Simon Groß

Vorarlberger Gemeindeverband

Wie die Habsburger das Ländle entwarfen

März 2019

Die Habsburger, die aus dem heutigen Schweizer Kanton Aargau entstammen, hatten mit ihrer opportunistischen und ausgedehnten Territorialpolitik vor allem ab dem 14. Jahrhundert wesentlich zur Entstehung des heutigen Landes Vorarlberg beigetragen. Ihr erfolgreicher Aufstieg über die Jahrhunderte kam jedenfalls nicht von ungefähr: „Es war vor allem ihr Geschick im Umgang mit den regionalen Adelsgeschlechtern, den Montfortern und den Werdenbergern, das ihnen bei der Erwerbung und Sicherung der Territorien zwischen Arlberg und Bodensee half. Wiederholt intervenierten sie geschickt in deren Familienfehden, banden Mitglieder dieser Familien an sich, indem sie sie mit lukrativen Dienstverträgen ausstatteten, oder nutzten genealogische Zufälle wie die Kinder- oder Söhnelosigkeit der Regierenden für ihre eigenen Interessen aus. Zu einer Festigung der Bindung an Österreich trug überdies bei, dass die Eidgenossen, damals die großen Rivalen der Habsburger in dieser Region, in Vorarlberg als jene wahrgenommen wurden, die Krieg und Verderben ins Land trugen“, sagt der Vorarlberger Historiker Wolfgang Scheffknecht. Erfahrungen beim Erwerb von Besitztümern bewiesen die Habsburger gerade bei finanziell schwachen sowie kinder- und erbenlosen Adelsgeschlechtern. Viele zogen es vor, ihren Lebensabend gut versorgt – und bis dahin mit Mitspracherecht – unter starker und sicherer Habsburgischer Hand zu verbringen. Das war etwa bei Graf Rudolf V. von Montfort-Feldkirch und Albrecht III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz der Fall. Die „guten Habsburger“ hatten vor allem deren Untertanen umfangreiche Privilegien und Rechte eingeräumt, war der Übergang in die Habsburgische Herrschaft doch an ihre Zustimmung geknüpft.

Strategische Bedeutung

Die gesamten sogenannten Vorlande – und damit auch das Gebiet des heutigen Vorarlbergs – waren für die Habsburger deshalb so interessant, da sie vor allem die Schaffung einer Landbrücke zu den österreichischen Herzogtümern im Osten anstrebten. Auch kontrollierten sie somit mehrere Verkehrsknotenpunkte: „Wichtig war nicht zuletzt die Kontrolle der Arlberg-Route, da der Warenverkehr auf der West-Ost-Achse infolge des Aufstiegs von Venedig seit dem 13. Jahrhundert stark an Bedeutung gewonnen hatte“, führt Scheffknecht aus. Das trug insgesamt zu einer ungemeinen Stärkung der „Hausmacht“ im Rennen um die Krone des Heiligen Römischen Reichs bei: Das kleine Vorarlberg war von großer strategischer Bedeutung. 

Gestalt angenommen

Ab dem 14. Jahrhundert erstreckte sich der habsburgische Herrschaftsbereich von den Erblanden im Osten über Tirol – das „erbenlos“ 1363 an die Habsburger überging – und den Arlberg durch das Rheintal weiter entlang des Bodensees bis in den Schwarzwald, das Elsass, den Sund- und Breisgau, entlang des Oberrheins bis an die Grenzen des Reichs. „Die entscheidenden Voraussetzungen für die Bildung eines Landes Vorarlberg schuf Österreich: Im Zuge der Reformen Maria Theresias und Josephs II. wurde zum ersten Mal eine zentrale Behörde mit Sitz in Bregenz für die Herrschaften vor dem Arlberg geschaffen, und mit der Erwerbung von Hohenems, Lustenau und Blumenegg im 18. beziehungsweise zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Österreich kamen erstmals alle Teile des heutigen Bundeslandes unter eine Herrschaft“, sagt Scheffknecht. Dabei wurde Vorarlberg erst 1861 eigenständiges Land der Habsburgermonarchie: Durch das sogenannte „Februarpatent“ Kaiser Franz Josephs I., praktisch eine Verfassung für die gesamte Monarchie, erhielt Vorarlberg einen eigenen Landtag, eine Landesregierung sowie eigene Landesgesetze. Vorarlberg nahm Gestalt als Land an, wurde aber noch von Innsbruck aus durch die k. u. k-Statthalterei verwaltet. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie wurde Vorarlberg schließlich zum Bundesland der – vorerst – Ersten Republik. Im März 1919 gab sich eine provisorische Landesversammlung eine eigene Landesverfassung, die mit der Fassung vom 17. September 1923 und nach einer „Modernisierung“ im Jahr 1984 gültig ist, und zwar mit einem ungewöhnlichen Merkmal: Ja, wir sind ein selbstständiger Staat – als österreichisches Bundesland.

Expansion der Habsburger

1375    Grafschaft Feldkirch
1394    Bludenz und das Montafon
1397    Jagdberg
1451    Südhälfte Grafschaft Bregenz
1474    Sonnenberg
1523    Nordhälfte Bregenz
1765    Hohenems-Ebnit
1804    Blumenegg und St. Gerold
1814    Lustenau

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