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Anna Fink: „Großstädte und wilde Natur – Tokio und Bregenzerach“
Die Grenzen zwischen Leben und Arbeiten sind in Anna Finks Alltag fließend: Sie und ihr Freund studieren an der renommierten „Academy of Architecture“ in Amsterdam berufsbegleitend Landschaftsarchitektur. Fink erzählt, wie es sich in einem dreieckigen Haus mitten in Amsterdam lebt und warum sie die Niederländer nicht mehr missen möchte.
Die Begeisterung für alles Kreative, verbunden mit einem Entdecker- und Forschergeist, zeichnete Anna Fink schon als Kind aus. Damals wollte sie ganz nach Astrid Lindgren Kinderbuchautorin werden. 2007 beschloss sie, Landschaftsarchitektur an der BOKU in Wien zu studieren. „Ich bin jetzt Gestalterin, arbeite also in einem kreativen Beruf, bei dem es darum geht, komplexe räumliche und soziale Zusammenhänge zu begreifen und schlussendlich im Entwurf – neben räumlichen Lösungen – Geschichten von Orten und Menschen zu erzählen“, sagt die in Alberschwende aufgewachsene Fink. Als sie 2011 auf der Suche nach einem Masterstudium war, stieß sie bei ihrer Recherche auf einen berufsbegleitenden Lehrgang an der „Academy of Architecture“ in Amsterdam: „Das Studium auf der BOKU ist sehr breit, quasi ein Querschnitt durch Geistes- und Naturwissenschaften, das hat mich begeistert. Im Masterstudium wollte ich mich ins Entwerfen vertiefen, dafür erschien mir dieses berufsbegleitende Studium ideal. Außerdem studieren an der Academy Architekten, Städtebauer und Landschaftsarchitekten sehr interdisziplinär – die Grenzen verschwimmen in den Projekten und als Studierende bekommt man die Freiheit, sich in allen Disziplinen zu entfalten.“ Mit der Zusage für das Studium stand 2012 auch der Umzug in die Hauptstadt der Niederlande an.
Leben im Baumhaus, oder: ein fünfstöckiges Dreieck
Die Schwierigkeit, eine Wohnung zu finden, machte ihr während der ersten Zeit in Amsterdam am meisten zu schaffen. „Jetzt wohne ich seit drei Jahren in einem so besonderen Haus, dass ich diese Schwierigkeiten schon fast wieder vergessen habe“, erzählt sie lachend und beschreibt ihre Wohnsituation: „Ich wohne zusammen mit meinem Freund David in einem Haus mitten im Zentrum der Stadt. Der Grundriss des Eckhauses ist ein Dreieck. Unser Haus hat fünf Stockwerke – aber jedes ist nur etwa acht Quadratmeter groß. Es ist fast wie ein Baumhaus, mit einer steilen Treppe und vielen Fenstern.“ Die Küche im ersten Stock, die von den beiden auch als Wohnzimmer genutzt wird, ist eine weitere Besonderheit des Hauses: „Durch die große Fensterfläche ist es fast, als würde man auf einer Bühne oder einem Balkon sitzen – viele Menschen bleiben stehen, um uns beim Kochen zuzusehen, oder machen Fotos vom Haus.“
Neben der Wohnsituation gibt es für Fink auch viele weitere Unterschiede zu Österreich. Zum einen natürlich die Landschaft – das Fehlen der Berge und die Lage am Meer –, aber auch die Stadt: „Es ist alles furchtbar geordnet und entworfen. Manchmal fehlt mir das Chaos einer echten Stadt oder die Bodenständigkeit und Imperfektion des Dorfes.“ Die Niederländer selbst sind für Anna Fink das, worauf sie nicht mehr verzichten könnte: „Das sind unglaublich offene, entspannte Menschen. Sie denken flexibel und zielorientiert, und statt von Problemen wird von Lösungen gesprochen.“ Außerdem sei man schnell „per du“ und, sei es an der Academy oder im Büro, „hier wird viel gelacht und es geht vor allem um gute Zusammenarbeit – sowohl im Team als auch mit Auftraggebern“.
Von Humor und Hingabe
Davon profitiert sie in ihrem Masterstudium und in ihrem Beruf als Landschaftsarchitektin bei Bureau B+B in Amsterdam Noord. Fink arbeitet hauptsächlich im städtischen öffentlichen Raum, plant die Gestaltung von Straßen, Plätzen und Grünräumen, aber auch städtebauliche und infrastrukturelle Projekte gehören zu ihren Aufgaben. „Bei uns zählt die beste Idee, nicht wer sie hat. Wir arbeiten sehr viel und hart, aber immer mit Humor und Hingabe.“ Da verwischen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit schon mal: „Da mein Freund und ich denselben Beruf und dasselbe Studium haben, vermischten sich Arbeiten und Studieren zu einer Lebensart. Freizeit hat eine andere Bedeutung bekommen.“ Derzeit arbeiten beide an ihren Masterprojekten, die im kommenden Frühjahr fertig werden. Anna Fink erarbeitet eine Strategie für neue Wohnformen in der Kulturlandschaft des Bregenzerwaldes. Hier schöpft sie auch Inspiration: „In den letzten Jahren reise ich immer mehr und sehe das als absolute Quelle für Inspiration. Am meisten faszinieren mich Großstädte – Japan hat es mir besonders angetan – und die wilde Natur. Ich liebe den Kontrast – zum Beispiel Tokio und die Bregenzerach.“ Zwischen diesen Extremen zu leben, kann sich Anna Fink für die Zukunft gut vorstellen: „Vielleicht sechs Monate des Jahres im Ländle und sechs Monate in einer Stadt.“ Noch ist aber offen, was im Frühjahr 2016, nach dem Ende ihres Studiums, kommen wird. Trotz ihrer Begeisterung für das Leben in den Niederlanden ist sich Anna Fink sicher, „dass ich Amsterdam bald wieder verlassen werde, denn ich glaube, dass es für jeden Lebensabschnitt den richtigen Ort gibt“.
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