Andrea Marosi-Kuster

Andrea Marosi-Kuster (45) leitet die Unternehmenskommunikation der Vorarlberger Landeskrankenhäuser. Sie ist studierte Biologin und gebürtige Burgenländerin.

(Foto: © Matthias Weissengruber)

Pollen im Anflug

Mai 2015

Nach einem langen Winter erfreuen sich fast alle am Frühling. Aber eben nicht alle sind guter Dinge, denn für viele Menschen beginnt nun die Zeit des Leidens: Die Pollen wirbeln durch die Luft und plagen die Allergiker. Primar Wolfgang Elsäßer, Leiter der HNO-Abteilung im Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch, über Tendenzen, Diagnose und Therapiemöglichkeiten bei Allergien.

Etwa 1,2 Millionen Menschen leiden in Österreich an einer Allergie, davon kämpfen sich rund 16 Prozent mit Heuschnupfen durch die ersten Sonnenstrahlen und somit durch die sprießende Flora – Tendenz steigend. Die Auslöser dafür sind noch nicht ausreichend geklärt: „Die Medizin geht davon aus, dass die zunehmende Umweltverschmutzung oder auch unser westlicher, übertrieben hygienischer Lebensstil Ursachen für den Vormarsch der Allergien sind“, erklärt Primar Elsäßer. Auch das Erbmaterial spielt eine wesentliche Rolle: Leiden bereits die Eltern an einer Allergie, ist die Wahrscheinlichkeit, einmal selbst eine zu entwickeln, erheblich höher als in einer genetisch nicht vorbelasteten Familie.

Immer mehr Kinder unter den Allergikern

Beunruhigend ist die starke Zunahme bei Kindern. Die Sensibilisierung gegenüber inhalativen Allergenen verändert sich mit dem Alter und steigt von 1,5 Prozent im ersten Lebensjahr auf acht Prozent im sechsten Lebensjahr. Laut Statistik Austria leiden in Österreich etwa sieben Prozent der Bevölkerung an Asthma – mehr als eine halbe Million Menschen. Ein hoher Prozentsatz der Asthmaerkrankungen betrifft Kinder zwischen zwei und sechs Jahren (rund 42.000 Kinder). Es wurde beobachtet, dass Großstadtkinder häufiger betroffen sind als Kinder, die auf dem Land aufwachsen. Deren Immunsystem wird durch die Konfrontation mit Schmutz und potenziellen Krankheitserregern besser „trainiert“ und kann sich gesünder und reaktionsfähiger entwickeln. Aus diesem Grund ist möglicherweise auch die oftmalige Gabe von Antibiotika bei Kindern mitverantwortlich, dass es mehr betroffene Kinder gibt, da das eigene Immunsystem auf diese Weise nicht angekurbelt wird. Unumstritten ist, dass der Grundstein für allergische Erkrankungen schon im Kindesalter gelegt wird: Leidet ein Baby beispielsweise unter Neurodermitis (eine allergische Reaktion der Haut), steigt die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer Pollenallergie zu erkranken, enorm. Ein allergisches Asthma kann dem nachfolgen. Man spricht hier vom „Etagenwechsel“: Die Symptome wandern von oben nach unten, von der Nase am Kopf in die Lunge in der Brust.

So vielfältig die Auslöser sind, so unterschiedlich sind die allergischen Reaktionen

Unser Immunsystem schützt uns normalerweise nur vor gefährlichen und schädlichen Krankheitserregern wie Bakterien oder Viren. Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem auf ganz normale und harmlose Umweltstoffe mit einer massiven
Abwehrreaktion. Der Körper will diese Substanzen, die sogenannten Allergene, hinausbugsieren und reagiert dabei mit juckenden Augen, Schnupfen oder Abgeschlagenheit. Am häufigsten sind Allergien gegenüber Inhalationsallergenen wie Pollen (insbesondere Birke, Erle und Gräser), Hausstaubmilben und Tierhaaren, die den sogenannten „Heuschnupfen“ und in der Folge auch das gefürchtete allergische Asthma auslösen können. Zudem gibt es noch Allergien gegen das Gift von Bienen und Wespen und echte Nahrungsmittelallergien, die lebensbedrohlich sein können.

Präzise Diagnose durch Haut- und Bluttests

Bei Symptomen allergischer Reaktionen wie Ekzeme, Atemprobleme oder chronischem bzw. saisonal auftretendem Schnupfen und tränenden Augen sollte ohne Zögern ein Mediziner aufgesucht werden. „Vor einer Allergieaustestung führt der Arzt mit dem Patienten ein ausführliches Gespräch, um abzuklären, welche Auslöser für die allergischen Symptome infrage kommen. Dann wird ein Hauttest durchgeführt und meist auch noch ein Bluttest, mit dem man spezifische Antikörper nachweisen kann“, erklärt Allergiespezialist Elsäßer. Diese Tests sind sehr aussagekräftig und im Grunde genommen ganzjährig möglich, unabhängig von der Pollensaison.

Therapiemöglichkeiten: Verringerung bzw. Auslöschung der Symptome

Die einfachste Form der Therapie ist die Meidung des Allergieauslösers. Darüber hinaus steht heute eine breite Palette von Therapiemethoden zur Verfügung. Um allergischen Schnupfen und Augenentzündungen lokal zu behandeln, gibt es sowohl zahlreiche Antihistamin-Medikamente, die das Histamin, einen wichtigen Allergieauslöser, entschärfen, als auch abschwellende Tropfen und Kortison-Präparate. Beim bronchialen Asthma helfen entzündungshemmende Inhalationsmittel wie Cromone, kortisonhaltige Trockenpulver und Sprays helfen die verkrampfte Muskulatur zu entspannen.

Eine sehr wirksame Therapie ist die Hyposensibilisierung, die auch als „Allergie-Impfung“ bezeichnet wird, denn sie bekämpft nicht nur die allergischen Symptome, sondern auch die Ursache der Allergie. Das Immunsystem wird über einen Zeitraum von etwa drei Jahren mit dem Allergieauslöser konfrontiert und lernt, nicht mehr überschießend auf diese Umweltstoffe zu reagieren. Die Symptome verringern sich und verschwinden im besten Fall vollkommen. Dieser Effekt hält meistens noch viele Jahre nach dem Ende der Therapie an.

Allergie-Ambulanz am LKH Feldkirch: www.lkhf.at/hno

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