Unpolitische Unternehmer?
Bei der Betrachtung dessen, was erfolgreiche Unternehmer auszeichnet, wird oft auf verschiedene charakteristische Merkmale hingewiesen. Erfolgreiche Unternehmer würden die Fähigkeit besitzen, kreative Lösungen zu entwickeln und dabei über den Tellerrand hinausdenken. Sie würden sich durch erhöhte Risikobereitschaft auszeichnen. Fleiß, Ausdauer und Entschlossenheit wären weitere unternehmerische Eigenschaften, die zentral für Erfolg seien. Darüber hinaus wären Unternehmer fähig, Fortschritt mitzugestalten und könnten sich mit neuen Bedingungen gut arrangieren. Kurzum: Erfolgreiche Unternehmer zeichnen sich durch besondere Eigenschaften aus. Viele Unternehmer sehen sich selbst mit diesen Eigenschaften ausgestattet, und häufig trifft dies zu – was auch gut ist! Doch ein entscheidender Aspekt für erfolgreiches Unternehmertum wird gerne vernachlässigt: Unternehmertum und unternehmerischer Erfolg sind maßgeblich von politischen Rahmenbedingungen abhängig, die das wirtschaftliche Handeln prägen.
Rahmenbedingungen für Erfolg entscheidend
Wer kurz nachdenkt, erkennt schnell, dass politische Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle spielen. Zum Beispiel hätte jemand, der in den 1960er-Jahren während der Kulturrevolution in China die zuvor genannten unternehmerischen Eigenschaften besaß – und solche Menschen gab es vermutlich zu Hunderttausenden –, eher keinen großen Erfolg als Unternehmer gehabt. Möglicherweise hätte eine solche Person als Parteifunktionär ein bescheidenes Auskommen gefunden oder sie hätte womöglich wegen „falschen“ Ideen mit staatlicher Verfolgung rechnen müssen. Ähnlich bringen im heutigen Russland die typischen Unternehmereigenschaften nur begrenzten Erfolg. Wichtiger sind dort eher politische Beziehungen sowie schauspielerische Fähigkeiten, um glaubhaft so zu tun, als liebe man das Regime.
In freien und relativ marktwirtschaftlich orientierten Demokratien hingegen können Personen mit typischen Unternehmereigenschaften erfolgreich sein. In Österreich, in den Ländern der Europäischen Union oder in den USA ist es leichter, ein erfolgreicher Unternehmer zu sein als in weniger liberalen Demokratien mit unfreier Marktwirtschaft. In den Vereinigten Staaten waren und sind diese Unternehmereigenschaften tendenziell sogar noch wertvoller als beispielsweise in Österreich – „wertvoll“, im Sinne noch besserer Möglichkeiten, eigene Ideen in große Vermögen umzuwandeln.
Die freie Marktwirtschaft, in der sich Unternehmertum entfaltet, steht keineswegs im Widerspruch zu geringer Armut und Wohlstand für alle. Tatsächlich ist Unternehmertum in Wohlfahrtsstaaten wie Dänemark oder den Niederlanden ähnlich gut ausgeprägt, wie in Ländern mit etwas weniger Umverteilung, wie der Schweiz oder den USA. Entscheidend ist vor allem, dass ein sozialer Ausgleich so ausgestaltet ist, dass er das Marktgeschehen möglichst wenig beeinträchtigt. Im funktionierenden Wohlfahrtsstaat bleiben Arbeitsanreize und Marktmechanismen weitgehend erhalten. Damit das erreicht wird, sollte sozialer Ausgleich eher durch direkte Umverteilung über Steuern erfolgen und nicht durch Mindestlöhne, Mietpreisregulierungen oder andere Eingriffe, die das wirtschaftliche Gefüge stärker verzerren können als Steuern dies tun. Auch im Umweltbereich sind Preisanreize in der Regel effektiver als Vorschriften und Verbote. Nach dem Setzen von Preisanreizen, wie beispielsweise der CO2-Bepreisung in Österreich, kann Bürokratie stark reduziert werden, denn man muss nicht bepreisen und regulieren. Wenig Einmischung in die Marktwirtschaft ermöglicht es Unternehmern, ihre Fähigkeiten sowohl für sich als auch zum Nutzen anderer einzusetzen. Ja, „zum Nutzen anderer“, denn für einen generösen Wohlfahrtsstaat muss der private Sektor viel erwirtschaften, damit Steuereinnahmen generiert werden können. Dies wird von politischen Entscheidungsträgern wiederholt übersehen.
Unpolitische Unternehmer?
Aber auch Unternehmer übersehen oft, wie sehr ihr Erfolg nicht nur auf ihren Eigenschaften, sondern auch auf guten politischen Rahmenbedingungen beruht, wie sie eine liberale Demokratie mit freier Marktwirtschaft bietet. Sie neigen dazu, zu wenig darüber nachzudenken, wie sie zur Erhaltung und Verbesserung dieser Rahmenbedingungen beitragen können. Stattdessen lassen sie sich von Politikern einlullen.
Sie sind relativ unkritisch gegenüber Subventionen und nehmen diese dankend an. Ein kritischerer Ansatz wäre, zu hinterfragen, ob etwas, das politisch subventioniert werden muss, möglicherweise gar nicht umgesetzt werden sollte, da es sich nicht eigenständig durchsetzt. Es ist auch oft ein Trugschluss zu glauben, dass Subventionen lediglich eine Art Anschubunterstützung darstellen, um einen Geschäftsbereich wettbewerbsfähig zu machen.
Einige Unternehmer arrangieren sich mit der Bürokratie und heißen Regulierungen willkommen, da diese wie eine Art Schutz vor neuen Wettbewerbern wirken können. Bei hoher Regulierungsdichte und Bürokratie scheuen potenzielle neue Wettbewerber den Markteintritt aufgrund hoher Fixkosten, während etablierte Unternehmen diese Kosten eher tragen und auf ihre Kunden umlegen können.
Dieses Verhalten ist verständlich, denn der Einsatz für ein wettbewerbliches Marktumfeld ist ein öffentliches Gut. Wenn sich ein einzelner Unternehmer dafür einsetzt, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen gering, während seine Kosten hoch sein können. Würden sich viele Unternehmer gemeinsam engagieren, wäre die Erfolgschance höher, aber dann kommt es nicht auf einen einzelnen Unternehmer an. Es ist daher individuell rational, sich nicht für bessere Rahmenbedingungen zu engagieren und sich stattdessen mit Subventionen und marktschützenden Regulierungen zu arrangieren. Allerdings sollten Unternehmer, die sich durch Risikobereitschaft, Entschlossenheit und den Wunsch nach Fortschritt auszeichnen, über den Tellerrand hinausdenken und sich selbst aktiv für gute politische Rahmenbedingungen einsetzen. Insofern sollten sie nicht unpolitisch sein.
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