Walter Wintersteiger

* 1942 in Dornbirn, Inhaber der Firma MANAGEMENT & INFORMATIK, ehemaliger Geschäftsführer im VRZ und langjähriger Dozent an Universitäten und IT-Fachschulen.

g’hörig – privat und beruflich

Dezember 2023

Was ist g’hörig. Es fängt schon mit der Schreibweise an: g’hörig oder ghörig oder gar körig? Für mich hat der Begriff im Laufe der Zeit nicht nur privat, sondern auch beruflich sehr an Bedeutung gewonnen und deshalb habe ich viel darüber nachgedacht.

Was bedeutet g’hörig?
Laut dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache ist der Begriff „g’hörig“ umgangssprachlich und regional geprägt und wird vor allem in Vorarlberg verwendet. Er ist eine Dialektform des deutschen Wortes „gehörig“. In der standarddeutschen Sprache bedeutet „gehörig“ im Allgemeinen „angemessen“ oder „ordentlich“ und wird verwendet, um anzuzeigen, dass etwas in der gebührenden oder angemessenen Weise erfolgt. Es ist wichtig zu beachten, dass „g’hörig“ eine umgangssprachliche Variante ist und in schriftlichen Texten oder in formellen Situationen in der Regel vermieden wird.
Der Begriff ist äußerst vielseitig und subjektiv. Er bezieht sich auf den Zustand oder die Eigenschaften von etwas, das als wünschenswert, positiv, zufriedenstellend oder moralisch akzeptabel betrachtet wird. Die Bedeutung von „g’hörig“ kann stark variieren, je nachdem, in welchem Kontext es verwendet wird. So ist es wichtig zu beachten, dass die Bedeutung des Begriffes stark von individuellen Überzeugungen, kulturellen Normen und persönlichen Wertvorstellungen abhängt. Was als „g’hörig“ angesehen wird, kann von Person zu Person und von Situation zu Situation unterschiedlich sein. Daher ist „g’hörig“ ein subjektiver Begriff, der Interpretation und Diskussion offensteht.
Wer entscheidet letztlich, was g’hörig ist? Der Sprecher oder der Zuhörer? Der Lieferant oder der Kunde?
In Bezug auf Produkte oder Dienstleistungen bedeutet „g’hörig“ oft, dass etwas von hoher Qualität ist und den Bedürfnissen oder Erwartungen der Benutzer entspricht. „G’hörig“ kann sich auf moralisches oder ethisches Verhalten beziehen. Ein „g’höriger“ Mensch handelt nach ethischen Prinzipien und zeigt Mitgefühl und Integrität. In Bezug auf Gesundheit bedeutet „g’hörig“, dass jemand körperlich oder geistig wohlauf ist. „G’hörig“ kann auch bedeuten, dass etwas allgemein akzeptiert oder geschätzt wird. Ein Film, ein Buch oder eine Idee werden oft von vielen Menschen geschätzt.
Als Auditor der „Quality Austria“ und als Gründer der Österreichischen Vereinigung für Software-Qualitätsmanagement musste ich mich eingehend mit dem Begriff „Qualität“ auseinandersetzen. Ich bin auf viele verschiedene Definitionen gestoßen; letztlich entscheidend war die Definition nach einer internationalen Norm, nämlich „Die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.“ Einheiten sind dabei Produkte, Dienstleistungen, Konzepte, Entwürfe, Software, Arbeitsabläufe, Verfahren und Prozesse. Qualität ist somit eine Funktion der Anspruchsklasse, das heißt der definierten Anforderungen beziehungsweise Erwartungen.
Wer „Qualität“ will, der muss seine Anforderungen ausreichend detailliert beschreiben, es sei denn, es gibt einschlägige Gesetze, Normen oder Usancen, auf die man sich verlassen kann. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die geforderten Eigenschaften letztlich genau gemessen werden können. 
Für mich sehr wichtig und hilfreich war in dem Zusammenhang das Qualitätsmodell einer einschlägigen Norm, aus der ersichtlich ist, wie eine professionelle Anforderungsbeschreibung strukturiert werden kann. Beispielsweise betrachtet man zur Beurteilung der Softwarequalität die Funktionalität, Zuverlässigkeit, Benutzbarkeit, Effizient, Änderbarkeit und Übertragbarkeit. Nicht genug damit, vielmehr werden die genannten Eigenschaften zur Beurteilung noch weiter untergliedert, wie zum Beispiel die Funktionalität in Angemessenheit, Richtigkeit, Interoperabilität, Ordnungsmäßigkeit und Sicherheit.
Und um das meinen Studenten möglichst klar vor Augen zu führen und ihnen das Auswendiglernen der zuvor erwähnten, internationalen Norm zu ersparen, habe ich die folgende „Formel“ kreiert:

Q = L / E = 1
Dabei steht Q für Qualität, L für Leistung und E für Erfordernisse beziehungsweise Erwartungen.
Und dann ist mir eingefallen, dass wir dafür in Vorarlberg ein wunderbares Wort für Qualität in diesem Sinne haben, nämlich „g’hörig“. Kürzer geht es nicht mehr.
Die Formel zeigt ganz klar, Qualität und damit auch „g’hörig“ ist 
- relativ (die Beziehung von Leistung zu Erwartung)
- subjektiv (aus der Sicht des Betrachters)
- situativ (im Hinblick auf die gegebene Situation)

Darf ich Sie zum Schluss noch einladen, selbst ein paar Beispiele durchzudenken? Vielleicht „an g’höriga Riebl“ oder „an g’höriga Garto“ oder „an g’höriga Usflug“ oder „a g’hörige Watscho“ oder gär „an g’höriga Rusch“?

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