Wenn das Restaurant Räder hat
In amerikanischen Großstädten prägen Food Trucks vielerorts das Erscheinungsbild, aber auch in europäischen Städten werden sie immer beliebter, sind sie doch eine günstige Alternative zu einem eigenen Restaurant. Eine Bestandsaufnahme aus Vorarlberg.
Versucht man zu eruieren, wie viele Food Trucks es in Vorarlberg gibt, folgt schnell die Erkenntnis, dass das gar nicht so einfach ist. Denn Food Trucks fallen in die Kategorie Catering und lassen sich selbst in den Mitgliederverzeichnissen der Wirtschaftskammer nicht eindeutig herauslesen. Apropos Catering. Während in anderen Ländern Food Trucks sehr häufig an einem fixen Standort stehen und dort ihre Speisen verkaufen, werden diese in Vorarlberg zu einem großen Prozentsatz zu Catering-Zwecken verwendet und flexibel eingesetzt. „Wir haben im Raum Vorarlberg schätzungsweise ein Dutzend Food Trucks, davon dürften 85 Prozent zu einem Restaurant oder Catering gehören“, informiert Kochmeister Mike P. Pansi, Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg. So besitzen bereits einige Restaurants in Vorarlberg eine Küche auf Rädern, die entweder bei Großveranstaltungen, privaten Feiern oder Konzerten zum Einsatz kommt. „Diese Form des Caterings ermöglicht eine sehr frische Produktion, da wir die Speisen vor Ort kochen, zudem sind die vor- und nachgelagerten Arbeiten weniger zeitintensiv als bei einem klassischen Catering“, erläutert Pansi die Gründe für einen Food Truck.
Preiswerte Selbstständigkeit
Wirft man einen Blick auf die Geschichte der Food Trucks, zeigt sich, dass der Verkauf von Speisen am Straßenrand eine lange Tradition aufweist. In den USA waren Food Trucks eine günstige Alternative zur Eröffnung eines eigenen Restaurants. Auch die Bevölkerung profitierte von den rollenden Küchen, da ihre Preise günstiger waren. Aber nicht nur in den USA sind die Gründe, sich für einen Food Truck zu entscheiden, finanzieller Natur. Auch David Gietzinger, der seit März einen Food Truck in Bregenz betreibt, verweist auf die hohen Kosten, die bei der Eröffnung eines Restaurants entstehen. „Gerade zu Beginn sind die Anschaffungskosten sehr hoch, es braucht Mobiliar, sowohl für den Gastraum als auch für die Küche, hinzukommen Kaution und Miete und dafür braucht man mindestens 25.000 Euro”, führt der gebürtige Kolumbianer Gietzinger aus. Dem pflichtet auch Pansi bei, der von zum Teil „exorbitant gestiegenen Pachten“ spricht. Zudem habe sich die Suche nach einer passenden Lokalität als sehr schwierig erwiesen, vieles sei zu groß gewesen. „Die Zeiten für Restaurants mit bis zu 300 Plätzen sind vorbei“, bestätigt auch der Fachgruppenobmann, der allerdings von einem „notwendigen Wandel“ spricht.
Im Gegensatz zu vielen anderen Vorarlberger Food Trucks steht Gietzingers Wagen an einem fixen Platz: im Gastgarten des Honolulu Hotels in Bregenz. Dort verkauft er israelische und gelegentlich kolumbianische Speisen. „Unsere Speisen sind für den Vorarlberger Gaumen eher ungewöhnlich, mit dem fixen Standort können die Menschen unser Essen kennenlernen und wissen, wo sie uns finden“, erklärt Gietzinger, der unter anderem in Restaurants von Yotam Ottolenghi in London gekocht hat. Aber auch er sieht das Catering als wichtiges Standbein, vor allem für die Wintermonate.
Den Traum vom eigenen Restaurant wollten sich 2019 auch Cindy Willam und ihr Partner Stefan Jazbec im Bregenzerwald erfüllen und Slow Fast Food, inspiriert von Cindy’s Heimatstadt Boulder (Colorado, USA), anbieten. „Wir wollten möglichst viel Flexibilität und damals gab es kein passendes Restaurant, das wir hätten übernehmen können”, erzählt Jazbec. So haben sie sich dafür entschieden, ihre Idee in Form eines Food Trucks umzusetzen. Auch sie werden regelmäßig für private Feiern gebucht, haben aber einen fixen Standort, an dem sie jeweils Dienstag und Sonntag Burger verkaufen. „Unser Standort an der alten Säge in Bezau hat sich mittlerweile etabliert und ist sehr rentabel für uns”, führt der gebürtige Steirer Jazbec, der unter anderem im Hotel Post in Bezau gekocht hat, aus.
Faktor Arbeitskräftemangel
Jazbec und Willam betreiben „The Falling Cow“ als Paar, auch David Gietzinger kocht im „Chillax“ Food Truck gemeinsam mit seiner Frau. Auf die Frage, ob der vorherrschende Arbeitskräftemangel ihre Entscheidung für einen Foodtruck und gegen ein Restaurant beeinflusst habe, antworten alle mit ja. „Ich habe das Gefühl, dass in Österreich nur mehr wenige Menschen in der Gastronomie arbeiten wollen”, sagt Gietzinger: „Wenn du ein Restaurant eröffnen willst, dass größer ist, brauchst du Personal, auf das zu dich zu einhundert Prozent verlassen kannst, ansonsten machst du von Anfang an Verluste. Das fehlende Personal war für mich der Hauptgrund, mich gegen ein Lokal zu entscheiden.“
Diese Gründe sind für Pansi absolut nachvollziehbar. „Die Sicherheit, die wir früher in Bezug auf unser Personal hatten, gibt es nicht mehr. Die Sorge, dass dieses von heute auf morgen eine neue Anstellung findet, wächst.“
Potenzial da, Bürokratie verhindert
Auf die Frage, ob Pansi aus diesen Gründen mit einem Anstieg der Food Trucks in Vorarlberg rechnet, verweist er auf den hohen bürokratischen Aufwand, der noch viele davon abhält, ausschließlich auf eine fahrende Küche zu setzten. „Sollte sich hier aber etwas im Gewerberecht ändern, wird die Zahl der Food Trucks steigen. Denn gerade Köche wären prädestiniert dafür, sich in dieser Form selbstständig zu machen. Das würde das Interesse an einem Job in der Gastronomie steigern und für mehr kulinarische Vielfalt sorgen, da die Food Trucks meist hochwertiges Essen in der Nische anbieten.“ Das Potenzial und die Nachfrage seien in Vorarlberg auf jeden Fall gegeben, er und seine Kollegen müssten häufig Anfragen ablehnen, da sie bereits gebucht seien.
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