Sabine Barbisch

Stephanie Bischofs Vision für eine bessere Welt

Februar 2023

Nach elf Jahren in Finanzabteilungen globaler Unternehmen hat Stephanie Bischof nicht zuletzt durch einen Film das Klima-Thema für sich entdeckt. Seit Mai 2022 leitet sie mit Airfix ein Start-up in der Schweiz, das mit sogenannten Negativemissionen tonnenweise CO2 verschwinden lassen könnte. 

In einem kleinen Aufsatz aus ihrer Zeit als Schülerin im Bregenzerwald beschrieb Stephanie Bischof sehr detailliert, wie sie sich ihre berufliche Laufbahn vorstellt: In der ersten Hälfte wollte sie wie ihr Vater ein Lehramt ausüben, um dann in der zweiten Hälfte Bäuerin zu werden wie ihre damalige Nachbarin. „Bisher ist es nicht dazu gekommen“, lacht die Mellauerin, „aber natürlich bringen meine beruflichen Aktivitäten immer eine ‚Lehraktivität‘ mit sich.“
Denn bereits während sie in Innsbruck Wirtschaftspädagogik und Betriebswirtschaft studierte, führten sie Auslandsaufenthalte nach Deutschland, aber auch nach Australien und nach China: „Während der Studienzeit in Australien habe ich gelernt, dass man auch viel entspannter leben kann als in Europa. Bei Praktika in Köln und in Peking – bei Bayer/Siemens – habe ich vor allem China als große kulturelle Schule erlebt.“ Mit diesen Erfahrungen im Gepäck hatte Bischof nach dem Studium mehrere Optionen für ihren beruflichen Einstieg; gelandet ist sie in Genf – „das war großartig mit den französischen Alpen in der Nähe.“ Nach zwei Jahren wurde sie nach Zürich versetzt: „Ich habe die kulturelle und räumliche Nähe zu Vorarlberg sofort sehr geschätzt und ich bin bis heute dortgeblieben. Die Schweizer sind den Vorarlbergern auch nicht unähnlich und es ist weltweit wohl die einzige Stadt, in der man den Bregenzerwälder Dialekt sprechen kann und verstanden wird.“ Die Finanzexpertin hat ihr Wissen in den ersten elf Jahren ihrer Karriere bei nahmhaften (inter)nationalen Unternehmen wie Procter & Gamble, Swarovski, Coca Cola Helenic und bei den SBB eingebracht und ausgebaut. 

CO2-Entfernung als Baustein
Seit ihrer Kindheit beschäftigt sie ein weiteres großes Thema: Der Klimawandel. Im Outdoorkino in Zürich sah Stephanie Bischof den Film „Kiss the Ground“. Darin werden aktuelle Methoden in der Landwirtschaft thematisiert: „An einer Stelle im Film sagten sie, dass wir – würden wir das nicht ändern – in 60 Jahren aufgrund des Klimawandels und der aktuellen Praktiken wie etwa Monokulturen keinen brauchbaren Boden für die Lebensmittelproduktion mehr haben. Da ist mir plötzlich klar geworden, dass ich mich beruflich verändern muss! Mir wurde bewusst, dass wir innerhalb von zehn bis zwanzig Jahren möglicherweise katastrophalen Auswirkungen unseres heutigen Lebensstils begegnen werden.“
In den folgenden Monaten widmete sich die Mellauerin der Recherche nach einer neuen Tätigkeit und bekam einen ersten Einblick in die vitale Climate-Tech-Szene, die sich in Zürich entwickelt hat.

Die Idee der Negativemissionen
Seit knapp einem Jahr leitet Stephanie Bischof nun Airfix. Das Start-up ist eine Tochtergesellschaft von South Pole, das zu den größten privaten Klimaschutzunternehmungen der Welt zählt. Das Unternehmensziel von Airfix ist die Unterstützung biogener Emittenten bei der Finanzierung und der Durchführung von Negativemissionsprojekten. Das bedarf einer Erklärung. Bischof sagt: „Negativemissionen sind das, wonach es klingt – die Entfernung der Emission aus der Atmosphäre, sprich ‚Carbon Removals‘. Der UN-Klimareport sagt, dass wir schwer vermeidbare Emissionen bei ‚Punktquellen‘ abschneiden und permanent speichern sollen.“ Sogenannte Punktquellen können Müllverbrennungsanlagen, Zement- oder Stahlwerke sein. Die permanente Speicherung kann im Boden erfolgen, etwa in leeren Öl- oder Gasfeldern, aber auch in Produkten – zum Beispiel in Beton ist das möglich. 
„Heute sind solche Projekte allerdings kompliziert und teuer, aber das wird sich in den kommenden Jahren ändern.“ Das Verfahren stelle eine riesige Chance dar, denn das Potenzial, die Emissionen bei Punktquellen abzuschneiden, liege weltweit in der Dimension von mehreren Milliarden Tonnen CO2, die damit nicht in die Atmosphäre gelangen. Die Emissionen dieses Prozesses selbst seien gering, weiß Bischof, „die Effizienz ist hoch“. Um die Reduktion von CO2-Emissionen kommen wir aber trotzdem nicht herum, wie Stephanie Bischof klarstellt: „Reduzieren müssen wir alles, was wir können – und zwar so schnell wie möglich! Die CO2-Entfernung ist nur einer von vielen Bausteinen bei der Bekämpfung des Klimawandels.“ 
Dafür arbeiten sie bei Airfix sehr intensiv, in diesem Jahr ist Wachstum geplant. „Insgesamt arbeiten wir viel mit den Kollegen von South Pole zusammen, aber auch mit der ETH Zürich, politischen Akteuren, den Emittenten und deren Dachverbänden. Gerade im Klimabereich läuft viel über Netzwerke und die Kooperationsbereitschaft ist hoch.“ Aufgrund der bereits heute sichtbaren, massiven Auswirkungen rechnet Bischof damit, dass der Stellenwert des Klima-Themas weiter zunimmt. „Bei uns sind diese mit Gletscherschmelze und heißen Sommertemperaturen vergleichsweise moderat, aber in Ländern wie etwa Somalia haben die Menschen schon heute zu wenig zu essen, weil Trockenperioden den Nahrungsmittelanbau erschweren oder unmöglich machen.“ Sie selbst will das Thema deshalb weiter forcieren, die Vision ist es, europaweit einen Markt für „Carbon Removals“ aus biogenen Punktquellen zu schaffen. „Das Potenzial, einen Beitrag für das Klima zu leisten ist riesig, die Technologie ist bereit. Wir arbeiten an mehreren Projekten und hoffen, dass wir 2025 mit der Erzeugung von Negativemissionen starten können.“

Lebenslauf
Die Mellauerin Stephanie Bischof, * 9.10.1986, absolvierte Diplomstudien in Wirtschaftspäda­gogik und Betriebswirtschaft an der Uni Innsbruck mit Auslandsaufenthalten in Australien, China und Deutschland. 2011 bis 2015 war Bischof Finanzanalystin bei Procter & Gamble in Genf und Zürich, die folgenden drei Jahre arbeitete sie im Performance Management bei Swarovski, Zürich/Männedorf. Ab 2018 war sie Finanzteamleiterin bei Coca Cola Helenic in Zürich und anschließend Finanzteamleiterin bei SBB in Zürich/Bern. Seit Mai 2022 ist Stephanie Bischof Managing Director beim Start-up Airfix in Zürich. Dort lebt sie auch mit ihrem Partner. 

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