Christoph Jenny

Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: © Dietmar Walser)

Kampf gegen (Langzeit-)Arbeitslosigkeit

September 2021

Es ist eine Tatsache: Die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit ist massiv angestiegen. Da stellt sich die Frage, warum etwa Deutschland und die Schweiz sinkende Zahlen aufweisen können, wir aber nicht. Uns geht es daher primär auch um eine Reform des Arbeitslosengeldes. Ein großer Teil der Arbeitslosen erhält zum Arbeitslosengeld noch zusätzliche Sozialleistungen, etwa Wohnbeihilfe, Heizkostenzuschuss, Familienbeihilfe, Befreiung von Gebühren, etc.
Betrachtet man die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld im 1-Jahres-Zeitraum ist sie gegenüber anderen Ländern relativ niedrig. Dehnt man aber den Betrachtungszeitraum auf fünf Jahr aus, haben wir eine der höchsten Nettoersatzraten. Andere Länder senken sie sukzessive über die Jahre. Das soll auch den Anreiz erhöhen, ein Beschäftigungsangebot anzunehmen. Bei einem nahezu gleichbleibenden Arbeitslosengeld über einen längeren Zeitraum besteht schon die Gefahr, dass manche sich mit ihrer Arbeitslosigkeit arrangieren bzw. mit der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle zu lange zuwarten und so in die Langzeitarbeitslosigkeit abrutschen. Genau das soll aber möglichst verhindert werden. Ein Blick über den Tellerrand hinaus würde uns guttun.
Es sind zudem Anreize für mehr Mobilität notwendig. Warum ist das Menschen aus anderen Ländern zumutbar, aber nicht etwa Personen aus Wien? Wir würden mehr Flexibilität sehr begrüßen. Uns geht es um gezielte Maßnahmen und Unterstützung, bevor Menschen in die Langzeitarbeitslosigkeit abrutschen. Dies soll insbesondere durch den Ausbau der überregionalen Vermittlung erfolgen.
Durch den breiten Einsatz der Eingliederungsbeihilfe für Personen, die gefährdet sind, langzeitarbeitslos zu werden, kann die Beschäftigung gefördert werden. Die Eingliederungsbeihilfe ist eines der effizientesten arbeitsmarktpolitischen Instrumente: Zwei von drei Personen, die mit Unterstützung der Eingliederungsbeihilfe einen Job in der Privatwirtschaft finden, schaffen ihren Wiedereinstieg in den Job nachhaltig.
Und wir müssen darüber reden, ob Nebenjobs von Arbeitslosen nicht doch eher deren Arbeitslosigkeit zementieren. Unsere Unternehmen klagen über einen Mangel an Arbeitskräften in allen Bereichen. Die Rekordzahl an offenen Stellen bei hoher Arbeitslosigkeit offenbart die strukturellen Probleme am Arbeitsmarkt. Solange es in unserem Land oftmals noch lukrativer ist, die staatlichen Unterstützungsleistungen mit Nebenjobs aufzubessern, als aktiv am Erwerbsleben teilzunehmen, herrscht aus meiner Sicht Handlungsbedarf!

Kommentare

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Das Problem der Arbeitslosigkeit und vor allem das Abrutschen in die Langzeitarbeitslosigkeit ist das Alter und oft auch Einschränkungen. So werden laut der Wirtschaft viele gesucht aber gerade Ältere und Menschen mit Behinderungsgraden werden nicht eingestellt,da wird die Stellle lieber nicht besetzt. Mir sind Fälle bekannt, da suchte ein Lebensmittelgeschäft über Monate eine Kraft für die Getränkeabteilung aber ältere und Menschen mit Behinderungen wurden nicht eingestellt. Die stellt eine wichtige Sache dar warum Stellen nicht besetzt sind und die Wirtschaft offensichtlich keine Mitarbeiter findet.