Kurt Bereuter

56, studierte BWL, Philosophie und Politikwissenschaften. Organisationsberater und -entwickler, freier Journalist und Moderator, betreibt in Alberschwende das Vorholz-Institut für praktische Philosophie.

Kampfflieger im Ersten Weltkrieg

Juli 2025

Drei Historiker aus Vorarlberg widmen sich in vier Bänden den „Feldpiloten“ aus Tirol und Vorarlberg in der österreichisch-ungarischen Fliegertruppe im Ersten Weltkrieg. Zwei Vorarlberger sollten eine besondere Rolle spielen: Ernst Flatz und Pius Moosbrugger.  

Im Juni 1914, einen Monat vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, kam es ausgerechnet durch einen Vorarlberger Piloten zum größten Unglück der frühen Militärluftfahrt in Österreich. Oberleutnant Ernst Flatz, zuständig nach Bregenz, mit dem österreichischen Fliegerdiplom Nr. 117, war zwar ein ausgezeichneter Pilot, aber laut Quellen als Draufgänger bewundert und gefürchtet gleichermaßen. Am 20. Juni 1914 flog er mit seinem Doppeldecker des Typs „Farman HF-20” zu nahe an das österreichische Luftschiff „Körting M III“ heran. Eine Böe verursachte eine Kollision, das Flugzeug stürzte nahezu senkrecht ab, das Gas im Luftschiff kam zur Explosion, und auch die Körting M III stürzte ab. Flatz, sein mitfliegender Fregattenleutnant und alle sieben Insassen des Luftschiffes überlebten das Unglück nicht. Flatz wurde die alleinige Schuld zugeschrieben: „Pilotenversagen“. Mit diesem Unglück endete die Geschichte der militärischen Luftschifffahrt in der Doppelmonarchie. Auf Seiten der Alliierten sollten sie im Zweiten Weltkrieg noch einmal eine Nebenrolle spielen, zur Aufklärung und zum Schutz von Schiffskonvois vor feindlichen U-Booten. Am 6. Mai 1945 sollen zwei US-Luftschiffe an der letzten Versenkung eines deutschen U-Bootes (U 853) beteiligt gewesen sein.

Der Anfang der militärischen Luftfahrt in Österreich
Die Geschichte der militärischen Luftfahrt in Österreich begann 1893, mit der Gründung der kaiserlich-königlichen Militäraeronautischen Anstalt. Kamen vorerst nur Luftschiffe und Ballone zum Einsatz, erfolgten ab 1910 in Wiener Neustadt die ersten Übungen mit Motorflugzeugen. Ab 1911 wurden erstmals auch Militärpiloten ausgebildet, anfänglich mit den beiden Modellen Pfeilflieger und der Etrich-Taube. Doch bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs steckte die militärische Luftfahrt noch in Kinderschuhen, es standen vorerst nur 85 Piloten zur Verfügung und 39 bedingt kriegstaugliche Maschinen. Erst mit der neuen Front gegen Italien ab Mitte 1915 erfolgte der eigentliche Ausbau der österreichisch-ungarischen Luftfahrttruppen zu echten Luftfahrtstreitkräften. 
Die bisher verwendeten Maschinen wurden durch schnellere, wendigere und mit einem Maschinengewehr bewaffnete Flugzeuge ersetzt. Diese Flugzeuge konnten neben ihrer Aufklärungsarbeit auch durch Bombenabwürfe und MG-Feuer in die Bodenkämpfe eingreifen und – vor allem auch feindliche Maschinen in der Luft bekämpfen, wie der Historiker Thomas Albrich in seinem Buch „Feldpiloten, Beobachteroffiziere und Ballonfahrer“ festhält. Wobei der Luftraum erst ab 1917 zum „Kampfplatz“ geworden sei.

Vorarlberger Piloten
Während zu Beginn des Militärflugwesens noch enthusiastische Piloten aus der Mittel- und Oberschicht als Piloten gewonnen werden konnten, verschob sich das mit Kriegsbeginn in die Breite der Bevölkerung. Albrich zufolge wurde eine ganze Reihe von Tirolern und Vorarlbergern, die ohne Krieg niemals in einem Flugzeug gesessen hätten, zu Piloten und mitfliegenden Beobachteroffizieren. So wurden junge Männer ohne Vorkenntnisse oder Vorausbildung zur Luftfahrttruppe eingeteilt oder meldeten sich freiwillig, wie Johann Martin Luger aus Dornbirn oder Gebhard Vonbun aus Frastanz. 

Pius Moosbrugger
Pius Moosbrugger (1897 – 1978) aus Nüziders ist wohl der bekannteste Kampfflieger aus Vorarlberg. Er war von Oktober 1954 zehn Jahre lang für die SPÖ Landtagsabgeordneter und Zweiter Landtagsvizepräsident im Vorarlberger Landtag. Er war ein Enkel von Kaspar Moosbrugger, dem Schwager von Franz Michael Felder, was ihn nicht daran hinderte, 1938 in die NSDAP einzutreten und Schulungsleiter des NS-Fliegerkorps und Kameradschaftsführer des NS-Kriegerbundes zu werden. 
Moosbrugger stammte aus einer bäuerlichen Familie, war technikbegeistert und als Schlosser im Luftschiffmotorenbau der Zeppelinwerke in Friedrichshafen beschäftigt, ehe er 1915 beim Militär angefordert wurde. Dort beantragte er die Einteilung zu den k.u.k. Luftfahrttruppen, um als Pilot in den Kriegsdienst einzutreten. Er erhielt eine achtwöchige Grundausbildung und absolvierte seine ersten Flugstunden mit der einsitzigen „Etrich-Taube“, um auf den Einsatz an der Front vorbereitet zu werden.
Anfang August 1916, mit 19 Jahren, wurde er der Nordostfront zugeteilt, wo er seine ersten Aufklärungs- und Feindflüge absolvierte. Nach mehreren erfolgreichen Feindflügen wurde er befördert und erhielt mehrere Auszeichnungen „in Anerkennung tapferen Verhaltens als Flieger vor dem Feinde“. Im September 1917 wurde er an die Italienfront verlegt und konnte auch dort mehrere erfolgreiche Feindflüge absolvieren, obwohl sein Flugzeug mehrmals beschädigt wurde. Nach der 12. Isonzoschlacht erkrankte Moosbrugger an Malaria und wurde dann als Fluglehrer in Przemysl eingesetzt. 
Das letzte Kriegsjahr 1918 war geprägt von der stetig zunehmenden Quantitäts- und Qualitätsüberlegenheit der feindlichen Luftkräfte und führte zu Ermüdung, Verschleiß und Verlust von Material und Personal in den k.u.k. Luftfahrtruppen. Das Ende des Krieges bedeutete für die besiegten Luftfahrtruppen Österreichs den vollständigen Zusammenbruch, wie die Autoren im vierten Band festhalten. Für die große Mehrheit der überlebenden Vorarlberger Luftfahrtangehörigen des Militärs endete damit auch das Kapitel Luftfahrt für immer. 
Militärische Luftfahrt bis zum Ersten Weltkrieg

Ballone zur Aufklärung und für Bombenabwürfe
Der Krieg in der Luft begann mit dem Einsatz von Ballonen zu Aufklärungszwecken schon während der französischen Revolution 1793, durch die französisch-kaiserliche Armee in der Schlacht um Würzburg um das Artilleriefeuer gezielter lenken zu können. Mehr als fünfzig Jahre später, 1848, setzte Österreich bei der Belagerung von Venedig zum ersten Mal Ballonbomben ein und der vermutlich erste Angriff aus der Luft geschah am 6. August 1914 auf Lüttich durch einen Bombenabwurf des deutschen Zeppelin LZ 21.

Die ersten Flugzeuge
Im italienisch-türkischen Krieg wurden am 23. Oktober 1911 zum ersten Mal Flugzeuge in einem Krieg durch Italien eingesetzt, erst zur Aufklärung und ab November auch zur Bombardierung feindlicher Ziele. Im Februar 1909 startete in Innsbruck mit einem von Franz Schlechtleitner selbst gebauten Flugzeug das Tiroler und Vorarlberger Flugzeugwesen und genau ein Jahr später landete in Innsbruck ein gewisser Lanci sein Blériot-Flugzeug, mit dem er in Paris abflog. Der „Apparat“ sei ungemein zierlich gewesen, bloß 315 kg gewogen, mit einem 24-PS-Motor, der eine Geschwindigkeit bis 60 Kilometer pro Stunde erlaubte. Schon im August 1911 waren dann Schauflüge auch in Bregenz geplant, wie die Zeitung „s’Ländle“ damals berichtete und fanden auch statt. Durch den beginnenden Ersten Weltkrieg kam die private Motorfliegerei zum Stillstand und wurde durch die Militärluftfahrt ersetzt, wie der Historiker Thomas Albrich schreibt. 

Buchtipp

„Feldpiloten, Beobachteroffiziere und Ballonfahrer“, von Thomas Albrich, Nikolaus Hagen und Stefan Stachniss, vier Bände, Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2024.

 

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