Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

Was trägt? Die Montforter Zwischentöne!

Dezember 2023

Die Zwischentöne wurden von Hans-Joachim Gögl und Folkert Uhde im Jahr 2014 ins Leben gerufen und erfahren im kommenden Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Grund genug, uns mit einem der Begründer über das Projekt und darüber hinaus zu unterhalten.
Hans-Joachim Gögl, Jahrgang 1968, stammt aus Lochau, von wo aus er unter anderem die Musikhauptschule Bregenz besuchte, was ihn – wie er erzählt – Zeit seines Lebens prägen sollte. Dort erlernte er das Geigenspiel, das er auch im Orchester praktizierte. Außerdem erhielt er eine Stimmbildung und wirkte in verschiedenen Chören mit. Dieser Zugang hat ihn bis heute auch beruflich begleitet, denn seine Projekte haben meist auch viel mit Musik zu tun.

Vom ORF in die Selbstständigkeit
Nach einer Ausbildung als Buchhändler verschlug es ihn zum ORF, wo er von Leo Haffner 1988 unerwartet eine ganz besondere Chance erhielt: „Eigentlich bewarb ich mich um einen Ferialjob“, meint Gögl schmunzelnd, „doch am Ende des längeren Gesprächs bot mir Haffner an, bis Ende der Woche ein Radiofeature zu gestalten.“ Gögl nahm an, Haffner erkannte sein offensichtliches Talent und damit war der Lochauer als „fester freier Mitarbeiter“ beim ORF engagiert. Er lieferte fortan fünfzigminütige Features zu unterschiedlichsten Themen. In den drei Jahren beim ORF habe er seine „Grundausbildung“ in der Medienarbeit erhalten.
1991 zog es ihn dann in die Selbstständigkeit. „Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit haben wir sicher Pionierarbeit geleistet“, erinnert er sich. Und: „Wir haben uns auf Gemeinden, Kommunen und die öffentliche Hand spezialisiert.“ Dabei verfolgte er mit seinem Team nicht den klassischen Werbeansatz, sondern entwickelte Formen der „integrierten Kommunikation“. Dabei ging es nicht darum, sich auf ein Medium oder Kommunikationsmittel zu konzentrieren, sondern vielmehr, wie die relevante Botschaft am besten kommuniziert werden könne. Dieser Ansatz war damals so innovativ, dass er für diverse Projekte mit dem Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet wurde.

Neue Formen der Begegnungsdramaturgie
Während seiner Zeit in der Selbstständigkeit entwickelte Gögl ab 1996 für ein Architektursymposium eine neue Begegnungsdramaturgie, bei der es nicht nur um Wissenstransfer ging, sondern auch die Netzwerkarbeit eine wichtige Rolle bekam. Auf dieser Basis entwickelte er später die „vlow“, eine internationale Konferenz für Architekten und Kommunikationsdesigner, die ab 2008 alle zwei Jahre bis 2016 in Bregenz stattfand. 
2003 wurde mit den „Tagen der Utopie“ Gögls eigenes Festival gemeinsam mit Josef Kittinger vom Bildungshaus St. Arbogast aus der Taufe gehoben. Alle zwei Jahre werden internationale Experten, Wissenschaftler und Künstler eingeladen, ihre gemeinwohlorientierten Lösungsvorschläge zu aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu präsentieren. Dabei steht nicht ein tagespolitischer Reparaturvorschlag, sondern ein visionärer Entwurf beziehungsweise ein  ressourcenorientiertes Zukunftsbild im Vordergrund. Die Vorträge werden mit neuer Musik kombiniert, in diesem Rahmen wird auch ein Kompositionsauftrag vergeben.

Montforter Zwischentöne
Die Idee zu den Montforter Zwischentönen entstand schließlich anlässlich eines Kongresses, bei dem Gögl Bekanntschaft mit Folkert Uhde schloss. Die beiden erkannten, dass sich die Entwicklung von neuen Kongress- und Konzertformaten bestens ergänzen. Als die Stadt Feldkirch beim Bau des neuen Montforthauses auf der Suche nach einem eigenen Festival war, reichten die beiden ihr gemeinsames Konzept ein, das angenommen und im Jahr 2015 erstmals umgesetzt wurde.
Auf die Frage nach der Idee erklärt Gögl: „Unser Ansatz: Was macht ein Festival relevant?“ Es gehe darum, eine maximale Nähe zwischen dem Publikum und dem Ereignis herzustellen. Dabei bedienen sich die Veranstalter unterschiedlicher Strategien: Einerseits werden Kooperationen mit regionalen Initiativen angestrebt. Als Beispiel nennt Gögl die Hospizbewegung Vorarlberg, mit der das Thema „Sterben“ behandelt wurde, oder heimische Klangkörper wie das Ensemble Concerto Stella Matutina. Daneben suchen die Veranstalter aber auch immer besondere Räume, die bespielt werden. 
Ein außergewöhnliches Format, um die erwähnte Nähe herzustellen, ist der Salon Paula, bei dem „wir Experten mit Privaten zusammenführen. Die Künstlerinnen kommen dann ins Haus, wo ein circa halbstündiges Privatkonzert stattfindet“, erklärt Gögl. Die Gage wird von den Zwischentönen übernommen. Der Hintergrund: Die Barriere zu überwinden, die Zusehenden werden dabei zu den Gastgebenden.

Von der Helligkeit ins Dunkel in die Helligkeit
Ein weiteres Grundprinzip des Festivals sei die Transformation. Gögl erklärt seinen Ansatz so: „Das Festival findet Ende November bis Anfang Dezember statt, in einer Zeit, in der das Licht weniger wird.“ In dieser spirituellen Phase beginne die Vorbereitung auf die Verwandlung vom Dunkel ins Helle, nämlich dann, wenn die Tage wieder länger werden. Das sei auch die Zeit, sich zu fragen, was man beginnen und was man vielleicht beenden möchte. Und dieser Prozess finde unter Einbeziehung der Zusehenden statt.
Auf die Frage, wie er den Stellenwert seiner Festivals und der Kultur im Allgemeinen im Ländle sieht, sagt Gögl: „Ich habe den Eindruck, dass in der Politik die Wirkung des Kulturbereichs für die Entwicklung und Atmosphäre des Landes noch unterschätzt wird. Vorarlberg gehört zum Beispiel zu den Ländern mit den meisten Musikschulkindern in Europa. Es gibt tausende Menschen, die in Chören, Kapellen, Orchestern, Literatur-, Tanz- oder Theatergruppen engagiert sind. Das macht Vorarlberg zu einem zwar ländlichen, aber lebendigen, offenen Lebensraum. Kunst und Kultur führen zu Austausch, Begegnung, schaffen soziale Wärme, gesellschaftliches Engagement. Eine lebendige, kraftvolle Kulturszene ist nicht zuletzt auch ein Argument für hochqualifizierte Arbeitskräfte, die sich ihren Lebensmittelpunkt aussuchen können.“ Und das könnte wohl noch effizienter genutzt werden. 

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