere Idee von einem gelingenden Leben weiter. Wir möchten etwas Bleibendes produzieren und in zehn Jahren sagen können, dass das alles noch gilt. Unsere Kinder sollen spüren, dass das sinnvoll ist, was wir heute getan und geschrieben haben.

Frau Kaufmann hat eine klare Handschrift …

Karin Kaufmann: Es geht darum, mit einfachen, aber hochwertigen Zutaten der Saison, möglichst unkompliziert zum besten Ergebnis zu kommen. An erster Stelle steht Qualität. An zweiter Stelle steht noch einmal Qualität. Nur weil etwas bei uns produziert wird, kaufe ich es noch nicht. Ich schaue auch ganz genau hin, wie es produziert wird.

Karin Guldenschuh: Frau Kaufmanns Handschrift heißt: „Ohne Firlefanz!“ – sowohl beim Zubereiten als auch auf dem Teller. Die Hauptdarsteller des Essens müssen nach dem schmecken, was sie ausmacht. Was dann dazu kommt, sind die Gewürze, die Karin Kaufmann selbst kreiert und produziert. 

Frau Kaufmann bekommt Mehl, Ei, Butter, eine Quitte, Speck und ein Stück Bergkäse. Sie bringt die Gewürze mit. Wir sind neugierig und hungrig. 

Karin Kaufmann: Es gibt Quiche! Zuerst ein pikanter Mürbteig: Mehl, Ei, Butter, Wasser, etwas Olivenöl, einen Esslöffel „Grüner Elfer“. Das ist Bergkernsalz mit einer pikanten und süßen Mischung aus Senfmehl, Rohrohrzucker, Sellerieblättern, Petersilie, Thymian, Chili ohne Kerne, Korianderblättern und Koriander, Kümmel und Tellicherry-Pfeffer. Für den Belag reibe ich den Bergkäse, hebe ihn unter die Eier, dazu noch meine Mischung „Veggie“: Zitronenmelisse, Petersilie, Tomatenflocken und Salz. In die Fülle noch geschälte, in Spalten geschnittene und gekochte Quitten einlegen. Den Speck lege ich erst am Schluss drauf. Die Masse auf den Mürbteig streichen und ab in den Ofen.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Buchtipp 

Karin Kaufmann, Karin Guldenschuh: „Frau Kaufmann kocht“
AT Verlag, Aarau und München, 2019

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