Ulrike Delacher

Die gebürtige Tirolerin studierte Germanistik und Integrierte Kommunikation. Sie leitet die Unternehmenskommunikation bei der Vlbg. Krankenhaus-Betriebsgesellschaft.

(Foto: © Matthias Weissengruber)

Akutneurologie – wenn jede Minute zählt

März 2017

Neue Methode der Schlaganfall-Behandlung im Landeskrankenhaus Feldkirch.

Plötzlich treten Lähmungen am Gesicht, Bein oder am Arm auf, eine der Körperhälften fühlt sich taub an. Es kommt zu Sehstörungen, der Betroffene zeigt Schwierigkeiten beim Sprechen oder Verstehen – dann kann es sich um einen absoluten Notfall handeln: um einen Schlaganfall. Nun heißt es: „Time is brain“ – Zeit rettet Leben. „Bei Verdacht auf Schlaganfall darf man keine Zeit verlieren. Rufen Sie umgehend die Rettung unter der Nummer 144 an“, erklärt Primar Dr. Philipp Werner. Er weiß dies ganz genau, denn er leitet das Institut für Akutneurologie und Schlaganfall (IANS) am Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch. „Ein Schlaganfall ist eine plötzliche Gehirnfunktionsstörung, zumeist verursacht durch ein Blutgerinnsel. Nur eine rasch einsetzende Behandlung innerhalb der ersten Stunden kann das Ausmaß des Schadens am Gehirngewebe verringern.“ Es ist die dritthäufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen. Jährlich erleiden etwa 23.000 Österreicher, davon rund 1000 Vorarlberger, einen Schlaganfall.

Rasche Diagnose ist sehr wichtig

Bereits während des Anrufs bei der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle (RFL) kann durch ein gezieltes Abfrageschema mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schlaganfall diagnostiziert werden. Der in der Regel hinzugezogene Notarzt veranlasst die umgehende Einlieferung in ein Krankenhaus. Im Idealfall werden die Betroffenen an ein Zentrum mit einer sogenannten Schlaganfalleinheit („Stroke Unit“) gebracht. In jedem Fall sollte sehr rasch die Diagnose gestellt werden und die Behandlung innerhalb der ersten 4,5 Stunden einsetzen – etwa durch das Auflösen des Blutgerinnsels mit der Lysetherapie. Nur so kann das Ausmaß des Schadens am Gehirngewebe verringert werden.

Neue Behandlungsmethode

Zusätzlich zur bisher etablierten medikamentösen Behandlung, der Lysetherapie, steht Schlaganfall-Patienten in Vorarlberg seit Juli 2016 eine neue Behandlungsmethode zur Verfügung – die sogenannte Thrombektomie (Thrombus: Blutgerinnsel; Ektomie: Entfernung, Herausschneiden). Dadurch können große verstopfte Gefäße im Gehirn schneller und vor allem effizienter wiedereröffnet werden, um die Durchblutung wieder zu gewährleisten. Hierbei wird ein Mikrokatheter via Leiste über die Körperschlagader bis ins Gehirn vorgeschoben. Hier kann dann mittels eines circa einen bis eineinhalb Millimeter großen Stents das Gerinnsel über den Katheter mechanisch aus dem Gefäß herausgezogen werden. Dadurch ist die Durchblutung in diesem Gebiet wieder gewährleistet – der Schlaganfall kann sich zurückbilden. Durchgeführt wird diese Therapie in der interventionellen Radiologie am Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch in Zusammenarbeit mit der Akutneurologie. Diese hochselektive Therapiemethode ist leider nicht bei allen Betroffenen möglich. Aber immerhin wird sie zukünftig bei etwa 10 bis 15 Prozent aller Schlaganfallpatienten angewendet werden und beim einzelnen Patienten schwere Folgeschäden verhindern.

„Time is Brain“

Die Stroke Unit in Vorarlberg wurde im Jahr 2014 am Landeskrankenhaus Feldkirch eingerichtet. Hier werden Patienten mit Schlaganfällen rund um die Uhr behandelt. Der Vorteil dieser Units ist die rasche Bündelung der Kompetenz und die im Vergleich zur Normalstation intensiveren Überwachungsmöglichkeiten der Erkrankten. Denn bei der Schlaganfallbehandlung ist Zeit kostbar: „Time is Brain“, zu deutsch „Zeit ist Hirn“.

Vor der Einrichtung der Stroke Unit – und auch jetzt noch, je nach Schwere und Art des Schlaganfalls – wurden und werden Schlaganfallpatienten in Abteilungen für Innere Medizin in Vorarlberger Krankenhäusern behandelt. Primar Dr. Philipp Werner: „Die Errichtung des IANS am Landeskrankenhaus Feldkirch war der logische Schritt zu einer optimierten Schlaganfallbehandlung in Vorarlberg. Es fungiert als Drehscheibe in der Versorgung neurologischer Akutpatienten, insbesondere Patienten mit Schlaganfall. Rund um die Uhr stehen der Vorarlberger Bevölkerung nun Mitarbeiter des IANS mit hoher Expertise zur Verfügung. Gleichzeitig schulen wir laufend unsere Notärzte im Erkennen und Erstbehandeln von Schlaganfällen. Denn: Jede Minute zählt für den Betroffenen. Aber das Wichtigste ist, dass die Betroffenen oder deren Angehörige im Falle von plötzlichen neurologischen Ausfallserscheinungen umgehend die Rettung alarmieren.“

 

Zahlen, Daten und Fakten

Wie erkennt man einen Schlaganfall?

  • Plötzliche Lähmung an Gesicht, Bein, Arm (z. B. halbseitig)
  • Plötzliche Gefühlsstörung, z. B. Taubheitsgefühl einer Körperhälfte oder in Teilbereichen
  • Plötzliche Sprachstörung: Schwierigkeit sprechen oder Gesagtes zu verstehen
  • Plötzliche Sehstörungen: teilweiser Ausfall des Gesichtsfeldes auf beiden Augen
  • Plötzlich auftretender, heftiger Kopfschmerz, unter Umständen mit Erbrechen und neurologischen Ausfällen einhergehend

Sofortmaßnahmen

  • Ein Schlaganfall ist ein Notfall – verlieren Sie keine Zeit!
  • Rufen Sie umgehend die Rettung: Telefon 144

Akutneurologie LKH Feldkirch

  • Notfallambulanz/Schlaganfalleinheit/Hirnkreislauf-Ambulanz www.lkhf.at/akutneurologie
  • 4 Betten Stroke Unit
  • Etwa 600 Patienten 2016
  • Leitung: Primar Dr. Philipp Werner
  • 8 Fachärztinnen für Neurologie, 2 Ausbildungsärzte
  • Pflegeteam
  • Ergo- und Physiotherapeutinnen, Logopädinnen sowie EEG-Assistentinnen

Selbsthilfeverein
für Patienten in Vorarlberg nach Schlaganfall und Schädelhirntrauma und deren Angehörige: www.net-lugg-lo.at

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