Europa ist sterblich, es kann sterben
Europe est mortelle, elle peut mourir
Europa ist sterblich, es kann sterben
Zum Auftakt des Wahlkampfes für die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2024 hielt der französische Präsident Emmanuel Macron am 25. April eine Rede an der altehrwürdigen Pariser Universität Sorbonne. In dieser warnte er, dass Europa sterblich sei und es sterben könne. Denn in der gegenwärtigen Welt würden die Spielregeln etwa durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, eine beginnende isolationistische Politik der USA unter dem Trumpschen Motto „America First“ und dem ökonomischen Imperialismus von China neu definiert. Nach Ansicht von Macron müsse sich Europa daher als wirtschaftliche und politische Einheit am Verteilen der Karten zum neuen Spiel beteiligen. Ansonsten werde es untergehen. Ein Jahr zuvor hatte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Grundsatzrede vor dem Europäischen Parlament beim Europatag 2023 ebenso warnend gerufen: „Europas Zukunft liegt in unserer Hand.“
Europa als repräsentative Demokratie
Tatsächlich liegt Europas Schicksal seit 1979 zumindest teilweise in den Händen seiner Bürgerinnen und Bürger. In diesem Jahr durften sie erstmals in allgemeinen, direkten, geheimen und freien Wahlen ihre Abgeordneten für ein gesamteuropäisches Parlament bestimmen. Mit dem Vertrag von Lissabon bekam es mit dessen Inkrafttreten 2009 dann auch jene Rechte zugewiesen, welche eine Volksversammlung in einer Demokratie in der Regel hat, also die Verabschiedung von Gesetzen, die Kontrolle von Regierungsorganen und die Mitsprache bei einer Regierungsbildung sowie die Verabschiedung eines Budgets.
In den vergangenen 45 Jahren sank die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen kontinuierlich, von 66 Prozent im Jahr 1979 auf 43 Prozent im Jahr 2014. Bei der letzten Wahl zum europäischen Parlament 2019 stieg sie erstmals wieder: Rund 51 Prozent aller wahlberechtigten Europäerinnen und Europäer nahmen damals dieses demokratische Grundrecht wahr. In Vorarlberg waren es 53 Prozent. Das war besser als in Gesamteuropa, aber in Österreich der zweitschlechteste Wert unter den Bundesländern.
Europa als ein Projekt der Jugend
Der erfreuliche Zuwachs an aktiven Wählerinnen und Wählern 2019 ging insbesondere zugunsten junger Menschen. Das zeigte die Eurobarometer-Umfrage nach der Wahl vom 26. Mai 2019: Demnach stieg die Wahlbeteiligung der Unter-25-Jährigen damals um 14 Prozent, jene der 25- bis 39-Jährigen um zwölf Prozent. Ein solches klares Signal für demokratische Mitbestimmung insbesondere der Jugend unter 25 hatte es in den Staaten der Europäischen Union zuvor nicht gegeben. Richtigerweise interpretierte der damalige Präsident des EU-Parlaments David Sassoli die erfreuliche Steigerung der Teilnahme an EU-Wahlen als Ausdruck der Wertschätzung demokratischer Grundrechte und der Legitimität der gesamteuropäischen Volksversammlung. Er versprach daher für die kommende Legislaturperiode eine stärkere Wahrnehmung der Kontrollrechte des Parlamentes gegenüber der EU-Kommission. Das wurde auch umgesetzt.
Jugend zeigt Interesse an Europa
Vorarlbergs Jugendliche sind sich der hohen Bedeutung von Wahlen als Mittel bürgerlicher Partizipation sehr bewusst. Sie wollen diese bei den kommenden EU-Wahlen am 9. Juni 2024 auch anwenden. Das zeigte ein Workshop mit 42 Klassen- und Schulsprechern aus allen Vorarlberger allgemein- und berufsbildenden Schulen, der Mitte April durch mehrere Organisationen im Dornbirner Kulturhaus abgehalten wurde. Zu diesen Organisationen zählten: aha Jugendinfomationszentrum, Amt der Stadt Dornbirn, jugendornbirn, Europe Direct Vorarlberg, Panthersie für Europa und das Zentrum Polis.
Die direkt gewählten Vertreterinnen und Vertreter von bis zu 20.000 bei den EU-Wahlen wahlberechtigten Vorarlberger Schülerinnen und Schülern gaben ein klares Statement für das Wahlrecht ab. Sie wollen es am 9. Juni 2024 auch nutzen.
Zumindest in dieser Gruppe von Wählerinnen und Wählern ist Macrons Sorge um ein Sterben Europas also unbegründet. Sie nimmt im Sinne des Aufrufs von Scholz vom 9. Mai 2023 die europäische Zukunft in die eigenen Hände.
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