Sabine Barbisch

Im Auftrag der weltweiten Gesundheits-Versorgung

Oktober 2020

Seit 22 Jahren lebt und arbeitet Günther Fink im Ausland. Die längste Zeit davon in den USA, auch Deutschland und Italien waren Stationen. Vor drei Jahren zog er mit seiner Familie in die Schweiz: In Basel trägt der Gesundheitsökonom mit seinen Forschungen dazu bei, Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern zu verbessern.

#Vor drei Jahren kam Günther Fink aus den USA zurück nach Europa. Zwei Jahre hatte er in Michigan und dann elf Jahre in Boston gelebt und an der Harvard University verschiedene Posten erfüllt: Der Ökonom kam 2006 als Postdoktorand an die renommierte Universität, wurde Assistenzprofessor und arbeitete dort von 2013 bis 2017 als außerordentlicher Professor für Öffentliche Gesundheit an der Harvard School of Public Health. „Harvard und das Leben in Boston war extrem spannend: Es gibt Unis und Forschung an jeder Ecke und täglich Vorträge und Seminare von absoluten Top-Leuten. Es ist einfach immer viel los, und die Taktfrequenz sehr hoch“, erzählt der 48-Jährige Ökonom. Während der Zeit in Harvard hat Fink seine „super Kollegen, die immer 1000 neue Ideen hatten und mit denen ich zum Teil immer noch an einzelnen Projekten arbeite – und die Möglichkeit, angewandte Forschung in Afrika zu betreiben“ am meisten geschätzt. Den Wunsch, irgendwann nach Europa zurückzukehren, gab es bei ihm trotz des spannenden Arbeitsumfelds in den USA immer: „Dieser ist nach der Geburt unserer zwei Kinder viel stärker geworden, weshalb wir dann aktiv nach Möglichkeiten gesucht haben. Als sich die Chance hier in Basel ergeben hat, haben wir nicht lange gezögert.“ Das war 2017. Heute unterrichtet der Wissenschaftler im Bereich „Global Health Economics“ an der Uni Basel und forscht an verschiedenen Projekten, die darauf abzielen, Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern, insbesondere in Afrika, zu verbessern: „Meine Arbeit ist in erster Linie quantitativ: Wir versuchen, durch detaillierte Datensammlung und -analyse zu messen, welche Programme wirklich funktionieren, und testen neue Programme und Ideen, um die Gesundheitsversorgung in armen Ländern im allgemeinen, und insbesondere für kleine Kinder, zu verbessern. Dabei arbeiten wir auch an Projekten, die direkt Familien unterstützen, wie etwa Interventionen, die armen Familien Spiele und Lernmaterial zur Kinderförderung zur Verfügung stellen.“ 

Gesundheitsökonom im Auftrag der guten Sache

Der Professor für Ökonomie ist „Unit Head“, sprich der Leiter einer Forschungseinheit am Schweizer Tropen- und Public-Health-Institut. Das mag sich nach einer ungewöhnlichen Kombination anhören, doch Günther Fink erklärt: „Im Allgemeinen gibt es im Gesundheitsbereich aber natürlich schon sehr viele spannende ökonomische Fragen, weshalb es im Bereich der öffentlichen Gesundheit auch einige Ökonomen gibt. Wir arbeiten hierfür zum Teil mit schon existierenden Daten, verbringen aber auch sehr viel Zeit damit, neue Interventionen zu testen und eigene Daten zu sammeln. Im Moment leite ich aktive Projekte in Brasilien, in der Demokratischen Republik Congo, in der Elfenbeinküste, Indonesien, Laos, Pakistan, Peru, Sambia, Südafrika und Tansania. Das Ziel von Fink und seinen Kollegen ist es, die Kindersterblichkeit in Entwicklungsländern weiter zu senken und auch einen positiven Beitrag zur Kinderentwicklung in diesen Ländern zu leisten. „Denn während in Österreich von 1000 Neugeborenen im Durchschnitt drei innerhalb der ersten fünf Jahre sterben – also 99,7 Prozent die frühe Kindheit überleben – liegt die Kindersterblichkeit in Afrika immer noch bei etwa 75 pro 1000 Neugeborenen. Das ist zwar ein Riesenfortschritt im Vergleich zu 1990, als es noch etwa 200 Todesfälle pro 1000 Neugeborenen waren. Aber das bedeutet ein immer noch 25 Mal höheres Risiko als in Europa! Wir versuchen, diese Unterschiede langfristig zu verkleinern.“ Die Corona-Pandemie bremst diese Bestrebungen nun ein: „In vielen Ländern, wie etwa in Brasilien, wurde die Datensammlung aus Sicherheitsgründen komplett eingestellt. Deshalb ist es bei vielen unserer Projekte zu großen Verzögerungen gekommen.“ Günther Fink hofft darauf, dass sich 2021 die Situation wieder etwas normalisieren wird.

Wissenschaftskarriere im Ausland

Eine Karriere wie jene von Gesundheitsökonom Günther Fink, der sehr bodenständig auf einem Bauernhof in Langen bei Bregenz aufgewachsen ist, ist, realistisch gesehen, nur außerhalb Vor­arlbergs möglich. „Ich lebe seit 1998 kontinuierlich im Ausland: Zwei Jahre Deutschland, vier in Italien und 13 in den USA und jetzt schon drei in der Schweiz. Ich habe das Studieren und den Universitätsbetrieb immer sehr genossen – die Freiheit und vor allem auch die Möglichkeit, immer wieder neue Sachen zu lernen. Ich hatte nach dem Master einen netten Job im Automobilsektor, aber nach weniger als zwei Jahren Arbeit in der Privatwirtschaft war mir sehr klar, dass ich wieder auf die Uni zurück möchte.“ Fink erinnert sich dabei lachend an den Kommentar einer Nachbarin aus Langen zurück: „Sie meinte damals, ‚deam Bua hot’s Schaffa nit so gfalla, dass der scho wieda studiera goht‘.“ 
Der Wechsel von verschiedenen Arbeits- und Wohnorten hat Günther Fink stets genossen: „Ich habe das nie als Last oder Belastung empfunden, bin jetzt aber auch wieder gerne etwas näher bei der Heimat und freue mich, meine Familie und alte Freunde wieder öfter sehen zu können.“

Lebenslauf

Im November 1972 geboren, ist Günther Fink in Langen bei Bregenz aufgewachsen. Nach der Matura am BG Blumenstraße hat er von 1992 bis 1997 das Studium der „Wirtschaftswissenschaften mit internationaler Ausrichtung“ an der Uni Innsbruck absolviert. Nach dem Zivildienst machte er den „Master of Arts in Applied Economics“ an der University of Ann Arbor in Michigan und von 2001 bis 2006 den PhD in Economics an der Bocconi Universität in Mailand. Anschließend war Fink bei der Ford Motor Company in Köln beschäftigt, bevor er 2006 an die Harvard University wechselte. Die folgenden Jahre arbeitete Fink in unterschiedlichen Funktionen an der Harvard School of Public Health, zuletzt als Associate Professor of International Health Economics. Seit 2017 ist der bald 48-jährige Professor an der Uni Basel und „Unit Head“, Leiter einer Forschungseinheit, am Swiss Tropical and Public Health Institute. 

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