Robert Seeberger

* 1960 in Bludenz, Diplomstudium Physik an der Universität Innsbruck bis 1986, Dissertation 1994 (Universität Innsbruck und Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn, Deutschland), Wirtschaftsingenieurstudium in Liechtenstein bis 1994; Forschungsaufenthalte an Instituten und Observatorien in Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien. Seit 1995 beim Arbeitsinspektorat Bregenz. 2000: Mitarbeit beim Zentralarbeitsinspektorat Wien und bei der Europäischen Agentur für Sicherheit in Bilbao, Spanien.

Weihnachten am Sternenhimmel

November 2018

Die Weisen aus dem Morgenlande sahen den Stern Jesu aufgehen. Er zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind geboren war. Es ist gut möglich, dass der Evangelist Matthäus ein reales Himmelsphänomen beschrieben hat. Heuer wird der Komet Wirtanen unser Weihnachtsstern sein.

Kometen sind fantastische und geheimnisvolle Objekte. Die Klumpen aus Staub, Wassereis, Trockeneis und Gasen wie Methan und Ammoniak sind nur wenige Kilometer groß. Anschaulich kann man Kometenkerne als schmutzige Schneebälle bezeichnen. Den Großteil der Zeit verbringen sie in den äußersten Regionen des Sonnensystems. Manchmal dringen Kometen in das innere Sonnensystem vor. Etwa ab der Jupiterbahn bildet sich um den Kern eine diffuse Hülle, da sich Material ablöst und circa zwei Millionen Kilometer um den Kern herum verteilt. Ab diesem Zeitpunkt werden Kometen durch Teleskope sichtbar. Ihre wahre Pracht entwickeln sie bei der weiteren Annäherung an die Sonne. Der Sonnenwind bläst einen Ionen- und einen Staubschweif von den Kometen weg. Die Schweiflänge kann bis zu 100 Millionen Kilometer lang werden. Vor gut 20 Jahren war ein extrem auffälliger Komet 18 Monate lang mit freiem Auge zu sehen. Hale-Bopp musste nicht mühsam auf Sternenkarten gesucht werden. Kein Komet wurde von mehr Menschen gesehen und bestaunt.
Berühmt ist der Halley’sche Komet, weil er etwa alle 76 Jahre über viele Jahrhunderte hindurch – zuletzt im Jahre 1986 – erschienen ist. 1910 geriet die Menschheit in Panik, weil Halley der Erde besonders nahe kann. Von „Kometengift“ und tödlichen Gasen war die Rede. Man bereitete sich auf den Weltuntergang vor. Kometen galten seit dem Altertum als Unglücksbringer.

Der Stern von Bethlehem

Es ist erstaunlich, dass der Stern von Bethlehem von Künstlern oft als Schweifstern gesehen wurde. Giotto di Bondones Anbetung der Könige aus dem Jahre 1302 ist ein bekanntes Beispiel dafür. Die Geburt des Erlösers kann wohl kaum von einem angeblichen Unglückszeichen am Himmel begleitet worden sein.
Die Geburt Jesu wird zwischen 7 und 4 v. Chr. angesetzt. Das mag ein Widerspruch in sich sein, der Zeitraum orientiert sich jedoch am Tod des Herodes. Zwischen 12 und 11 v. Chr. war der Komet Halley sichtbar und somit als Stern von Bethlehem zu früh. Neben den periodisch wiederkehrenden Kometen gibt es solche, die unerwartet aus den Tiefen des Sonnensystems auftauchen und Wochen später für immer verschwinden. Ein Zusammentreffen eines Kometen mit der Geburt Christi wäre daher möglich, aber mit astronomischen Methoden nicht zu belegen.

Keplers Stern

Johannes Kepler wurde für die mathematische Beschreibung der Planetenbahnen bekannt. Im Dezember 1603 beobachtete er ein Zusammentreffen der hellen Planeten Jupiter und Saturn. Wenig später leuchtete in derselben Himmelsregion ein heller neuer Stern auf. Das Phänomen der Supernovae, dem letzten Aufleuchten eines sterbenden Sterns, war zu Beginn des 17. Jahrhunderts völlig unbekannt. Kepler erklärte das Auf­flammen des neuen Sterns fälschlicherweise mit der vorangegangenen Planetenkonjunktion. Um 7 v. Chr. gab es auch ein Zusammentreffen von Jupiter und Saturn. Kepler folgerte, es müsse damals ebenso ein neuer Stern entstanden sein und diese Konstellation hätten die Weisen aus dem Morgenland gesehen.

Jupiter und Saturn

Die Konjunktion der beiden Riesenplaneten gab es im Jahre 7 v. Chr. tatsächlich. Konradin Ferrari d’Occhieppo war Astronom und Historiker und wirkte unter anderem an der Universität Wien. In seinem Buch „Der Stern von Bethlehem“ verfeinerte er die Theorie über die drei aufeinanderfolgenden Jupiter-Saturn-Konjunktionen, die sich im Sternbild Fische ereigneten. Heute wird diese Theorie bestenfalls als eine Variante über die Natur des Sterns der Weisen gehandelt.

Supernovae

Eine Sternexplosion innerhalb unserer Milchstraße ist beeindruckend und könnte die Geburt Jesu angekündigt haben. Allerdings wäre dann ein Überrest bis heute nachweisbar. Der „Krebsnebel“ im Sternbild Stier ist 6500 Lichtjahre von uns entfernt. Im Jahre 1054 beobachteten chinesische Astronomen einen neuen Stern. Messungen zeigen, dass sich der Krebsnebel ausdehnt, die Gase fliegen in alle Richtungen auseinander. Im Zentrum des Nebels sendet ein Neutronenstern Pulse aus. Rechnungen zeigen, dass die Ausdehnung im Jahre 1054 begann. Damals explodierte der massereiche Stern. Ein Gasnebel, dessen Ausdehnung um das Jahr 7 v. Chr. begann, wurde bislang nicht entdeckt.

46P/Wirtanen – der Weihnachtskomet 2018

Ganz sicher lässt sich nicht mehr rekonstruieren, was im Matthäusevangelium beschrieben wird. Vielleicht ist es nur eine Legende und die Ankunft des Messias wurde mit dem Leuchten eines Sternes verglichen.
Heuer dürfen wird uns über einen Kometen als Weihnachtsstern freuen. Wirtanen ist ein periodisch wiederkehrender Schweifstern, der uns Mitte Dezember auf 11,5 Millionen Kilometer nahe kommt. Wie hell er wirklich wird, ist schwer vorherzusagen, vielleicht mit freiem Auge gerade erkennbar, vielleicht bleibt er ein Objekt fürs Fernglas. Mitte Dezember ist der Schweifstern in der Nähe der Plejaden im Sternbild Stier zu sehen, bis Weihnachten wandert er weiter zum Sternbild Fuhrmann. 
Die weihnachtliche Idylle am Sternenhimmel wird durch eine himmlische Krippe komplett. So heißt ein offener Sternhaufen im Krebs. Er besteht aus circa 300 Sternen und ist knapp 600 Lichtjahre entfernt. Zwei Sterne in der Nähe heißen nördliches und südliches Eselchen.

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