Thomas Feurstein

* 1964 in Bregenz, Studium der Germanistik und Geografie, Biblio­thekar und Leiter der Abteilung Vorarlbergensien an der Vorarlberger Landes­bibliothek seit 1998.

 

Sind Sie ein Kaminfeger?

März 2016

Diese harmlose Frage, an den streitbaren Abt Franz Pfanner gerichtet, motivierte diesen, sich 1874 in einer kleinen Schrift über die Dummheit des Fragenden zu beklagen. Dieser hatte den Trappisten aufgrund der schwarzen Kopfbedeckung für einen Kaminkehrer gehalten und damit dessen Zorn auf sich gezogen. Pfanner, mit Herz und Seele Trappist, nahm diese Gegebenheit zum Anlass, seinen Orden näher zu beschreiben. Dessen charakteristische Eigenheiten sind bis heute die strenge Klausur, die Einhaltung von Schweigegelübden, der Verzicht auf seelsorgerische Tätigkeit außerhalb des Ordens sowie die intensive Marienverehrung.

Wendelin Pfanner wurde 1825 am Pfannerhof in Langen bei Bregenz knapp an der deutschen Grenze geboren, besuchte das Gymnasium in Feldkirch und hatte dann die Möglichkeit, in Innsbruck, Brixen und Padua Theologie und Philosophie zu studieren. Am 28. Juli 1850 wurde er im Dom zu Brixen durch Bischof Galura zum Priester geweiht. Anschließend wirkte er neun Jahre als Pfarrer in der damals noch eigenständigen Gemeinde Haselstauden bei Dornbirn. Nachdem er nach einer schweren Krankheit 1863 in das Trappistenkloster Mariawald an der Eifel eingetreten und dort schnell zum Prior aufgestiegen war, übernahm er 1869 die Gründung des Trappistenklosters Mariastern bei Banja-Luka in Bosnien. Der Grund für den plötzlichen Fortgang von Mariawald dürfte das cholerische Naturell Pfanners gewesen sein, das unter den Mitbrüdern eine massive Gegnerschaft anwachsen ließ. Im vorwiegend muslimisch geprägten Bosnien bewährte sich das legendäre Organisationstalent Pfanners, das innerhalb weniger Jahre den Bau eines großen Klosters möglich machte. Aber auch hier war Pfanner in Konflikte innerhalb und außerhalb des Klosters verstrickt, was ihm den neuerlichen Weggang erleichterte.

Im Alter von 54 Jahren nahm Pater Franz Pfanner als Prior von Mariastern am Generalkapitel der Trappisten in Frankreich teil. Dort bat ein südafrikanischer Bischof den Orden, in seiner Region ein Kloster zu gründen. Während die versammelten Äbte und Oberen noch diskutierten, entschied Pater Franz Pfanner spontan: „Wenn keiner geht, dann gehe ich!“

1880 erreichte Pater Franz Pfanner mit 30 Mönchen Dunbrody in der Kapkolonie. Allerdings war die Gegend so trocken, dass er die Niederlassung schon zwei Jahre später wieder verlassen musste und sich auf den Heimweg nach Europa machte. Am zweiten Weihnachtstag im Jahre 1882 blieb die Reisegruppe mit ihren schwerbeladenen Ochsenwagen im Schlamm stecken. Der erste heftige Regen nach zwei Jahren Trockenheit machte das Fortkommen der Karren unmöglich. Franz Pfanner entschied spontan: „Abladen! Hier bleiben wir. Hier bauen wir unser Kloster!“ In kürzester Zeit gelang, es in Mariannhill und den dazugehörigen Außenstationen eine funktionierende Infrastruktur aufzubauen. Dazu gehörten eine Kirche, ein Schlaf- und der Speisesaal, ein Krankenzimmer, eine Bibliothek, ein Werkzeuglager, Tischler-, Schmiede-, Schuster- und Schneiderwerkstätten.
Am 27. Dezember 1885 wurde Pfanner zum Abt des Klosters Mariannhill geweiht. Bald jedoch begannen die Schwierigkeiten mit der Ordensleitung der Trappisten, da sein Missionseifer auf der einen und die trappistische Ordensregel auf der anderen Seite sich nicht vertrugen. So musste Pfanner 1892 sein Amt niederlegen und zog sich in die Missionsstation Emaus zurück. Fast 84-jährig starb Franz Pfanner am 24. Mai 1909 in Süd­afrika. Kurze Zeit später löste Papst Pius X. das Kloster Mariannhill aus dem Ordensverband der Trappisten und gab den Weg frei zur Gründung der Kongregation der Missionare von Mariannhill. Damit wurde der Weg Pfanners im Nachhinein von höchster Stelle bestätigt.

Das Bild, das wir heute von Franz Pfanner haben, ist widersprüchlich. Auf der einen Seite gibt es zahlreiche Publikationen über Pfanner – die meisten davon in der Landesbibliothek vorhanden –, in denen seine Energie, seine Begeisterungsfähigkeit sowie sein tiefer Glaube gepriesen werden. Pfanner war offensichtlich auch ein hervorragender Rhetoriker und konnte mit seinen Reden und Schriften Menschen für seine Ideen begeistern. Von Südafrika aus laufen im Moment Anstrengungen, ihn seligsprechen zu lassen. Als Voraussetzung dafür prüft eine örtliche Historikerkommission alle relevanten Fakten, ehe das eigentliche Verfahren in Rom beginnen kann.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch kritische Stimmen wie etwa die des Afrikanisten Claus Gütl von der Universität Wien, Spezialist für afrikanische Missionsgeschichte. Im Rahmen des Österreichischen Biographischen Lexikons verfasste er die „Biographie des Monats September 2015“ und kommt dabei zu dem Fazit, dass „Pfanner glaubte, sich nicht an Gesetze und Regeln halten zu müssen. Die wiederholte Missachtung von gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Gepflogenheiten zeichnete sein Verhalten aus. Er geriet ständig in Konflikte, sowohl in Österreich, Deutschland, Kroatien, Bosnien und Südafrika.“

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.