Robert Seeberger

* 1960 in Bludenz, Diplomstudium Physik an der Universität Innsbruck bis 1986, Dissertation 1994 (Universität Innsbruck und Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn, Deutschland), Wirtschaftsingenieurstudium in Liechtenstein bis 1994; Forschungsaufenthalte an Instituten und Observatorien in Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien. Seit 1995 beim Arbeitsinspektorat Bregenz. 2000: Mitarbeit beim Zentralarbeitsinspektorat Wien und bei der Europäischen Agentur für Sicherheit in Bilbao, Spanien.

Zum Mond mit 60 Jahre alter Technik

Juli 2019

Vor genau 50 Jahren betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. Davor waren zirka zehn Jahre Entwicklungszeit nötig. Erstaunt fragt man sich, wie die Pionierleistung mit den damaligen Raketen, Computern, Messgeräten und Kameras gelingen konnte.

Die Anfänge leistungsstarker Raketen gehen auf den zweiten Weltkrieg zurück. Deutschland entwic­kelte Lenkwaffen wie die V2-Rakete. Wernher von Braun, der nach dem Krieg für die Amerikaner arbeitete, und Sergej Koroljow auf sowjetischer Seite waren die Chefentwickler der Weltraumraketen. Ein Wettlauf zur Eroberung des Weltraums begann. Zuerst dominierten die Sowjets: erster Erdsatellit 1957, erste unbemannte Mondumrundung 1959 und erstes Foto von der Mondrückseite, erster Mensch in einer Erdumlaufbahn 1961. US-Präsident John F. Kennedy hielt im Mai 1961 dagegen und forderte, noch vor Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond zu landen und sicher zur Erde zurückzubringen.

Raketentechnik

Alles, was wir hochwerfen, fällt unweigerlich zu Erde zurück. Erst wenn die Wurfgeschwindigkeit 40.000 Kilometer pro Stunde übersteigt, überwindet das Geschoss die Erdanziehungskraft. Die Saturn V hat gigantische Ausmaße. Sie ist so hoch wie ein 30-stöckiges Gebäude. Beim Start wiegt sie über 3000 Tonnen. Drei Stufen, die nacheinander gezündet werden, sorgen für den nötigen Schub. Allein die erste Stufe fasst 810.000 Liter gereinigtes Kerosin und über 1,3 Millionen Liter flüssigen Sauerstoff. Das ist eine unvorstellbare „Bombe“, auf deren Spitze die drei Apollo-Astronauten in einer kleinen Kapsel sitzen. Zudem lösten die Triebwerke Schwingungen an der Rakete aus. Im Dezimeterbereich bewegte sie sich wie eine Ziehharmonika und das bekamen die Astronauten zu spüren. Trotz der Unsicherheiten klappte alles. Die Saturn-V versetzt uns wegen ihrer Dimensionen in Staunen. Andere Schlüsseltechniken der Apollo-Missionen verblüffen ob ihrer Einfachheit.

Fotoausrüstung

Das erste Bild von der Mondrückseite wurde mit „Jenissej-2“ geschossen. Wie bei einem Automat für Passfotos wurde selbsttätig ausgelöst und der Film entwickelt. Das Bild wurde abgetastet, in Signale umgewandelt und zur Erde gefunkt. Dort musste es wieder rekonstruiert werden.
Das „Earthrise“ Foto von Apollo 8 veränderte die Welt. Es zeigt, wie die schöne blaue Erde sich über dem grauen Mond erhebt. „Oh, mein Gott! … Mann, ist das schön“, waren die Worte des Astronauten Bill Anders. Filme waren knapp bemessen. Es gab eine Diskussion an Bord, ob das ungeplante Foto erlaubt war. Denn ihr Auftrag lautete, mögliche Landestellen zu fotografieren. Im Zeitalter der digitalen Handyfotografie scheint die Frage nach einem sparsamen Umgang mit „Filmmaterial“ absurd. Der Fotoapparat war eine Hasselblad-500; nach einer Schwarz-Weiß-Aufnahme entstand das berühmte „Earthrise“-Foto auf einem Ektachrome Farbfilm.

Computer–Fehler–1202

Die Landefähre von Apollo 11 war 1,5 Kilometer vor ihrem Ziel, dem „Mare Tranquilitatis“, als ständig Alarmmeldungen aufleuchteten. Der Computer war überlastet, denn das Bordradar für das Andocken an das Mutterschiff war versehentlich eingeschaltet. Houston und die beiden Astronauten ignorierten das Signal 1202.
Im Endanflug steuerte der Computer die Fähre in ein Geröllfeld mit metergroßen Brocken. Daher übernahm Neil Armstrong per Handsteuerung, überflog einen Krater und landete mit einer Treibstoffreserve von nur mehr fünf bis zehn Sekunden an einer ebenen Stelle.
Der „Auto Guidance Computer, AGC“ an Bord von Apollo 11 wog 32 Kilogramm. Sein Prozessor hatte eine Taktfrequenz von einem Megahertz. AGC verfügte über 74 Kilobyte Speicherplatz und vier Kilobyte Arbeitsspeicher. Nein, hier liegt kein Tippfehler vor – das ist die Spitzentechnologie im Computerbereich der frühen 1960er Jahre. Zum Vergleich: Ein durchschnittliches Mobiltelefon wiegt 1/200 des AGC. Taktfrequenzen von 2,5 Gigahertz sind typisch. 16 Gigabyte Speicher und zwei Gigabyte Arbeitsspeicher sind nichts Besonderes, das heißt ein Computer, der 2000mal langsamer ist und millionenfach weniger Speicher zur Verfügung hat als ein durchschnittliches Mobiltelefon, genügt, um Menschen sicher zum Mond zu navigieren. 
In den 1960er Jahren bestand die Programmierkunst in Maschinensprache darin, möglichst wenig des kargen Speicherplatzes zu verwenden. Der Ausdruck des Programmcodes passt dennoch auf einen Papierstapel, der gleich groß ist wie Margaret Hamilton, die Leiterin Software-Entwicklerteams.

Laserspiegel

Weit vorausschauend waren die Apollomissionen in der Lasertechnologie. Der erste Laser wurde von Theodore Maiman im Jahre 1960 in Betrieb genommen. Ein gebündelter Laserstrahl mit ausreihender Leistung kann die Mondoberfläche erreichen. Aus der Laufzeitmessung des Strahls wird die Mondentfernung auf weniger als einen Zentimeter genau bestimmt. Dazu braucht es sogenannte Retroreflektoren, das sind Spiegelsysteme, die das Laserlicht genau zur Quelle zurückwerfen. Die Crew von Apollo 11 ließ einen Spiegel auf dem Mond zurück. Exakte Lasermessungen führten zur Erkenntnis, dass sich Erde und Mond jährlich um 3,8 Zentimeter voneinander entfernen.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.