Simon Groß

Vorarlberger Gemeindeverband

Terminator, Dr. Seltsam und Mad Max

Juni 2020

In den vergangenen Wochen haben sicherlich viele Menschen weitaus mehr Zeit vor dem Fernseher verbracht als gewöhnlich. „Wem“ das geschuldet ist, wissen wir – mittlerweile zur Genüge. Inmitten der Informationsflut samt Fake News und Verschwörungstheorien scheint es, dass das Fernseh- oder Streamingprogramm immer auch eine Portion Weltuntergang zu bieten hat.

Nach einem ausgiebigen Fernseh-Wochenende und dem Blick auf meine Watchlist drängte sich mir die Frage auf, warum mich vor allem filmische Science-Fiction-Apokalypsen so vom Hocker reißen. Es sind weniger die Heuschreckenplagen, Mega-Erdbeben und Kometen, auch nicht die Kornkreise, überfällige Maya-Kalender oder Killer-Spezies jeglicher Art, sondern deutlich mehr Szenarien technischer Natur, die mich richtig interessieren. Ich kann selbst jetzt, während gerade diese Zeilen entstehen, einfach nicht widerstehen, direkt mit einem ganz berühmten Zitat einzusteigen:

„Ill be back!“

Ich katapultiere mich gerade zurück in die Vergangenheit, in das Wohnzimmer meiner Kindheit, genau genommen zurück an jenen Abend, an dem Mama und Papa zum Essen aus waren und ich ja sowieso nur bis maximal 21 Uhr fernsehen würde. „Klar!“ Schmackhafter und leichter kann man einem Heranwachsenden etwas Verbotenes nicht machen. Ich wusste genau, in welcher Ecke des Fernsehkastens die höchstinteressante VHS-Kassette „versteckt“ war. Und das Cover war wirklich verdammt eindrucksvoll: Arnold Schwarzenegger, eine offene Lederkutte über seine gigantischen Muskelberge gestülpt, ein grimmiges „Gesicht“ – zur Hälfte als freigelegter Titanschädel mit glühend rotem Auge – und dazu ein gewaltiger verchromter Schießprügel in der Hand… „Oh, das sieht vielversprechend aus!“ Sie kennen den Film vermutlich, aber ich „spoilere“ zu gerne:
Ein sogenannter Terminator – ein Killer-Roboter in Menschengestalt, sofern sich das angesichts Arnolds damaliger Form noch so sagen lässt – reist aus der Zukunft in die Vergangenheit, um hier die Mutter eines noch nicht einmal geborenen Kindes zu ermorden, damit dieses gar nicht erst auf die Welt kommt, weil es wiederum im Jahr 2029 etwas zerstören werden würde: Skynet, ein komplex vernetztes System künstlicher Intelligenz, das dabei ist, die letzten überlebenden Menschen eines globalen Atomkriegs systematisch auszulöschen. In der „vergangenen Gegenwart“, Schauplatz Los Angeles 1984, wird jedenfalls rasant gesucht und verfolgt, zerstört, geballert, geflüchtet, dann schließlich der Killer-Cyborg auch besiegt. Vorerst, denn besagtes Ungeborenes wird als Anführer der „Resistance“ erbittert gegen Skynet und dessen Übermacht kämpfen.

Weniger Fiktion und eine Spur von Science

Nuklearwaffen sind nicht nur in der inzwischen mehrteiligen Terminator-Reihe, sondern in zahlreichen weiteren Genreklassikern der „menschlich-technischen Science-Fiction“ Dreh- und Angelpunkt des Verderbens. Bei genauerer Betrachtung ist das beklemmende Thema nicht einmal die Atomenergie selbst, eine einerseits theoretisch „saubere“ Energiequelle, andererseits apokalyptische Massenvernichtungswaffe. Wobei es in Filmen wie dem Terminator immer der Mensch selbst ist, der den roten Knopf drückt. Auch im Fall Terminator ist das vermeintlich Böse, die Menschheit auslöschende Skynet, die menschliche Krux: Denn der hat das System überhaupt erst entwickelt, damit es ihn vor allen Bedrohungen schützt. Es ist so trivial wie paradox: Die vermeintlich fiktive Geschichte ist viel realer, als man glauben möchte. Das System hat erkannt, dass wir uns vor uns selbst schützen müssen. Das war zumindest der klare Auftrag. Filme, wie insbesondere Terminator, waren und sind jedenfalls ein interessanter Ausdruck der damals vorherrschenden Gegenwartsbefürchtungen: Sie bringen vor allem retrospektiv den unverkennbar bunten und schrillen, aber mitunter auch düsteren Zeitgeist der 1980er-Jahre auf den Punkt, der durch bereits einige höchstbrisante Situationen im Kalten Krieg mitgestaltet wurde: Allgegenwärtige gigantische Militärmanöver, Stellvertreterkriege, Spionageaffären und die exzessive globale Aufrüstung spitzten sich wiederkehrend auf das große „Angstszenario Atomkrieg“ zu. Das Thema Atomkrieg ist aber mit einem Jahrzehnt nicht vergessen, es kommt unweigerlich wieder und wieder hervor, wie wir es auch von den Modetrends kennen: „The Donald“ und sein Kontrahent, der nordkoreanische „Raketenmann“, sorgten mit ihrer kindischen und doch ernstzunehmenden Zankerei vor nicht allzu langer Zeit erst für mulmige Gefühle und Erinnerungen – wo wir wieder bei den roten Knöpfen wären.

Postapokalyptische Eitelkeit

Es ist eigentlich abartig, wie wichtig sich der Mensch nimmt: Sogar nach einem Weltuntergang – und da sollte es gemäß meiner Auffassung zumindest wirklich nichts mehr geben – ist er in seiner Wahrnehmung und Vorstellung der Geschichte noch da, zwar oft kriechend, ausgemergelt und bleich vom Atomwinter, aber stur und voller Tatendrang, sich auch in der neuen Dystopie durchzusetzen. Fast wie ein Terminator, der seinem Auftrag nachgeht. Da braucht es weit mehr, als einen läppischen Klimawandel, denn der haut ja auch keinen wirklich vom Hocker. Abertausende schleimige Aliens, Bomben, Maschinen, sogar Zombies und Vampire können uns nichts anhaben, denn selbst die kriegen wir in den Griff, indem wir einfach zu selbigen mutieren…

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