Thomas Feurstein

* 1964 in Bregenz, Studium der Germanistik und Geografie, Biblio­thekar und Leiter der Abteilung Vorarlbergensien an der Vorarlberger Landes­bibliothek seit 1998.

 

Ein Fall für Alex Beer

Dezember 2020

Die Liste der Vorarlberger Krimiautoren wir jedes Jahr länger und obwohl die meisten von ihnen von der Schriftstellerei nicht leben können, erfreuen sie ihre Leser in beindruckender Vielfalt mit Krimis in bekannter Umgebung. Davon hebt sich die aus Lustenau stammende Daniela Larcher, alias Alex Beer deutlich ab, da sie seit einigen Jahren im renommierten deutschen Limes-Verlag publiziert und ihre Bücher bemerkenswerte Auflagen erreichen. Die Entwicklung, die sie genommen hat, ist interessant, ermittelten ihre Kommissare doch zunächst in einem Bergdorf, klassisches „cosy crime“ mit schrulligen Ermittlern. Erst mit der Erfindung von Kriminalinspektor Emmerich, der in mittlerweile schon vier Romanen im Wien der 1920er Jahre ermittelt, gelang Alex Beer ein Qualitätssprung, der auch von den Lesern entsprechend honoriert wird. Alex Beer gewann 2019 den Österreichischen Krimipreis und 2020 die MIMI, den Krimi-Publikumspreis des deutschen Buchhandels. Im Rahmen ihrer Lesung in der Vorarlberger Landesbibliothek beantwortete Daniela Larcher/Alex Beer die Fragen von „Thema Vorarlberg“:

Vielleicht die Frage, die Ihnen schon am häufigsten gestellt wurde. Warum das Pseudonym Alex Beer? Hat der Name irgendeine Bedeutung?

Bei meinen ersten Büchern handelte es sich um eben genanntes „cosy crime”. Die Krimis um August Emmerich und Isaak Rubinstein sind da ganz anders geworden. Düsterer, kälter und härter. Es war mir sehr wichtig, dass durch einen etablierten Namen keine falsche Erwartungshaltung geschürt wird, weswegen ich mich entschieden habe, unter Pseudonym zu veröffentlichen. Abgesehen davon, dass der Name kurz und einfach zu merken ist, habe ich Alex Beer gewählt, weil ich den Namen für eine Art weiße Leinwand hielt. Alex Beer kann theoretisch alles sein: Frau/Mann, alt/jung, national/international … 

Ursprünglich, als Daniela Larcher, schrieben Sie den klassischen Regionalkrimi. Wie erklären sie sich den ungebrochenen Boom dieser Literaturgattung?

Beim Regionalkrimi geht es meines Erachtens vor allem um die Örtlichkeit. Viele Menschen wollen etwas lesen, das bei ihnen um die Ecke spielt. Sie freuen sich dann, wenn sie Schauplätze, Menschen, Gegebenheiten … wiedererkennen.
Sie haben in Wien Archäologie studiert? Wie weit begünstigt ihre gedankliche Nähe zur Geschichte die Hinwendung zum historischen Roman?
Es ist natürlich äußerst hilfreich beim Schreiben von historischen Romanen, einen dementsprechenden Hintergrund zu haben. Ich weiß, wie man gut recherchiert, wie man sich in die Köpfe von historischen Personen versetzt, welche Quellen es gibt, und wo man Pläne, Beschreibungen und anderes finden kann.

Ihre Krimis spielen im Wien nach dem 1. Weltkrieg. Die Stimmung in der Stadt ist neben der kriminalistischen Handlung in ihren Romanen allgegenwärtig? Was fasziniert Sie gerade an dieser Zeit?

Die meisten Menschen kennen Wien als die lebenswerteste Stadt der Welt, was aber viele nicht wissen, ist, dass es eine Phase gab, in der Wien so ziemlich das Gegenteil davon war. Die Stadt war ein echter Moloch. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg mangelte es an allem: an Lebensmitteln, an Kohle, an Seife und Kleidung. Arbeit war rar, genauso wie Wohnraum. Das Einzige, was es im Überfluss gab, waren Krankheiten, Hunger und Kälte. Diese völlig andere Lebenswelt aufzuzeigen stellte einen ganz besonderen Reiz für mich dar.

Woher beziehen Sie die realitätsnahen Details, die es den Lesenden so leichtmachen, in die unsichere, aber auch aufregende Zeit nach dem 1. Weltkrieg einzutauchen?

Ich habe Wochen und Monate in der Nationalbibliothek verbracht und dort so viele Zeitzeugenberichte wie möglich gelesen. Tagebücher, Briefe, Autobiografien … Ich denke für einen historischen Roman ist es wichtig, so viele Informationen aus erster Hand zusammenzutragen, wie nur irgendwie möglich. 

Wie lebt es sich als Bestsellerautorin? Schrei­ben Sie nur, wenn Sie Lust haben, oder entsteht durch den Erfolg auch Druck, dem Verlag regelmäßig Romane liefern zu müssen?

Der Erfolg bringt einen gewissen Druck mit sich. Die Leser wünschen sich Nachschub, den muss man regelmäßig liefern. Gleichzeitig bringt der Erfolg aber auch viel zusätzliche Arbeit. Ich halte über 30 Lesungen und Signierstunden im Jahr ab, im In- und Ausland – da gehen viele Stunden für die Reiseplanung drauf. Zusätzlich habe ich Fototermine zu absolvieren, Interviews, Preisverleihungen, Jurytätigkeiten … Kurzum: Ich arbeite mehr denn je, aber es macht zum Glück nach wie vor sehr viel Freude.

Haben Sie noch eine Beziehung zu Vorarlberg? Verspüren Sie in Vorarlberg ein anderes Lebensgefühl als in Wien?

Meine Eltern leben noch immer in Lustenau, weswegen ich regelmäßig zu Besuch komme. Natürlich ist das Leben auf dem „Land“ ein anderes als das in der Stadt. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Wenn es aber eines gibt, das ich gelernt habe, dann ist es Folgendes: „You can get the girl out of Vorarlberg, but never Vorarlberg out of the girl.“ 

Vielen Dank für das Gespräch!

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