Kurt Bereuter

56, studierte BWL, Philosophie und Politikwissenschaften. Organisationsberater und -entwickler, freier Journalist und Moderator, betreibt in Alberschwende das Vorholz-Institut für praktische Philosophie.

Eine private Medizin-Uni für Vorarlberg

Februar 2023

Die Chancen stehen gar nicht schlecht, dass schon in kurzer Zeit in Vorarlberg das Studium der Medizin aufgenommen werden kann. Der Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) steht in den Startlöchern.

Eigentlich ist es absurd, dass österreichische Maturantinnen mit lauter Einsern im Maturazeugnis die umstrittene Aufnahmeprüfung an einer öffentlichen Medizin-Universität in Österreich nicht schaffen, aber aufgrund des Numerus clausus in Deutschland Medizin studieren können, während auf der Gegenseite deutsche Studierende, die den Numerus clausus für eine deutsche Universität nicht schaffen, anschließend in Österreich Medizin studieren. Also den österreichischen zukünftigen Medizinern und Medizinerinnen den Studienplatz wegnehmen und anschließend in Österreich als Ärzte fehlen.
Am 10. November 2022 gab es mit Landesstatthalterin Barbara Schöbi-­Fink und der Landesrätin Martina Rüscher ein Gespräch zu einer privaten Medizin-Uni in Vorarlberg. Hans Concin und aks-Geschäftsführer Georg Posch legten ihre konkreten Überlegungen dar. Neben der Idee einer privaten Medizin-Uni des aks gibt es einen zweiten Interessenten – die „Otto von Warburg-Universität“, die bereits im März 2023 ein Online-Studium namens „EDU“ – mit privaten Lehrkrankenhäusern im Hintergrund – in Deutschland starten will. Akkreditiert ist diese übrigens auf der Republik Malta. Demgegenüber würde die private Med-Uni des aks in Österreich als Präsenzuniversität akkreditiert werden und ginge mit der Paracelsus-Universität in Salzburg eine Partnerschaft ein. Lehrkrankenhäuser wären die Vorarlberger Spitäler, mit denen es laufend Gespräche gebe und die Krankenhausbetriebsgesellschaft in Vorarlberg stehe mit ihrer zentralen Bedeutung zur Seite, sie wäre ja das Rückgrat einer solchen Ausbildung. Sie würde von dieser Med-Uni mitprofitieren, weil im gehobenen Mittelbau der Spitäler nicht nur hochqualifizierte Arbeitsplätze entstehen, sondern auch neue Strukturen mitentwickelt würden. 
Starten sollte diese Ausbildung im Herbst 2024 mit zehn bis 15 Medizinstudierenden aus Vorarlberg vorläufig noch in Salzburg. Diese wechseln dann in zwei Jahren nach Vorarlberg, wo ab dann jeweils 50 Studierende pro Jahr aufgenommen würden: 15 aus Vorarlberg und die restlichen aus dem Ausland, vorwiegend aus Deutschland. Das wären dann im Vollausbau 250 Studierende in Ausbildung an der privaten Med-Uni in Vorarlberg. Denn das Studium dauere nur an der Paracelsus-Universität fünf Jahre, inklusive dem klinisch-praktischen Jahr, bevor das Dr.-Diplom für die Allgemeinmedizin überreicht wird. Und genau das wäre auch die Spezialisierung der Uni, denn es brauche im Land dringendst Allgemeinmediziner, Universalisten. 
Das Studium soll pro Jahr 25.000 Euro kosten, wobei für Vorarlberger Studierende Stipendien möglich wären, die über das Land Vorarlberg, die ÖGK aber auch private Firmen lukriert werden sollen; Interessenten gebe es bereits. Organisiert wäre die Uni als gemeinnützige GmbH mit einer schlanken Verwaltungsstruktur und nach fünf Jahren sollte ausgeglichen bilanziert werden. 
Bis zum Ausbau einer universitären Bildungsstätte müssten alle Studierenden noch in Salzburg an der Paracelsus-Universität starten, um dann im Laufe des zweiten oder dritten Jahres nach Vorarlberg zu wechseln, wo ab dann alle zukünftigen Mediziner studieren könnten. Wo genau diese Uni angesiedelt würde, sei noch unklar, aber „Raum“ sei das kleinste Problem. Auch Lehrpersonal zu finden, sei nicht die Herausforderung, es gebe in Vorarlberg genügend gut ausgebildete und didaktisch erfahrene Mediziner, die hier tätig werden würden. Zudem könnte der eine oder andere Arzt durch die universitäre Karrierechance wieder nach Vorarlberg zurückgeholt werden. Und was die Forschung anlangt, verweist der aks auf die wissenschaftlichen Publikationen der eigenen Ärzte und die Zusammenarbeit mit dem Vivit-Institut, das im Landeskrankenhaus Feldkirch angesiedelt ist und neben 40 Medizinerinnen auch Partnerschaften unterhält.   
Als weiteren Schritt in ihrem Ausbildungsangebot sehen Hans Concin und Georg Posch ein Curriculum für medizinisch-technische Angestellte, denn auch hier gebe es in Vorarlberg einen großen Mangel, um die Bedienung der modernsten und hochentwickeltsten Gerätschaften optimal abdecken zu können. 
Nach den Gesprächen auf landespolitischer Ebene sind die aks-Vertreter guten Mutes, ihre Planungen fortzusetzen und weitere Gespräche zu führen. Natürlich hoffen sie auf diese regionale Lösung und wollen mit privaten Sponsoren aus der Vor­arlberger Wirtschaft einen extern geprüften Finanzierungsvorsprung vorlegen, der die gute Verankerung des aks in der Vorarlberger Spitalslandschaft und auch bei den niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen widerspiegelt. 
Und wieso eine private Medizinausbildung im Land? „Erstens müssten die Studierenden das Land nicht mehr verlassen und wir würden sie gar nicht erst verlieren“, meint Concin, und für eine Auslandserfahrung stehen die Türen offen, wobei jungen Menschen heute sowieso eine viel größere Ausland­erfahrung hätten, wie zu seinen Zeiten. Privat einfach deswegen, weil zu wenige Vorarlberger und Vorarlbergerinnen zum Medizinstudium an den öffentlichen Medizinuniversitäten zugelassen würden und sie die Ausbildungskompetenz gerade für die Allgemeinmedizin allemal auf dem Level der Öffentlichen bieten könnten, ist sich Concin sicher. Es wäre also an der Zeit „Nägel mit Köpfen“ zu machen und die Geheimniskrämerei zu beenden. Gefordert ist dazu aber eine klare und mutige Entscheidung der Vorarlberger Landespolitik. Dann könnte die private Medizin-Uni in Vorarlberg rasch Fahrt aufnehmen und in Folge den Ärztemangel – im Bereich der Allgemeinmedizin und bei Fachärzten – bis in wenigen Jahren entschärfen. Oder auch dieser Anlauf bleibt stecken und das Jammern geht weiter. Denn einen ersten Anlauf gab es schon vor zehn Jahren, der dann aber leider im Sand verlief. Diesmal soll es klappen, geben sich die beiden aks-Vertreter optimistisch.

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