Peter Freiberger

Testsaison für den Klimawandel

Februar 2015

Zuletzt geizte Frau Holle gewiss nicht mit ihrer weißen Pracht, im Dezember hatte die Schneesituation in Vorarlberg freilich erschreckend ausgesehen – wie schon im Dezember 2013.
Tiefe Sorgenfalten bei den Touristikern und Seilbahnbetreibern waren die Folge. Wissenschaftler sagen: Die Winter werden wärmer, der Schnee wird weniger. Die heimischen Touristiker reagieren darauf.

Blenden wir eine Wintersaison zurück. Wie intensiv die Blicke zum Himmel und die Stoßgebete auch ausfielen, Frau Holle hatte lange Zeit wenig Interesse daran, Schnee fallen zu lassen. Vorarlberg präsentierte sich um Weihnachten 2013 fast grün.

Ein – beinahe – identisches Bild zeigte sich im Dezember 2014: Vielfach konnten wegen der hohen Temperaturen nicht einmal die Schneekanonen ihre Arbeit aufnehmen, von Naturschnee weit und breit keine Spur. Zwar begann es dann Ende Dezember kräftig zu schneien, unmittelbar danach stiegen die Temperaturen jedoch dramatisch, kräftige Regenfälle bis in große Höhen hinauf ließen den Schnee beinahe davonrinnen. Das Wetter schien verrückt zu spielen.

Betriebe öffneten später

„In Skigebieten, die üblicherweise Mitte Dezember starten, verzeichneten die Beherbergungsbetriebe Stornierungen“, weiß Vorarlbergs Tourismusdirektor Christian Schützinger. „Teilweise verschoben Betriebe ihren Öffnungstermin um eine Woche nach hinten“, so Schützinger. An Weihnachten verzeichnete man dann zwar eine „ganz gute“ Buchungslage, die freilich vor allem damit zusammenhing, dass der Weihnachtsgast nicht in erster Linie kommt, um Ski zu fahren.

Seit Ende Jänner präsentiert sich Vorarlberg wundervoll weiß. Die positive Konsequenz: Die Tourismusbetriebe sind im Februar im ganzen Land gut gebucht. Aber trotz der Neuschneemengen dieser Tage spricht der Klimafolgen- und Tourismusforscher Dr. Robert Steiger vom Management Center Innsbruck (MCI) vom eingetretenen Klimawandel. „Wenn wir über Klima reden, müssen wir etwa 30-jährige Zeiträume vergleichen“, sagt der Wissenschaftler. „Seit den 1980er-Jahren gibt es einen Trend zur Erwärmung. Alle Modelle sagen voraus, dass die Zahl der kalten Winter abnehmen und jene der wärmeren Winter zunehmen wird.“

In den vergangenen zehn Jahren hatte es den Anschein, als hätte die Erwärmung eine Pause eingelegt. Vieles deutet laut Steiger jedoch darauf hin, dass diese langsamere Phase des Klimawandels – der nicht als kontinuierliche Entwicklung stattfinde – nun beendet ist. Steiger: „Wir hatten 2014 global und auch in Österreich das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.“ In den Tiefen der Ozeane sei derzeit viel Wärmeenergie gespeichert, die wieder in die Atmosphäre gelangen könne.

Der Vorwinter und der aktuelle Winter mit seinen Wetterkapriolen stellen für ihn gute Übungsbeispiele für die Tourismusbetriebe dar. „Solche Winter werden künftig häufig auftreten. Die Destinationen und Unternehmen, die damit keine Probleme haben, sind gut aufgestellt.“

Kostenfrage „Technische Beschneiung“

In Sachen technischer Beschneiung sei vieles möglich, selbst wenn die Temperaturen weiter stiegen. „Ich sehe das Pro-blem eher in der Kostenfrage. Die Winter werden teurer, weil mehr technischer Schnee benötigt wird. Da darf man den Punkt nicht übersehen, wo die Kosten die Einnahmen übertreffen“, warnt der Experte. Gerade kleine und mittelgroße Skigebiete, deren Rentabilität ohnehin schon auf wackeligen Beinen steht, werden besonders unter dem Klimawandel leiden. Die Alternative zum Skisport mit seiner enormen Wertschöpfung gebe es nicht. Dennoch müssten die Regionen nach alternativen Angeboten suchen. Wer mit dem Berg werben könne, dem würden sich solche Alternativen bieten – auch über die reine Wintersaison hinaus. Wellness, Biketourismus, Kulinarik am Berg, Winterwandern nennt er in dem Zusammenhang. Ein Patentrezept sieht er allerdings nicht.

Alternative Angebote

„Wir müssen uns alle mit den Klimaschwankungen auseinandersetzen“, fordert Tourismusdirektor Schützinger. Er hält es für ein Gebot der Stunde, nicht die Augen zu verschließen. Laut Schützinger setzen viele Betriebe in Vorarlberg bereits auf Alternativen. Es gebe ein stärkeres Angebot für die schneearme Zeit zwischen April und November, viele Hotels seien inzwischen als Ganzjahresbetriebe aufgestellt. Vorbereitete Rahmenprogramme würden im Winter helfen, schneearme Phasen zu überbrücken.

Kritisch für den Tourismus in der Zukunft sieht Robert Steiger die Vorweihnachtszeit: „Hier wird die Schneelage künftig weiter sehr unsicher sein, während die Verhältnisse im März und April gut sein sollten.“ Die Krux daran: Im Frühjahr bricht die Nachfrage nach Skilauf ein. „Es müsste gelingen, die Nachfrage nach hinten zu verschieben“, meint der Tourismusforscher.

Was den wirtschaftlichen Erfolg betrifft, erwartet Steiger eine Polarisierung zwischen den einzelnen Regionen. „Die Gäste werden dorthin fahren, wo Skilaufen funktioniert.“

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