Nora Weiß

Redakteurin Thema Vorarlberg

Foto: Weissengruber

Moderne Ausbildung mit Tradition

Dezember 2021

Vorarlberg ist das Land der Lehre. Knapp die Hälfte der 15-jährigen entscheidet sich jährlich für die duale Ausbildung. Ein Weg, der vielfältige Chancen und Möglichkeiten für die Zukunft eröffnet – es gilt, dieses Bild nachhaltig in der Gesellschaft zu verankern.

Wer sich im Land für eine praktische Ausbildung entscheidet, hat die Qual der Wahl: Über 190 Lehrberufe stehen zur Auswahl, um die eigenen Fähigkeiten und Talente bestmöglich einsetzen zu können. Die Lehre basiert in Vorarlberg auf einem dualen System, das Lernen findet an zwei Orten statt. Die Praxis, das Handwerk wird im Betrieb vermittelt und geübt und mit dem theoretischen Wissen, das in der Berufsschule erlernt wird, ergänzt. Dieses System bewährt sich bereits seit Jahrzehnten, die Ausbildungsinhalte aber werden laufend aktualisiert und an die sich stetig wandelnden Anforderungen angepasst. Wer sich also für eine Lehre entscheidet, entscheidet sich für eine Ausbildung am Puls der Zeit – auf höchstem Niveau. Wie hoch die Qualität der Lehre in Vorarlberg ist, zeigt sich auch im internationalen Vergleich sowohl bei Lehrlings- als auch Fachkräftewettbewerben, bei denen Vorarlberger Teilnehmende regelmäßig in den Medaillenrängen zu finden sind. Nicht zuletzt ist die hohe Kompetenz der Lehrlinge beziehungsweise Absolventen darauf zurückzuführen, dass sie das Fundament des Wirtschaftsstandortes Vorarlberg sind und diesen auch in Zukunft nachhaltig sichern sollen. „Ohne die Lehre wäre Vorarlberg nicht der Wirtschaftsstandort, der er ist: Erfolgreich und international anerkannt“, betont Wirtschaftskammer-Präsident Hans Peter Metzler und gibt die Richtung für die Zukunft vor: „Es gilt, diesen chancenreichen Ausbildungsweg weiterhin als solchen bei den Jugendlichen und deren Eltern zu positionieren. Unsere Aufgabe ist es, die Lehre mit Mut weiterzudenken, um diesen Ausbildungsweg so innovativ wie möglich zu gestalten.“

Modern und innovativ

Das große Plus der Lehre ist es, traditionelle Arbeitsweisen mit modernster Technologie vereinen zu können. Wie sich die Anforderungen an unser alltägliches Leben verändern, so verändern sich auch die Ansprüche und Herausforderungen an unsere Arbeit und unsere Arbeitsweisen. Gerade im Bereich der Industrie werden zahlreiche Arbeitsschritte von Künstlicher Intelligenz übernommen werden, auf Entwicklungen wie diese gilt es zu reagieren. Als zum großen Teil praktische Ausbildung bietet die Lehre viel Raum für Veränderung und Dynamik – so kann beispielsweise schon die Anschaffung neuer Maschinen das Aufgabenprofil einer Lehre teils oder massiv beeinflussen. Die Folge: eine duale Ausbildung am aktuellsten Stand. „Wir reagieren auf die Entwicklungen und Anforderungen, die die Arbeitswelt bereithält, daraus resultieren auch zahlreiche neue Lehrberufe, wie etwa die E-Commerce-Kauffrau beziehungsweise der E-Commerce-Kaufmann“, ergänzt Hans Peter Metzler und bringt ein weiteres Beispiel: „Denken Sie an die E-Bikes, deren Service und Wartung erfordert spezifische Kenntnisse. Die Folge: Ein neuer Lehrberuf wurde geschaffen, nämlich Fahrradmechatroniker:in.“
Um die ohnehin großen Chancen am Arbeitsmarkt noch zu erweitern, wurde die Ausbildungsform „Lehre mit Matura“ geschaffen. Dieser Ausbildungsweg bietet die perfekte Kombination einer praxisorientierten Fachausbildung mit einer breiten Allgemeinbildung. „Diese Form der Ausbildung bietet den Jugendlichen sämtliche Vorteile, sie erhalten eine Fachausbildung mit Lehrabschluss und Matura, verdienen ihr eigenes Geld, sammeln Berufserfahrung und haben am Ende perfekte Aufstiegschancen“, erklärt Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Jenny. 

Die Lehre in Zeiten der Pandemie 

Doch auch an der Lehre ist die Corona-Krise in den vergangenen zwei Jahren nicht spurlos vorbei gegangen, wie die Zahlen der Lehrlingsstatistik von 2020 belegen. Es kam zu einem Rückgang von fast 1,8 Prozent hinsichtlich der Lehrlinge im Land. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: Fehlende Schnuppermöglichkeiten und die durch die Pandemie bedingte Unsicherheit bei den Betrieben, aber auch der eingeschränkte Schulbetrieb und das damit einhergehende fehlende Angebot der Berufsorientierung haben sich negativ auf die Anzahl der neuen Lehrverträge ausgewirkt. „Die für die Jugendlichen gerade während der Phase der Berufsfindung wichtige Unterstützungsstruktur hat stark unter der Pandemie gelitten, so konnten beispielsweise nur vereinzelt Schnuppertage in den Betrieben stattfinden und auch die Lehrlingsmessen mussten abgesagt werden. Damit hat aber die persönliche Begegnung zwischen den Jugendlichen und den Ausbildungsbetrieben vielfach einfach gefehlt“, informiert Jenny. Die Entwicklungen 2021 sind aber wieder erfreulicher, bis 26. November wurden bei der Lehrlingsstelle 2911 angemeldet. Das ist ein Plus von 2,5 Prozent. Die positive Tendenz zeigt sich auch bei den Lehrlingen im ersten Lehrjahr. 2021 absolvieren 2003 Jugendliche ihr erstes Lehrjahr, 2020 waren es im Vergleich 1977, das ergibt ein Plus von 1,3 Prozent. Weiterhin ungebrochen ist das Engagement der Ausbildungsbetriebe im Land. 1849 heimische Unternehmen bilden derzeit Lehrlinge aus. Das sind um 34 mehr als noch im vergangenen Jahr. „Alle relevanten Indikatoren zeigen im Vergleich mit dem vergangenen Jahr eine positive Steigerung“, erklärt WKV-Direktor Jenny. 

Fachkräfte von morgen

Bestens ausgebildete Fachkräfte sind das Fundament einer erfolgreichen Wirtschaft. Mit der Lehre wird dem großen Bedarf an qualifizierten Mitarbeitenden Rechnung getragen. Diesen Ausbildungsweg gilt es aber hinsichtlich des stetig steigenden Fachkräftemangels, der sich durch alle Branchen zieht, weiter zu forcieren, um den Wirtschaftsstandort Vorarlberg auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu halten.

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