
Aus dem Wiener Sommerloch
Von Hin-und-Her-Gejammer übers Wetter, Aktivismus und oberlehrer-hafter Kritik an Vorarlberger Unternehmen.
Wie war Ihr Sommer? Einmal heiß, einmal kühl, einmal trocken, dann verregnet, manchmal grillen, manchmal Stubahock, mengmôl am Baggerloch, mengmôl im Kino, oamôl da Rasa maia, oamôl d‘r Kear fürba, hüt am Pfänder, morga i da Inatura z‘ Doarobioro, oamôl lacha, oamôl jömmara, teils rüoba, teils schaffa. Halt so wie immer, vermutlich.
So wie immer tönte es auch aus dem medialen Sommerloch. Speziell aus dem Wiener Raum. Dort hat’s die bundesweit höchste Dichte an Medien, NGOs und anderen Lautsprechern. Und es wirkt stets aufgeregter, aktivistischer, belehrender und rechthaberischer als anderswo.
Und unfreiwillig komisch. Man sah das an der Wetterberichterstattung. Erst machte den Schreibern der Juni zu schaffen, der auch wegen einer Hitzewelle zum drittwärmsten der fast 260-jährigen Messgeschichte wurde. Die Medien kochten über vor Hitzestorys, teils war die Rede von „brüllender Hitze“, dem Plattitüden-Pendant zur klirrenden Kälte.
Ende Juni stellte eine Journalistin in Wien Orte vor, wo man Kühle finden könne. Darunter Bäder, Amtshäuser, Einkaufszentren, Pensionistenclubs, Kirchen. Das war dankenswert, aber teils etwas schräg.
Zehn Tage später titelte sie: „Es ist Sommer, warum ist es so kühl?“
Jessas! Denn da hatte es 18 Grad und regnete. „Richtiges Herbstwetter“, hieß es nun, „dabei haben wir Sommer.“ Dass er auch milder sein kann, schien unbekannt. Der Juli blieb feucht, es regnete um die Hälfte mehr als im langjährigen Mittel, es war der nasseste Juli seit 2012. In Vorarlberg hat’s an 25 Tagen geregnet (normal: 18) und es war etwas frischer als im Vierteljahrhundertschnitt.
Und so kam Ende Juli das Gejammer: „Wann wird es endlich wieder Sommer?“
Immerhin wurde August ein klassischer Sommermonat mit etwas von allem, mit a bitzle Hitze und einem Hauch Frühherbst. Immerhin wurden in besagtem Medium auch Meteorologen zitiert, die den Juli als von der Temperatur her doch durchschnittlich nannten. Er habe nur im Vergleich zum Juni so kühl gewirkt. Auch Schnee im Gebirge war nicht ungewöhnlich (ich erinner mich an Juli 2011, als es im Wiener Becken schneite; damals mussten wir dort heizen).
Vom Hitze-Alarmismus bis zum Jömmara, dass es zu kühl sei, war’s also nicht weit. Das Wetter kann’s einem nicht recht machen, denn sonst könnte man nicht recht schreiben darüber. Und natürlich fehlte auch nicht die Ermahnung, dass dieser Juli kein Grund sei, an der Erderwärmung zu zweifeln.
Ja: Es finden klimatische Veränderungen statt, an denen diesmal der Mensch mitursächlich ist. Allerdings nervt die Mode des Wetterjournalismus, jede Wetterlage fast manisch und mit erhobenem Zeigefinger mit der Erderwärmung zu verknüpfen. Da scheint eine aktivistische Motivation durch, die gut gemeint sein mag, den Medien beziehungsweise deren Ruf im breiten Publikum aber auf Dauer schadet.
Dann war da die Sache mit dem Eistee. Der Rankler Getränkehersteller Rauch gab bekannt, den nun auch im 0,5-Liter-Kartonpäckle abzufüllen – mit dem Aufdruck „Ohne Pfand“. Seit Jänner gilt in Österreich so wie in vielen anderen Ländern Europas Pfandpflicht für Einweg-Getränkeverpackungen aus Plastik und Metall. Mit dem Pfand (25 Cent) will man die Sammelquote steigern, schon heuer auf 80 Prozent, und so die Recycling-Quote. Man folgt hier EU-Vorgaben. Ausgenommen sind Verbundkartons, vulgo „Tetrapak“.
Bei Rauch hieß es, die Packerl-Tees könnten für Leute eine Alternative sein, die sich nicht mit Pfandflaschen herumschlagen wollten. Man teste die Nachfrage, und wie sie sich auf Eistee in PET-Flaschen auswirke.
Prompt kam Kritik: Rauch rufe mit der Pfandfreiheit für die „neue Getränkeverpackung“ zu Bequemlichkeit auf, hieß es in einer Wiener Zeitung. Pfand sei sinnvoll, es gehöre „zu einem modernen Land“, den Leuten sei das Zurückbringen zum Pfandautomaten zuzumuten: Sie müssten „raus aus der Komfortzone“. Im Übrigen: „Man muss sich nur daran gewöhnen.“
Ja: Pfand hat Sinn, weil Müll einen für Konsumenten nutzbaren Wert bekommt. Damit kriegst du Bierdosen und Plastikflaschen von den Straßenrändern, Feldern und Seeufern eher weg, weil die Leute sie nicht wegwerfen oder andere sie aufklauben. Und ja: Die Recyclingquote bei Tetrapaks, die man im Gelben Sack/der Gelben Tonne sammelt, ist niedriger, als Hersteller oft behaupten, etwa 30 bis 45 Prozent statt über 70. Das Gros landet im Restmüll, in der Müllverbrennung oder sonst wo.
Kritiken wie die erwähnte übersehen freilich schon Grundsätzliches: Eistee im Tetrapak ist nicht neu, den gibt’s seit den 90ern. Neu ist das Halbliterpackerl dafür (diesfalls kein Tetra-, sondern Elopak), aber darin wurden und werden schon andere Säfte abgefüllt. Zudem geht’s bloß um Eistee, eines von sehr vielen Produkten. Beeinflusst das echt die Abfallmenge? Hier wird eine Mücke zum Elefanten gemacht.
Vor allem kommt die Kritik auf ungute Art daher: Auf ein „neues“ Produkt und eine unternehmerische Entscheidung wird hingehauen, statt die offenbar erziehungsbedürftigen Konsumenten entscheiden zu lassen – und das in einem großspurigen, bevormundenden, oberlehrer(Innen)haften Ton, der im Satz „Man muss sich nur daran gewöhnen“ (ans Pfandsystem) gipfelt. Man kennt ähnliches von Themen wie Gendern.
Apropos Mülltrennung und Recycling: In Wien läuft das offenbar besonders schlecht, Österreich könnte daher EU-Vorgaben verfehlen. Laut „Kurier“ und anderen Quellen produzierten die Wiener pro Kopf zuletzt gut 260 Kilogramm Restmüll pro Jahr, etwa 100 mehr als im Bundesschnitt. In V sind es nur rund 70 Kilogramm. Bei Leichtverpackungen sammle jeder Hauptstädter etwa acht Kilogramm pro Jahr, im Ländle sind’s 32. Das bundesweite Pfandsystem sei also primär wegen des Wiener Müllproblems oktroyiert worden, heißt es.
Andere wiederkehrende Sommerlochthemen mit V-Bezug fielen heuer aus. Etwa jene Umfragen in schweiznahen Regionen Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Österreichs, wonach die Schweiz mehrheitlich attraktiver wirke und man sich sogar einen Beitritt vorstellen könne. Hui, das hat manch kluge Wiener zu dümmlichem Spott über Gsiberger und die Schweiz aufgehusst. Oder die Sache mit dem „Mohren“-Logo, die von gewissen Wiener Zirkeln immer wieder (recht erfolglos) aufgewärmt wird.
Hoffentlich machen die daraus jetzt nicht Themen fürs Herbstloch. Aber das ist ohnehin stets mit Politik gestopft.
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